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Bor Kurzem ist der reichste Einwohner von Russisch - Lit- thaucn, Herr von Tiszkiewicz, auf seinem Gute Boloczyn ge storben. Er hinterläßt seinen drei Söhnen zwanzigtauscnd Bauerwirtschaften mit über sechzigtausend männlichen Seelen und außerdem noch an baarcm Gelde sechsunddreißig Millionen polnische Gulden (sechs Millionen Thlr.). Es ist dies der selbe Herr von Tiszkiewicz, von welchem die französischen Blätter meinten, der Herzog von Würtcmberg, der späterhin der Schwiegersohn des Königs von Frankreich geworden, habe um die Tochter desselben angehalten, aber eine abschlägliche Antwort bekommen. Diese Dame ist mit dem Fürsten Sa- pieha vermählt und hat, wie man sagt, zwei Millionen Thlr. zum Brautschatz erhalten. Theater. Bor ganz kurzer Zeit ward in Paris auf dem Renaissance- Theater der Proscribirte von Früdcric Souliü — von dem der ausgezeichnete, scharfsinnige und urtheilsreiche vr. Brink meier in Braunschweig „die zwei Leichen" übersetzt hat — aufgeführt. Wir mögen es bei dieser Gelegenheit nicht unter lassen, das Referat eines pariser Lheaterrccensenten zu über tragen. Er sagt: „Wir leben im Jahre 1816 in der Dau phine, woHe politischen Reaktionen so blutig und unversöhn lich waren. Louise gehörte einer der einflußreichsten und für das Königthum fanatischsten Adelsfamilien an, und war eben im Begriff einen gewissen Bicomte von Aravennc, Sohn des Präsidenten der Militärcommission von Grenoble, zu heirathen, als sich im Schlosse ein Mann cinsindet, und dieser Mann ist der Proscribirte, auf dessen Haupt ein Preis gesetzt worden. Derselbe zeigt sich Louisen in dem Augenblicke, als sie aus der Capelle tritt, sie stößt einen Schrei aus und hält sich für wahnsinnig Denn dieser Mann ist der Oberst Georges Bernard, ihr Gatte, den ma- vorigen Jahre als einen Selbstmörder, ausgeschr-« r endet der erste Act. Man begreift, w->'' , an ein Drama mit solcher Entfaltung durch den Lod Georges so un glückt- ,ucte so viel bittere Lhränen vergossen, .-cth, daß sie jetzt den neuen Gatten so zärtlich vAan urtheile was unter diesen Personen vorgehen ..u. Welche Leidenschaften, Schrecken, Pflichten und Ge wissensbisse!" — „Alle Charaktere sind meisterhaft gezeichnet. Die Ent wickelung dieser kläglichen Geschichte ist schrecklich. Louise, die den wiedcrgcfundenen Ehegcmahl nicht lieben kann und die sich nur dem Bicomte hineigt, der seine Liebe durchaus nicht beeinträchtigen lassen will, tritt grade zwischen eine, zwischen Bernard und dem Bicomte statthabende, schreckliche Scene. Beide wollen sich nämlich eben schlagen, Louise hemmt dies Beginnen, aber Louise ist fast schon Leiche, denn — sic hat sich vergiftet," . - „Dieses Drama, von dem eine nähere Analyse zu geben, wir durch den Raum verhindert werden, hatte einen sehr bei fallreichen Erfolg." Musik. Spohr componirt eine Symphonie für die philharmonische Gesellschaft zu London, welche Proben von dem Spiel der verschiedenen Componisten, von Sebastian Bach bis auf un sere Zeiten geben wird. Madame Pleyel in Dresden. Am 16. November gab die Madame Pleyel in Saale des Hötel de Pologne da hier ein so zahlreich besuchtes Concert, daß der Saal noch zweimal so groß hätte sein mögen, ohne doch die andrängcnden Zuhörer fassen zu können. Der lebhafteste Beifall empfing die Conccrtgcbcrin, steigerte sich und ergoß sich zuletzt in einer wahren Fluth von Blumenkränzen und Gedichten, wie wir cs hier bei solchen Gelegenheiten noch gar nicht erlebt haben. Heute fragt nun jeder, der nicht mit zugegen war, woher nur ein solcher Enthusiasmus? Besteht dies so bezaubernde, hin reißende Talent etwa in besonderer Schönheit der Person, oder in unnachahmlicher Grazie? Mindestens wohl nicht allein und hauptsächlich darin. Nach unserer Ansicht besteht das Haupt verdienst der Madame Pleyel darin, daß sie die vortreffliche Musik unserer klassischen Tonsetzcr vorträgt und es nicht macht, wie fast alle modernen Pianisten, welche in ihren Concerten nur musikalische Kleinigkeiten, Studien, Bariationen und Alles nur von ihrer eigenen Composition geben. Das Publicum hatte dadurch fast schon angesangen, die schönen Formen der Pianosortcnarbcitcn jener großen Meister zu vergessen, und als nun Madame Pleyel das herrliche Concert von Hummel in 6-moIl und das Concertino von Weber vortrug, erfreute sie alle Zuhörer, indcm sie ihnen o ausgezeichnete Compofi- tionen von wahren Genies und meisterlich instrumentirt zu hören gab. Freilich mußten aber auch um den Zauber zu vollenden, jenes ungemein seltene Gefühl leichte Eleganz und anspruchlose Nettigkeit, sowie jene wandhcit vorhanden sein, womit Mada- schmückte, was sie vortrug, und in diesen Eigenichu^r« trifft sie keiner ihrer Zeitgenossen. Außerdem hörten wir noch an demselben Abend eine neue Ouvertüre von Morlacchi, die er zu der italiänischen Oper schreibt, womit er sich jetzt sehr beschäftigt. Noch an demselben Abende brachte die Mi ¬ litärmusik der Conccrtgcbcrin eine Abendmusik unter ihren Fenstern und laute Bcifallsbezcugungen der versammelten Menge stimmten ein. — Wir hoffen, daß Madame Plcyel noch mehre- malc die Bewohner unserer Residenzstadt ergötzen wird. Gold« er Spiegel. Es ist ein sehr lobcnswerther Zug unserer Zeit, daß man den Luxus und die Modengewalt zu Gegenständen benutzt, das Elend der leidenden Nebenmenschen zu mildern und ihnen den Mangel und die drückende Lage in der Zeit des Winters min der fühlbar zu machen. In London wie Paris werden die herrlichsten Salons von ihren hochgestellten Eignern dazu her gegeben, die von den höchsten und feinsten Damenhänden ver fertigten Stickereien, Galanterien und Modeartikel zum Besten der Armen zu veräußern und die Erndte ist wahrlich sehr