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sich überzeugen, ob auch keine Erscheinung sie täusche, und sprach dann mit einer Stimme, welche aus der tiefsten Seele zu kommen schien, das Wort „Juilctta" aus. Dieser Ausruf machte eine zauberähnliche Wirkung auf die Zuschauer. Ein eisiger Schauder bemächtigte sich derselben und oft gab es Bei spiele, daß bei dieser Scene Frauen in Ohnmacht sielen. Bildende Kunst. Walhalla. An dem Baue derselben wird seit Beginn der schönen Jahreszeit wieder lebhaft gearbeitet. Schon steigen die cyclopischen Mauern der Terrassen mächtig aus dem Boden empor und im Innern schreitet die Marmorverkleidung der Saalwände und Pfeiler rasch vorwärts. Auch die Karyatiden, welche die Decke des Saals tragen werden, sind größtenthcils vollendet. Sie sind aus feinem/ sehr weißem Kalkstein gemei ßelt und stellen altgermanische Frauen dar. Das Tnmponon der Schaufelte zieren Schwanthalers herrliche Rundbilder, die symbolisch an den letzten deutschen Unabhängigkeitskrieg erin nern. Die hohe Meisterschaft der Sculptur in diesen Figuren erregt die Bewunderung des Kenners wie des Laien. Man hofft Heuer noch einen Theil des Dachstuhls, der bekanntlich aus Eisen construirt wird, aufsetzcn zu können. . e Pariser Gemälde-Ausstellung enthält dics- tßcrst werthvolle Arbeiten. Ucbrigcns hat man bcrech- - ß wenn man die Leinwand aller Gemälde der diesjäh- llusstcllung ohne Rahmen an einander nähen ließ, man >. ) albe Stunde Oelmalerei haben würde. Paris. Eine interessante Erscheinung ist die in Paris erscheinende Galerie Aguado. Wissenschaft. Z-ii« astronomischen Entdeckungen. n kurzer Zeit gleich drei hinter einander gc- d zwar äußerst wichtige. Erstens, hat der m Beßel in Königsberg die große Frage sich die Mathematiker aller Jahrhunderte >ie Köpfe zerbrochen haben, nämlich, die Be- tfernung der Fixsterne von unserer eso yat er mit ziemlicher Gewißheit hcrausgebracht, daß der Fixstern 6l im Sternbildc der Schwan eine Mil lion dreihundertundvierzehn Tausendmal so weit entfernt ist, als die Entfernung der Erde von der Sonne be trägt. — Die zweite wichtige Entdeckung besteht im Auffin den von noch mehrer» Sa turn reiz en. Bisher kannte die Wissenschaft nur einen einzigen. Die dritte Entdeckung be trifft die S o n n e n fl eck e n. Hier hat sich ergeben, daß die Sonne aus einem unsrer Erde ähnlichen Kern besteht, dem zunächst ein Luft- und Dunstkreis einhüllt, um welchen letzte ren endlich sich die Lichtsphäre zieht, welche der Sonne ihr glänzendes Ansehen gibt. Reißt diese Lichthülle durch irgend einen Vorgang, so sieht man natürlich durch den Riß hindurch bis auf den Grund des entstehenden Schlundes in den Luft kreis der Sonne und bis auf ihre Oberfläche hinab, die also dann das Schwarze ist, was wir die Sonnenflecke nennen. Literarische Notizen. Die Theeblätter, welche in München herauskamcn, ha ben nicht gezogen und sind nach dem ersten Aufgüsse sanft verschieden. Alexander Puschkin. Die Werke dieses russischen Na tionaldichters sind zum Besten der Kinder des Verstorbenen in acht Bänden zu zehntausend Exemplaren ausgcgeben und bin nen sechs Wochen vergriffen worden, so daß jetzt eine zweite Auslage veranstaltet wird, welche für die Erben abermalige sechshunderttausend Gulden abwirft. Heitere Journalschau. Der Rath zu Gens. Der Gesellschafter erzählt folgen des Anecdötchen von dem Rathe zu Genf, und zwar in Prosa gedruckten Versen wie folgt: „Einst ließ der Rath das Dichter volk bestellen, und als die ganze Zunft, bcfohlner Maßen kam, und der Regierende den Antrag vor sich nahm, so sing er also an: Man hat bei uns gcklagct, daß ihr die ganze Stadt mit Stachelrcden plaget. Weil nun durch solches Werk Verbitte rung entspringt, und Manchen in der Stadt in fübeln. Argwohn bringt, so wollen wir hiermit den Schluß und Meinung fassen, ihr sollt Satyren ganz hinfüro bleiben lassen. Allein ein alter Greis war ebenfalls mit da, der wie der Socrates so ernst und sauer sah. Der widersetzte sich und sprach: Hochwcisc Herren, verzeiht, wir müssen uns in dieser Sache sperren; wer Pasqui- nadcn schreibt und die Personen schänd't, wird von der Dicht kunst selbst ein Tcuselskind genennt; doch wer die Laster sucht recht beißend rum zu nehmen, daß sich ein ganzes Volk darüber müsse schämen, der pflanzt die Tugend ein und handelt nach der Pflicht, die selbst Natur und Recht im Herzen ausgcricht. Die Sitten bessern wir in angeführten Schriften, wer kann ein beffres Heil in einem Lande stiften! Hat Aristophanes nicht weiland mehr gefrucht, als was der Solon selbst durch sein Gesetz gesucht. Zwar ein gemeiner Haß, Verfolgung, Neid und Dräuen kann jeder, wer so schreibt, voraus sich prophczeihen; jedoch die Tugend lehrt, und also siehet man, daß uns die Poesie zu Märtyr'n machen kann. Die Antwort ließe sich der ganze Rath gefallen, drum sprach der vorige: Wir hören nun aus allem, daß ihr der Republik zum größten Nutzen schreibt, und ein verzognes Land zu bessern Sitten treibt. Deswegen wollen wir euch fernerhin erlauben, die Thorheit wo sie herrscht zu tadeln und zu schrauben, und wenn sich jemand mcldt, der sich getroffen meint und dieserhalbcn auch vor diesem Stuhl erscheint, demselben wollen wir das Laster selbst verweisen, und daß ihr