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Kleidung: auch in diesem Betrachte wurde das Nivel lement theoretisch so lange gepredigt und für den Hei land der Welt ausgegeben, bis endlich die Leute ein sahen, daß solche Prediger doch wohl recht haben müß ten und das Nivellement denn allerschönstens zu Stande kam, und auch unsere alte und einst so ehrwürdige Bürger- und Meistertracht mit sich in den Strom fort riß. Vor vierzig Jahren konnten die Großen des Landes sich kleiden, wie sie wollten, ohne daß sich ein Bürger darum bekümmert hätte, weil er einen gewissen Stolz darein setzte, bei seiner althergebrachten Bürger tracht zu bleiben, und nichts lieber horte, als Bürger und Meister genannt zu werden. Käme jetzt ein Schneidermeister in seinem ehemaligen Staatsrockc, so würden Sie selbst ihn wenigstens heimlich auslachen und bei einem so geschmacklosen Manne nicht ferner arbeiten lassen. Sobald der Zeitgeist den unterschei denden Bürgcrrock uns Schneidern genommen hatte, und eine mehr und mehr wechselnde Mode durch alle Stände einführte, blieb wahrlich den Schneidern nichts Anderes mehr übrig, als sich gewissermaßen an die Spitze der Moden zu stellen und alle ihre Launen, wo nicht vor-, doch mitzumachen. Denn käme der Schnei der altmodisch gekleidet, so würde augenblicklich das Vertrauen zu seiner Kunst und zu seinem Geschmacke ein Ende haben und die Kundschaft sich verlaufen. Auch der dritte Vorwurf, in Betreff der Vergnügun gen, ist nicht minder leicht zu widerlegen. Wir lebten auch in dieser Hinsicht früher streng unter uns und gesondert mit unfern bürgerlichen Freuden, ohne uns um irgend etwas Anderes in der Welt zu bekümmern. Man hörte nicht auf, uns begreiflich zu machen, daß auch wir verpflichtet seyen, mit dem Staate und mit seinen Fortschritten uns zu beschäftigen, für Kirche und Politik uns lebhaftest zu interessiren, uns volksthümlich mit allen Ständen zu amalgamiren. Während dessen formte sich im Leben aller Städte jener cigenthümliche Geist der geschlossenen Gesellschaften gegenüber der öffentlichen Geselligkeit. Es wurde auch uns Bürgern so nahe gelegt, an solchen Gesellschaften Theil zu neh men, daß wir wahrlich hätten von Stroh seyn müs sen, um uns länger davon zurückzuhaltcn. Hieraus entstand ein Leben und ein Genuß außer dem Hause und außer der Familie, unmerklich auch eine kleinere oder größere Mehrausgabe. Wer kein Heide ist, der muß auch der Frau und den Kindern zuweilen ein Vergnügen gönnen und es mit ihnen theilen: dieß verpflichtete gewissermaßen zu einem zweiten Genüsse der öffentlichen Geselligkeit mit Weibern und Kindern, weil diese durch Statut oder Anstand von den geschlos senen Gesellschaften in der Regel ausgeschlossen blei ben. Wer von der Geselligkeit sich ganz auSschließt und ein eignes Leben führen will, der wird stillschwei gend unter die Ungebildeten und geradezu unter die Philister gerechnet, und beides darf man weder seyn noch scheinen. Gebildeter sind wir ohne Zweifel ge worden und der unverkennbare Samen zum Glück ist damit auch unter uns ausgcflreut; allein bis jetzt scheint dieser Same noch nicht keimen, geschweige denn grünen und blühen zu wollen, und unser Trost beruht noch einzig auf der Zukunft. (Fortsetzung folgt.) Bei'm Verleger dieses sind erschienen und durch alle Buchhandlungen zu haben : Neber das Kopf- und Zahnweh, die Mi gräne und den Gesichtsschmerz. Nach Hume, Whaterbread, Halford u. A. Zweite Auflage. Geh. -^2 Rtlhr. oder 45 kr. , Die erste Auflage ist in der Jenaer Litztg. 1837, Nr. 184, nachdrücklich empfohlen. Martin über Migräne und andern Kopf schmerz. Rthlr. oder 36 kr. Der Helfer in Zahnkrankheit, Zahnschmerz und Zahnnoth. Nach Taveau, Maury und ! Saunders. Zweite Ausl. Geheftet. Rthlr. oder 36 kr. Außerordentlich gerühmt im Gesundbeitstempel t835 , 4. Heft. Bei Friedrich Bartholomäus in Erfurt ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben: Technische und praktische Anweisung über das geometrische Uebertragen oder Nachzeichnen der Patronenmodelle aus den Modejournalen, sowie der Kleidermuster aller Art, für jede beliebige Körpergröße, nebst dem dazu nöthigen geome trischen Maßstabe oder vervollkommneten Re- ductions-Schema, sowohl in natürlicher Größe, als auch zehnfach verkleinert. Hierzu 2 Tafeln erläuternder Zeichnungen von Heinr. Diete. Preis 7Z-Sgr.'oder 27 kr- Rhein. Modebildcr 1t — 1« Patronen 12 — ir.