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Weiterungen und Modificationen der von Riecke aufgestellten Moleculartheorie der piezo- und pyroelektrischen Erscheinungen (Abh. d. Ges. d. Wiss. Göttingen 38, 1892). Diese Theorie schliesst sich an die von W. Thomson begründete Vorstellung an, wonach jedes Molecül des Krystalles von einem System elektrischer Pole umgeben ist, dessen Symmetrieverhältnisse der Symmetrie des Krystalles entsprechend gewählt werden. Unter Nr. 1 zeigt Verf., dass die Resultate von Riecke noch bestehen bleiben, wenn man die speciellen Vorstellungen der RiECKE’schen Arbeit fallen lässt und von dem denkbar allgemeinsten Ansätze ausgeht. Riecke zeigt, dass man aus einer kleinen Zahl von Polsystemen mit spe ciellen Symmetrieeigenschaften die sämmtlichen Gruppen piezo- und pyroelektrisch erregbarer Krystalle ableiten kann. Dem gegen über hält Verf. es für praktischer, von einer speciellen Wahl der Polsysteme abzusehen und das Augenmerk auf die Symmetrie des dielektrischen Gesammtpotentiales zu richten, ähnlich, wie er seine Theorie der Elasticität nicht auf specielle moleculare Vorstellungen, sondern auf die Betrachtung des elastischen Potentiales gründet. Die RiECKE’schen Resultate werden auch dadurch nicht geändert, dass man die elektrische Wirkung durch einige Zusatzglieder ver vollständigt. In Nr. 2 giebt Verf. den allgemeinen Standpunkt auf und construirt specielle Beispiele von Potentialen für die 32 Krystallgruppen. Dieselben besitzen noch einen hohen Grad von Willkürlichkeit, übrigens sind sie nach einem einheitlichen Principe gebildet. Es ist dieses das von Maxwell in der Theorie der Kugelfunctionen befolgte Princip, durch welches aus dem Potentiale eines einfachen Poles mittelst „Differentiation nach Richtungen“ (Verf. sagt: „Multiplication nach Richtungen“) com- plicirtere Potentiale mit vorgegebenen Symmetrieeigenschaften er halten werden. Hier finden sich auch allgemeinere Sätze über die so entstehenden Potentiale. In Nr. 3 theilt Verf. eine neue mole culare Auffassung der piezoelektrischen Erregung mit. Während Riecke die Molecüle als dielektrisch polarisirbar und die zu gehörigen elektrischen Polsysteme als unveränderlich voraussetzt, schlägt Verfasser vor, die Molecüle als nicht polarisirbar, aber die elektrischen Pole als gegen einander verschiebbar anzunehmen. Auch diese Vorstellung ermöglicht eine allgemeine Theorie der Piezoelektricität. A. >8'.