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feinem Gold und von Wolle umgab diesen Shawl, der beson ders gut zu Mousselin-Roben mit goldgestickten Volans pas sen muß. Die Spencer haben richtig ihr Wort gehalten und in Longchamps sich sehr zahlreich eingefundcn. Viele sind aus schwarzem, grünen, oder schreienden blauem Sammet und passen am besten zu weißen Röckchen mit zwei, drei Bo lans. Der Spencer gehl vorn spitz zu, ist mit Branden- bourgsposamentirung verziert, oder mit schöner Seidenstickerei, oder mit einer doppelten Reihe von Knöpfen; häufiger noch ist er glatt und hat an der Spitze eine Schnur, deren Eicheln bis auf die Bolans zurücksallen. Städtechronik. Münster. Hier ist wegen eines Liedes, welches den Titel führt: „Lied eines Leinwebers aus Emsdetten", eine Untersu chung cingeleitct worden, in Folge deren vier Damen, ein Theolog, ein Küster und ein Spezereihändler zur Festungs strafe vcrurlheilt worden sind. Das ist eine gefährliche Poesie! Neapel. Hier ereignete sich das schreckliche Unglück, daß ein Theil unseres Findelhauses abbrannte, wobei dreiund zwanzig Kinder und mehre Erwachsene ihren Lod fanden. ^Petersburg. Man hat hier bei uns den Versuch ge macht, auf der Eisenbahn nach Zarskojelo mit Rcnnthicrcn zu fahren; da hat sich das crstauncnswerthe Resultat ergeben, daß die mit Rennthicrcn bespannten Wagen schneller anlang ten, als die von Lokomotiven gezogenen. Pesth. Dieser Tage ging ein Circular um, worin cs heißt, daß auf der Ketskemeter Haide dem Attila ein Monument errichtet werden soll. Es hat sich ein Attila-Verein constituirt, der Beiträge annimmt und einen geschickten Bildhauer sucht. Das Monument soll den I>. k. Attila mit einer kurzen Ta bakspfeife im Munde und mit gewichstem Schnurbarte vorstel len. Man hofft, daß sich auch in Deutschland einige Lheil- nehmcr für dieses rühmcnswerthc Unternehmen zeigen wird, besonders da viele Magyaren dem Cheruskcrdcnkmal ihre Un terstützung angedeihcn ließen. Turin. Hier hat ein englischer Fabrikant eine Sciden- spinnmühlc erfunden, die so einfach ist, daß sie von einem zehnjährigen Kinde gehandhabt werden kann, und in gleichem Zeiträume dreimal mehr Seidenfaden liefert, als die alten Maschinen. Magdeburg. Hier war vor Kurzem eine merkwürdige Geburtstagsfeier, nämlich: Großvater, Vater und Sohn feier ten an einem und demselben Tage ihren Geburtstag. Der Großvater war den siebzehnten Januar 1767, der Vater den siebzehnten Januar 1792 und der Sohn den sieb zehnten Januar 1817 geboren. Demnach war der Vater gerade fünfundzwanzig Jahre älter als der Sohn und der Großvater eben so viel älter als der Vater. Leipzig. Der siebente und achte April waren für Leipzig und Dresden festliche Lage. An ihnen ward die Eisenbahn ein- gcweiht. Alle Zeitungen sind voll davon; daher hier nur so viel. In sämmtlichen Berichten wurde des Direktoriums, des Vorstehers und Ingenieurs mit großem Lobe gedacht und das mit vollem Rechte; aber wie kommt es, daß nirgend jenes Mannes Erwähnung geschah, der den ersten Impuls zu dem großartigen Unternehmen gab und mit Recht der Columbus des Eisenbahnwesens auf dem Continente genannt zu werden verdient — des nordamcrikanischen Consuls Lists Was dem Einen recht, ist dem Andern billig. London. Wie verlautet, wird der russische Kronprinz auch nach England kommen und unserer Königin einen Besuch ab- statlcn. Theater. Paris. In der Kunstwclt betrachtet man den wunder baren Stern Rachel mit einer Mischung von Wchmuth und ahnungsvollem Schauer. Nicht etwa, daß der schöne Stern im Sinken begriffen wäre, aber Neid, oder das böse Schicksal selbst verfinstert seine Strahlen. Ihre Darstellung Esther's hat sehr viel Tadel gesunden. „Rachel hat kein Herz, kein Gemüth," so heißt cs allgemein, „sie ist nur für die Diabolik, für die Ironie und den Haß!" Die erste, schöne Zeit der un- gctheilten Bewunderung ist für Rachel vorüber. Selbst Jules Janin, der sic zuerst auf den Schild gehoben, hat sie etwas unsanft fallen lassen. Sie steht gewiß wieder auf, aber das Wunderkind, der einzige Stolz von Paris, wird sie nicht mehr sein. Das Hervorrufen. Hierüber sagt ein Berliner Blatt folgende beherzigenswerte Worte: „Der Künstler (Schauspieler, Sänger,) bedarf einer eigenen Form des Beifalls, welchen ihm das Publikum zu spenden hat. So wie es dem unmittelbaren Moment angchört, das heißt, so wie seine Leistung keine dauernde, so ist auch die Form für deren Würdigung eine au genblickliche. Das Publikum will zeigen, daß es seinen Lieb ling ehrt. Das Klatschen bei einzelnen Stellen gilt nur für diese, es will seinen Beifall rcsumircn, noch einmal den sehen, der cs entzückt hat — cs ruft hervor. Das Hervorrufen ist also eine Ehre für den Künstler, eine Licbesbczcugung des Publikums. Nun gibt es aber eine Liebe, die schön und edel, und eine, die niedrig und gemein ist. Wer z. B.<!lllc liebt, liebt wesentlich Keinen. Wer durch Hervorrufen die Liebe für das ganze Geschlecht an den Lag legen will, wird durch diese schlechte Liebe das Hervorrufen als ihr Protzuct entehren. Das Hervorrufen kann daher statt einer Ehre eine Schande werden. Denn es ist eine Schande für den Künstler, wenn man in ihm nur das dienstbare Organ des Geschreis sucht, wenn man