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60 1 B. Planeten und Monde. also für Anzeichen von Unebenheiten. Auf der einen Seite des den Fleck durchsetzenden dunklen Bandes sah er eine ganze Reihe solcher „Sterne“ gelegentlich aufleuchten: eine Bergkette. Von jenem Bande sah Lowell am 9. Juni die erste Spur, in wenigen Tagen verbreiterte es sich auf etwa 360km (15. Juni), bei einer Länge von gegen 2000 km. Nachts war die Färbung des Schnee fleckes strohgelb, der Meere rein blaugrün und der Länder orange rosa, nach Sonnenaufgang dagegen weiss, himmelblau und rosen- roth. Letztere Färbungen müssen beim Vergleich mit irdischen Objecten herangezogen werden; „die Aehnlichkeit der Färbung der Marsmeere und unseres Wassers bedarf keiner Erklärung“. Die Schattirung an der Lichtgrenze war stärker als beim Monde und geringer als bei der Venus, daher sei auch die Atmosphäre des Mars an Tiefe zwischen denen des Mondes und der Venus an zunehmen. Die Lichtgrenze verläuft ohne Ausbiegungen und Her vorragungen. Der Rand der Scheibe ist in ein helles gelbes Licht eingehüllt, in dem die Contouren der Oberfläche verschwinden. Nur die Polarregion und einzelne andere helle Gegenden sind am Rande deutlich zu sehen. Die dunklen Flecken, die Meere und Seen, sind für Lowell wirkliches Wasser, namentlich die sehr dunkle Polarsee mit ihrer tiefblauen Farbe. Den ersten Canal erblickte Lowell am 7. Juni, bald folgten andere und viele wurden später doppelt gesehen. Das Schmelzwasser der Polarzone floss der Schwerewirkung entsprechend gegen die Aequatorgegenden. Zuerst konnten die polnächsten Canäle gesehen werden. Diese Gebilde sind aber vielleicht nur als der Effect des Wassers zu be trachten, das sich anscheinend nicht durch Wolken, Regen oder Schnee über den Planeten ausbreitet. Die Bestimmung der Canäle wäre daher, als Bewässerungssystem zu dienen. Ihre Existenz würde absolut nothwendig sein, falls auf dem Mars etwa Organismen vorkommen. Während späterer Beobachtungen bis 10. Sept, nahm die Ausdehnung der dunklen Regionen wieder ab. Manche Gegenden nahmen wieder eine rothgelbe Färbung an. Das Festland Hesperia wurde wieder sichtbar, die Polarsee war zu einer dünnen Linie am Polarflecke geworden. Die Wassermassen sind wieder verschwunden, können also auch nicht sehr bedeutend gewesen sein und nur eine seichte Bedeckung der Continente, Canäle etc. bewirkt haben. Theilweise mögen die dunklen Stellen von vermehrter Vegetation herrühren; der Versuch, polariskopisch Wasser nachzuweisen, misslang.