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264 ward geöffnet und zum Entsetzen Aller erblickte man Frau von Ambach in glänzender Toilette auf ihrem Sopha todt hingestrcckt. Ein Dolchstoß ging ihr durch's Herz. Die erbro chene Chatoulle und das daraus entwandte Gold und Ge schmeide zeigten deutlich, daß hier ein Raubmord begangen worden sei. Die Scction des Leichnams gab der schauervollcn Begebenheit einen etwas tragikomischen Anstrich. Es ergab sich nämlich, daß die Ermordete, ehe sie hingcschlachtet wurdc> ein gutes Souper und Champagner zu sich genommen hatte. Die Nachforschungen der Polizei gingen in's Unbeschreibliche, wurden aber dadurch sehr erschwert, daß die Kammerfrau über dreißig Personen namhaft machte, welche sich Alle der Gunst ihrer Gebieterin zu erfreuen gehabt hatten und worunter sich mehre vcrhcirathete Männer befanden. Auf alle diese machte die Polizei nun Jagd, mehre wurden verhaftet, aber der Mör der war nicht zu entdecken. Plötzlich aber electrisirt die Nach richt von seiner Gefangennahme ganz Wien. Wie man vor- auSgesehen, gehörte der Schändliche auch wirklich den bessern Ständen an. Er ist ungefähr dreißig'Jahre alt, von hohem, stattlichen Körperbau und feinem, einnehmendem Betragen. Derselbe hatte die Frechheit, seinen eignen Steckbrief auf öffent lichen Orten und in mehren Familien vorzulescn, dadurch ge lang es ihm auch,' die Aufmerksamkeit von sich abzulenkcn. Erst durch Verkauf von mehren der geraubten Goldarbeiten ward er der wachsamen Polizei verdächtig und verhaftet, wo rauf er auch alsbald die schauervolle That gestand. Theater. Theater Enthusiasmus. Der Redacteur des Dan ziger Dampf-Boots, erzählt der Komet, ist vor Seligkeit außer sich, über das dort gastircnde Fräulein von Hagn. Jede ihrer Rollen dichtet er aus sentimentale Weise an, so z. B. die Sabine in der Einfalt vom Lande: Weil in Sabinen List und Schlauheit walten. Glaubt man an ihre Einfalt nicht zu viel; Doch durch Charlotten's meisterhaftes Spiel Muß man die Einfalt für vollkommen halten. Die schönen Augen des Fräulein von Hagn haben dem Re dakteur zum Schwärmer gemacht; das will viel sagen in Dan zig bei acht Grad Kälte. Kunstrcgeln über Lanz und Ballet. Da das Tragen der Hände so vielfach sein muß, als cs vielfache Ge fühle gibt, die der Tanz auszudrücken vermag , so werden alle darüber auszutheilcndc Regeln beinahe unnütz. Die Lei denschaften wechseln und theilen sich in's Unendliche. Die Bewegungen der Seele lassen sich durch eine bestimmte Zahl Gebehrden nicht beschränken. Die Gebehrde entspringt aus der Seele; sie muß schnell wirken und ihr Ziel erreichen, wenn sie wahr ist. Unter Gebehrden versteht man die ausdrucksvolle Bewegung der Arme, unterstützt durch den wechselnden Charakter der Physiognomie. Die gehäuften Schwierigkeiten in der Musik und im Tanze sindröin-ihnen durchaus fremder Jarjon. Die ganze Welt weiß, daß es fünf oder sechs Positionen 's gibt, sonderbar genug in gute und schlechte, falsche und wahre getheilt. Es ist gut, sie zu wissen, besser, sie zu vergessen, und des großen Tänzers Kunst ist, sich gefällig von ihnen zu ent- ; fernen. Ucbrigens sind alle Positionen gut, in welchen der Körper fest ist und sich gut zeichnet. Schlecht sind sie, wenn der Körper schlecht gruppirt ist, schwankt und ihn die Beine nicht tragen. Wird sich der Zuscher in die Lage des Darstellers versetzen, -c wenn sich dieser nicht in die Lage des Helden versetzt, den er j darstcllt? Musik. Clara Wieck. Die Zeitung für die elegante Welt berich tet, daß Clara Wieck einen außerordentlichen Succeß gehabt hat. Ihr Concert ist das brillanteste des ganzen'Winters ge wesen, nicht nur, weil cs der höchste Adel besuchte, sondern weil auch die größten musikalischen Talente, die sonst nie Con- ccrte besuchen, zugegen waren. Es herrscht die allgemeine Stimme, daß man seit Lißt nichts Achnliches gehört habe. Das seltene Mädchen hat Alles entzückt, bezaubert, in Begei sterung dahin gerissen. Sie spielte mit einer Seele, mit einem Gefühl, daß selbst die Neider,, die sich in bedeutender Anzahl cingefundcn harten, sichtbar ergriffen wurden. Gold» er Spiegel. Sächsische Rentenversichcrungsanstalt. Eine j solche höchstwohlthätige Anstalt wird im Laufe dieses Jahres auch in Dresden errichtet, und so dem allgemeinen Wunsche, . unbemittelten Personen Gelegenheit zu verschaffen, durch mä- ßige Capitalicn in den früheren Lebensperioden sich für das mit Erwerbsunfähigkeit verbundene hohe Alter ein ausreichen- des Auskommen zu begründen, entsprochen. Durch den genia len Organismus dieser Anstalt eröffnet sich die bestimmte Aus- M sicht, vermittelst eines Capitals von hundert Thalern (daß § sogar nach und nach aufgebracht werben kann), sich eine sichere, alljährlich steigende und endlich im höchsten Alter jährlich hun- H dertundfunfzig Thaler betragende Rente zu verschaffen. Gewerb-^W treibende, Landleutc, Dienstboten, selbst minder bemittelte Pcr-^ sonen der höhcrn Stände, werden gern in ihrer jüngern, cr- wcrbrcichen Lcbenspcriode einen solchen kleinen Capitalstamm zum Unterhalt ihres höheren Alters anlegcn, ohne inzwischen die gewöhnlichen Zinserträge davon zu entbehren. Eltern wird cs ein willkommenes Mittel sein, um für ihre Kinder, Gön nern, Wohlthätcrn und Dienstherrschaften, um ihren Günstlin gen, Pathcn, treuen Dienern und dergleichen, eine stets wach sende Wohllhat und ein sorgenfreies Alter zu erkaufen.