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W. von Bezold. Zur Theorie der Cyklonen. Berl. Sitzb. 1890 [II], 1295—1317 f. Met. ZS. 8, 99—101, 1891t- Naturw. Kundsch. 6,225—226, 1891 f. Rev. Scient. 47, 647. Der Verf. führt einleitend aus, dass zwischen der alten Passat theorie, welche fast alle atmosphärischen Bewegungen nur als Folge erscheinungen des zwischen Pol und Aequator vor sich gehenden Luftaustausches betrachtete, und der Anschauungsweise der so genannten modernen Meteorologie, dass in höheren Breiten nur locale Erwärmung und Abkühlung, sowie die FeuchtigkeitsVerhält nisse für die Bildung von Cyklonen und Anticyklonen und damit für die gesummten Witterungserscheinungen maassgebend seien, in den letzten Jahren sich eine gewisse Verbindung herzustellen beginne. Dieselbe haben, abgesehen von Feerel’s erst neuerdings bekannter gewordenen Lehre von der allgemeinen Circulation, haupt sächlich neuere theoretische Untersuchungen von Hann, Werner von Siemens, von Helmholtz, Möller und Oberbeck angebahnt, und weiter hat dann Hann aus den Temperaturen der Hochstationen für sehr verschiedene Fälle von Cyklonen und Anticyklonen den Nachweis geliefert, dass es unmöglich ist, das Zustandekommen dieser Gebilde aus dem specifischen Gewichte der centralen Luft säule zu erklären, und dass man unwillkürlich darauf geführt wird, die Einwirkung der grossen Circulation der Atmosphäre zur Erklä rung heranzuziehen. Verhältnissmässig leicht und einfach lässt sich aus dem Zusammenwirken beider Theorien die mittlere Luftdruck- vertheilung an der Erdoberfläche übersehen, wie vom Verf. kurz erörtert wird, eine Anwendung ähnlicher Betrachtungsweisen auf bestimmte Einzelerscheinungen dürfte sich jedoch zunächst nur für ganz besonders einfache Fälle durchführen lassen. Die Frage, ob die thatsächlich bestehende Vertheilung von Luftdruck und Temperatur in einer Cyklone die gleichzeitig vor handenen Bewegungen vollständig zu erklären vermag, muss ver neint werden, sowie die Windrichtung in die Isobare fällt oder gar mit einer Componente gegen den Gradienten geht, da unter diesen Bedingungen, mindestens zur Ueberwindung der Reibung, Arbeit zu leisten ist, welche keinenfalls von der in der Cyklone oder in dem betreffenden Theile derselben vorhandenen Gradientkraft geleistet werden kann. Der Verf. stellt sich demgemäss die Aufgabe, den erstgenannten dieser beiden Fälle, dass bei Cyklonen mit kreis förmigen Isobaren die Winde in die Richtung dieser Isobaren fallen, der Ablenkungswinkel also 90° ist, genauer zu untersuchen, indem er zunächst für solche „centrirte Wirbel“ die Grundbedingung her- 22*