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veranlaßt, die Versammlung aufzuhebcn. Mein Bruder ist an gekommen." Sogleich setzte sich alles nach dem Hafen in Be wegung, das Volk strömte herbei, die Damen eilten auf den Balkon, aber der Herr Telegraphier hatte doch nicht richtig ge sehen. Es ging allerdings das Dampfboot Otto vor Anker, aber Seine Hoheit befand sich nicht darauf. Paris. Die ausgebrochene Emeute ist durch Waffengewalt wieder unterdrückt worden; alle Gefängnisse sind mit Verhaf teten angefüllt. Die Pariser Journale behaupten aber, das Feuer glimme noch unter der Asche fort. Die Anzahl der In surgenten soll sich auf fünf- bis sechstausend belaufen. Der Pairshof soll in Betreff des jüngsten Ausstandes die Absicht haben, nur die eigentlichen Verschwörer und Ausführer der Verschwörung vor sein Forum zu ziehen, alle übrige Verhaftete aber, deren Vergehen nicht in wesentli cher Verbindung mit dem Attentate steht, vor die gewöhnlichen Gerichte zu verweisen. Viele der Verhafteten sind schon wieder srcigcgeben, da die Pariser Polizei in der Regel Alles verhaf tet, was ihr unter die Hände kommt. Besondere Jagd machte sie auf die modernen Bart- und Haartokletten. Wer einen Bart ü la jeune b'rance, L Ir 6aIiI6e, oder ä la Konstan tin, oder die Haare ä la lllrlcontent trug, war sicher, arretirt zu werden, denn diese Haardressuren gelten für das sicherste Zeichen rcvolutionairer Gesinnungen. Petersburg. Es geht das Gerücht, daß die Wahl der Gemahlin für den russischen Thronfolger getroffen und auf eine deutsche Prinzessin gefallen sei. Unsre Kaiserin wird nächstens wieder nach Deutschland abreiscn und die Bäder von Ems ge brauchen. Leipzig. Das Rcformationsfcst ist, trotz der nicht ganz günstigen Witterung, von vielen Tausenden gefeiert worden. Ausführliche Berichte über die Feier geben die hiesigen Zeit schriften in Menge. Petersburg. Vor Kurzem ging der Kaiser mit seinem kleinen Sohne Michael spazieren und ließ ihn den Wald von Masten bewundern, die sich majestätisch im Busen der zwei Docks von St. Petersburg erhoben. „Du bist Oberadmiral, mein Sohn," sprach der Kaiser, „und iä) bin überzeugt, daß Du nicht an der Leiter eines dieser Masten emporzuklettcrn wagen würdest." Statt aller Antwort umfaßte der Kleine seinen Vater an Beinen und Leib und kletterte mit Hülfe von Hän den und Füßen so gut, daß er den Hals- des Kaisers erreichte, wo er triumphirend ausrief: „Du sichst nun, daß ich klettern kann." Auswanderungen. Die Times geben eine Uebersicht über die Auswanderungen, welche vom 7. Mai 1833 bis 31. Decembcr 1838 von Liverpool aus stattgesundcn haben, unter Leitung des für die Auswanderungen bestimmten Agenten der Regierung. Die Zahl der Ausgewanderten beträgt hundert siebenzwanzigtausend sechshundertvierzig, von denen hundertzehntausend nach den Vereinstaatcn, zehntausend nach den brittischen Colonien, zweihundert nach dem Cap der guten Hoffnung, viertausend nach Australien, zweitausend nach Westindicn, zweihundert nach Ostindien, fünfhundert nach Bra silien und sechshundert nach Gibraltar gegangen sind. Schon wieder ein Friedensschluß. Derselbe hat zwischen Frankreich und Mexico stattgefunden. Letzteres bezahlt drei Millionen Franken Entschädigung. Dafür gestalten sich aber die Dinge zwischen dem Sultan und dem Bicekönig von Egypten immer ernstlicher. Die europäischen Diplomaten ste hen aber stets mit Wassereimern bewaffnet, den beiden brum menden Türken zur Seite, um sogleich zu löschen, sobald sich irgendwo Feuer zeigt. Winterthur. Am fünften Mai des Morgens erblickten zwei Reisende aus der Straße nach Frauenfeld einen ziemlich starken Rauch neben einem seitwärts gelegenen Häuschen. Bald wurden sie durch gellendes Jammergeschrei einer Frau aufmerk sam gemacht und als sie nach dem verdächtigen Punkte hineil- tcn, bot sich ihnen eine schauderhafte Scene dar. An einen Pfahl angebunden saß ein Mann von ungefähr fünfzig Jah ren auf einem hellauflodcrndcn Haufen von Scheiten und Rei- figbündchcn. Das Feuer verzehrte eben den Strick, an welchem sich nach seinem eigenen Geständnisse der Unglückliche selbst be festigt hatte und befreite ihn von dem Scheiterhaufen, auf w- chcm er bereits seit einer Viertelstunde den Flammentod erli Bis über die Hälfte des Körpers hinaus verbrannt, war die, Opfer religiöser Schwärmerei trotz seiner Höllenmarter noc bei voller Besinnung und endete sein qualvolles Dasein untc dem Gebete seiner Frau erst gegen Abend. Der Unglücklich war Altgemeindammann, Steffen mit Namen, ein außerdem ehrlicher, unbcscholtner Mann. Wie so Mancher, dem das irdi sche Glück zu fliehen scheint, warf er sich vorzüglich auf den verderblichen Mysticismus und das Scctcnwesen. Er gestand, daß er ökonomisch zurückgekommen sei, und an seiner Seligkeit verzweifelnd den Entschluß gefaßt habe, sich zu tödten. Diesen Morgen habe er inbrünstig gebeten, sei aber nicht erhört wor den, da habe er sich selbst den Scheiterhai'k-" Theater. Marie Malibran, deren Geist stets unerschöpflich an neuen Ideen war, hatte aus der letzten Scene in Romeo und Julie etwas wahrhaft Erhabenes geschaffen. Wenn sie sich als Romeo dem Sarge Juiletta's näherte, wandte sie sich nach der entgegengesetzten Seite, damit die Letztere Zeit gewann, dem Sarge zu entsteigen. Und wenn sie sich alsdann auf die sen hinabbcugte, um sie zu suchen und sie nicht sand, dann erhob sic, nachdem sie die Arme immer weiter und weiter ausgestreckt hatte, um sic zu finden, das Auge und ge wahrte sie dicht vor sich. Statt aber mit dem Ausrufe „Jui- letta" auf sie zuzustürzcn, näherte sie sich langsam, betastete der Auferstandenen Haupt, Hände und Arme, so, als wolle sie