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Der Salon. .tl? 12. t Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost.) B ( Druck von C. P. Melzer in Leipzig. j Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den 3. Octotcr ISNS. Niemals war die Mode unbeständiger, als in diesem ver gangenen September. Man sah in dieser Zeit so recht ein, welche Herrschaft die Launen der Witterung auf die Bcklei- dungskunde ausübt. Schaarenwcise kehren nun die vornehm sein wollenden Vornehmen unseres schönen und friedlich toben den Frankreichs nach dem Centralpunkte ihres stillen Glanzes zurück. Nur Italien, der schöne Modcnstiefel unserer reisenden Geographen und Romanproduccnten, behält noch Ausdauer und Werth. Dorthin oder nach dem Süden des Vaterlandes reiset man, und wie sehr jene Wanderungstendenz an der Ta gesordnung ist, ersieht man aus den vielen, die launischen Wit terungsphänomene deprimirendcn Rcisetoiletten, die jetzt en vogus sind. Wie himmelweit sind diese von denen der alten Zeit unterschieden! Kein Wunder, denn längst ist alles Schwer fällige, wenn auch Gediegene, verschwunden, und die leichte Eleganz und die zierlichste Praxis an ihre Stelle getreten. Damen tragen zu diesem Behufs Eavotcn von mit Blu men durchwirkten Stoffen. Dunkle Farben sind in dieser Hin sicht am beliebtesten, weil sie bei vorkommcndcn Bestäubungen mit minderem Schaden abkommcn. Dazu werden Roben mit Krcuzfältchen im Leibchen von Moufscline äs Iains in grüner, natur- oder waffcrgrün-farbcncr Changirung getragen und mit einfachen Volans, die harmonisch mit Schnuren besetzt sind, versehen. Dieselbe wird von einem Halstuche rr clrüls bedeckt aus Batiste äs til, welche mit sehr kleinen Falten bc- rändert ist. Dasselbe Tuch wird vorn auf der Brust von einer höchst einfachen Goldbroche fcstgehalten und ist vorzüglich des Nachts im Wagen sehr bequem und den Fichüs bei Weitem vorzuziehen. Letzteren Zweck hat man, besonders noch in Bezug auf die häufig stattsindendcn Nachtfröste, dadurch, und ich glaube viel besser, zu erreichen gesucht, daß man Corsets zu ronstruircn suchte, welche aus wärmenden Zeugen bestehn, sehr leicht anschließen und die Taille dennoch sorgsamlichst berücksich tigen. Madame Clemencon war wohl die Erfinderin der selben. Ihre Corsets sind ohne Schultcrbändcr, und man kann sie vermittelst einer einzigen Agrafe nach Belieben anzichn. Die Coiffure besteht meist aus kleinen Mützen aus indischem Mouffcline, sauber brodirt und mit einem einfachen Spitzen rande, der an der Stirn vorn erhoben ist, besetzt. Bei der Fußbekleidung hat man, wie billig, auf das Wesentlichste, auf die Bequemlichkeit gesehen und damit Eleganz verbunden. Man verfertigt Bottincn aus dichtem, starkem Satin äs ül oder coutil, in grauer oder Naturfarbe, oder auch in Iains tricotss, welche Mode man namentlich Bagneres verdankt, dem rei zenden Badeorte. Diese Bottinen gehen bis an das Knie und sind bei dem Olraussier äs Paris in der Richelieustraß. k<o. 92. zu haben. Diese ganze, eben erwähnte Reisetoilette ist für uns Damen besonders auch zu ausgedehnter«! Ei senbahnfähren mit großem Nutzen in Bezug aufGesund- heitsscrhältniß und guten Ton sehr praktisch, und wird daher von mir meinen deutschen reizenden Landsmänninnen dringend empfohlen. Sonst florirt für Herren noch immer die Redingote. Liegt sie doch eng an und begünstigt die schönen Körxerfor- men oder ihre Erkünstelniffe. Dunkelblau oder Goldbronce ist am beliebtesten. Sie sind bis oben beknöpft und mit einem schmalen Sammetkragen versehen. Die Pantalons werden un ten rund ausgeschnitten getragen, doch bedecken sie dabei ein klein wenig den Stiefel. Grau melirt und die hieraus ent springenden Nüancirungcn, chocolatcnfarbene auch dintenfarbcne sind besonders in der Mode. Westen werden mit hohem Kragen und einer Reihe Knöpfen getragen. Zuweilen stößt man auch wohl auf welche mit kleinen Umschlägen und sehr hoch herauf beknöpft. Die schottischen Gilees und englischen Piquswesten weichen jetzt denen von dunkelgrünem Sammele. Auch palmgrüner Cachemir ist sehr beliebt. Das Haus Thi- rier, in der Rue St. Honors 121., liefert solche Stoffe besonders fein und wird deshalb stark frequentier. Es zeichnet sich re. Ihre Melanie. Kleine Weltscha«. Schneller als die Cholera greift die Wassercur um sich, und es ist kein Aushalten mehr; gehts so fort, so stirbt Niemand mehr, als an Altersschwäche. In Gräfenberg sind noch über hundert Badegäste, und eine Menge, bei denen nichts mehr anschlagcn will und die doch ihre verbrauchten Lebenskräfte Her stellen möchten, schicken sich zur Reise an. Am meisten sicht man junge, vornehme, liederliche Herren, die dem Mercurius entgehen wollen. Der kluge Bauer Prießnitz wird ein Millro- nair dabei. Dabei wird wenig und einfach gegessen, viel ge trunken, aber nur Wasser und Milch, und noch mehr bezahlt. In Cassel ist ein gutes, statistisches Buch über die Gym nasien (von Theobald) erschienen. Daraus ersieht man, daß es zweihundertundsünfundncunzig Gymnasien in Deutschland gibt, in denen etwa dreitausend dreihundert Lehrer lehren und etwa fünfundfunfzigtausend Schüler lernen, und daß diese ge lehrten Schulen jährlich gegen zwei Millionen Lhalcr kosten,