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mungsgeschwindigkeiten aus den Dichtigkeiten von Luft und Wasser und aus der Windgeschwindigkeit berechnen. Für eine Wind geschwindigkeit von 10 m p. s. findet man z. B. die Fortpflanzungs geschwindigkeit der Wasserwellen zu 0,01291 in, ihre Wellenlänge zu 0,082782 m. Diese Wellen von nur 8 cm Länge würden jedoch offenbar nur den ersten Kräuselungen der Oberfläche entsprechen, die ein starker, diese treffender Wind augenblicklich erregt. Ein solcher wird, in Uebereinstimmung mit der Erfahrung, schneller laufende, d. h. längere und höhere Wellen erst erzeugen können, wenn er längere Zeit auf die erst entstandenen Wellen gewirkt, diese auf einem längeren Wege über die Wasserfläche begleitet und ihnen einen Theil seiner lebendigen Kraft abgegeben hat. Die anfänglich auf dem ruhenden Wasser erzeugten Wellensysteme von verschiedener Wellenlänge und Fortpflanzungsgeschwindigkeit werden nämlich, indem sie fortlaufen, mannichfache Interferenzen erzeugen und wie bei der Entstehung der Combinationstöne werden sich dadurch allmählich stationäre Wellen von grösseren Wellen längen bilden können. So lange der Wind den Wellen noch vor eilt, wird er den Energievorrath und das Bewegungsmoment der Wellen weiter steigern können. Ueber die Beziehungen zwischen der Windgeschwindigkeit und der Fortpflanzungsgeschwindigkeit wurden im April 1890 vom Verf. einige Versuche auf dem Cap d’Antibes angestellt, bei welchen derselbe mit einem kleinen tragbaren Anemometer die Windstärke unmittelbar am Rande der dort theilweise steil auf steigenden Klippenwände der schmalen Landzunge maass und die Anzahl der Wellen in der Minute direct durch Zählung bestimmte. Während einer Geschwindigkeit von 10 m p. s. nach den Be rechnungen 9,4 Wellen in der Minute entsprechen sollten, betrug am 1. April bei 6,1 m Windgeschwindigkeit die Wellenzahl zwischen 8,5 und 10; während einer Reihe von ruhigen Tagen steigerte sich darauf die Zahl der immer kleiner werdenden Wellen allmäh lich auf 17 bis 18 und ging endlich am 7. April, nachdem in der Nacht vorher in Marseille ein schwerer Wirbelsturm geherrscht hatte, während der Wind am Cap d’Antibes im Laufe des Tages bis 5,5 m anwuchs, bis auf 11,5 herab. Die Wellenzahlen sind daher alle etwas kleiner, als sie berechnet aus der Stärke des Ufer windes sein sollten und lassen auf stärkeren Wind auf hoher See schliessen. Sie zeigen aber auch, dass die Nachwirkung eines starken Windes mehrere Tage dauern kann. Fortschr. d. Phys. XLVI. 3. Abth. 22