232 19 b. Zweiter Hauptsatz. Anwendung beider Hauptsätze etc. geschmolzen waren, wurde in der Weise mit reinem Aethylen gefüllt, dass bei 9,25°, also ein wenig unterhalb vom kritischen Punkte desselben, dieses in seiner ganzen Masse verdampft war. Wurde diese Röhre in schmelzendem Eise abgekühlt, so conden- sirte sich das Gas und die condensirte Flüssigkeit füllte die Röhre bis etwas unterhalb der Mitte an. Bei darauf folgendem Erwärmen der Röhre in einem Wasserbade von 12 Litern und einer Tempe ratur von 11°, das von einem Luftstrome bewegt wurde, traten dann die bei NATTEKEn’schen Röhren charakteristischen Erschei nungen ein. Ueberdies aber wurde beobachtet, dass die beiden Thermometer um etwa einen Grad von einander abweichende An gaben zeigten, und dass dieselben erst nach einer halben Stunde übereinstimmten, während eine Röhre gleicher Art, mit Wasser gefüllt, bereits nach sechs Minuten die Temperatur des Bades an nimmt. Beim Erwärmen der Röhre in einem Luftbade von 18° betrug der Unterschied in den Angaben beider Thermometer 3° und glich sich erst nach Verlauf von mehreren Stunden aus. Wurde die Röhre umgekehrt, so strömte in ihrem Inneren eine flüssige Masse herab und die beiden Thermometer tauschten ihren Stand aus. Eine Erklärung dieser Erscheinungen bietet sich durch die Ausführungen von Gouv (C. R. 115, 720 und 116, 1289) über die ausserordentlich grossen Dichtigkeitsänderungen, welche die Körper bei gleichem Drucke in der Nähe ihrer kritischen Temperatur auf weisen. Das obere Thermometer befindet sich oberhalb des kri tischen Punktes, das untere unterhalb desselben in einem bestimmten Augenblicke bei Erwärmung der Röhre nach vorheriger Abküh lung. Im oberen Theile befindet sich überhitzter Dampf von geringer Ausdehnung und einer Dichte, die viel geringer ist als die kritische Dichte. Die im unteren befindliche Flüssigkeit hat demnach nur wenig Dampf abzugeben, und vermag ihr Volumen nur langsam zu ändern. Zwischen derselben und dem oben befind lichen Dampf liegt eine Zone, in welcher die kritische Temperatur herrscht, das „kritische Niveau“. Oberhalb desselben nimmt die Dichte des Gases in rapider Weise ab. Da nun nach Beobach tungen des Verf. die Verdampfung unter hohen Drucken viel lang samer erfolgt als bei niederen, und die Maximalspannung bei den selben demnach viel später erreicht wird, so ist damit die langsame Niveauänderung der Flüssigkeit bei gleichmässiger Erwärmung der Röhre und zugleich die lange Verzögerung des Temperatur ausgleiches in derselben erklärt. Mfc.