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330 2 E. Winde. M. Schneidemühl. Kant und die moderne Theorie der Winde. Ausland 63, 661—665, 1890 f- Met. ZS. 7, [96], 1890 f. Dieser Artikel lenkt die Aufmerksamkeit auf die im Jahre 1756 erschienene Abhandlung Kant’s: „Einige Anmerkungen zur Erläuterung der Theorie der Winde“, in welcher eine vollständige Theorie der grossen Windsysteme der Erde und insbesondere die richtige Erklärung der Passate, entsprechend der zwar schon von 1735 datirenden, damals aber nicht weiter bekannt gewordenen HADLEv’schen, gegeben ist. Kant spricht seine ganze Theorie in folgenden fünf von ihm als „Anmerkungen“ bezeichneten Lehr sätzen aus: 1. Ein grösserer Grad der Hitze, der auf eine Luftgegend mehr als auf eine andere wirkt, macht einen Wind nach dieser erhitzten Luftgegend hin, der so lange anhält, als die vorzügliche Wärme der Gegend fortdauert. 2. Eine Luftgegend, die sich mehr als eine andere verkühlt, bringt in der benachbarten einen Wind zuwege, der in den Platz der Verkühlung hinein weht. 3. Ein Wind, der vom Aequator nach dem Pole hinweht, wird immer, je länger desto mehr westlich, und der von dem Pole zum Aequator hinzieht, verändert seine Richtung in eine Collateral- bewegung aus Osten. 4. Der allgemeine Ostwind, welcher den ganzen Ocean zwischen den Wendezirkeln beherrscht, ist keiner anderen Ursache als der, welche aus der ersten mit der dritten verbundenen Anmerkung erhellt, zuzuschreiben. 5. Die Moussons oder periodischen Winde, die den Arabischen, Persischen und Indischen Ocean beherrschen, werden ganz natür lich aus dem in der dritten Anmerkung erwiesenen Gesetze erklärt. Einem jeden dieser Sätze folgt eine theoretische Begründung, welche bei 1, 3, 4 und 5 mit den heutigen im Wesentlichen über einstimmt, und dann eine „Bestätigung aus der Erfahrung“. Als Ursache des zweiten Satzes wird die Verminderung der ausdeh nenden Kraft durch die Abnahme der Wärme und zu seiner Be stätigung der in allen Meeren nahe den Küsten des Nachts anhal tend wehende Landwind angeführt mit der irrthümlichen Voraus setzung, dass die Seeluft Nachts ihre Wärme schneller als die Land luft verliere.— Von dem fünften Satze machtKANT folgende wichtige Anwendung: „Wenn ein Seefahrender in der südlichen Halbkugel nicht weit von dem Wendezirkel zu der Zeit, wenn die Sonne den-