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15 16 als die Verschiedenheit der Schnitte, welche die Schnei der angenommen haben. Diese Verschiedenheit der Halslöcher, sagen sie, rührt einzig daher, weil jeder Schneider seinen eigenen Schnitt hat; und leider liegt in dieser Angabe viel Wahres; denn die einen machen hohle und kurze HalS- löcher, um sic nachher durch die gewagteste Ausrückung in die gehörige Form zu bringen; die andern verfal len in den entgegengesetzten Fehler und schneiden sie fast gerade; die Klügsten halten sich in der Mitte die ser beiden Extreme. Allein die einen wie die andern sind über die wahre Form, welche dem Halsloche zu geben ist, im Jrrthum. Man sagt mit Recht: Jede Wirkung hat ihre Ursache. Da nun aber jeder ver schiedene Schnitt des Halsloches, von dem hohlsten bis zu dem, welcher es am wenigsten ist, eine ver> schiedcne Wirkung auf einer Zeichnung darstellt: so laßt uns die Ursache, welche solche hervorbringt, ge nauer untersuchen. Alle Schneider von einiger Erfahrung haben be merken können, daß daö Halsloch solcherMän- uer, die den obern Th eil der Schultern so abschüssig, als nur möglich, haben, mit einem andern, welches den höchsten Schul tern gehört, verglichen, fast gerade ist. Der Unterschied zwischen den Halslöchern für die verschiedenen Körpergestaltungen von einem dieser Ex treme bis zum andern ist von 20 bis 23 Millimeter, durch eben so viele Grade thcilbar, als eö verschiedene Schulterabschüssigkeiten giebt, und diese Grade sind 9 an der Zahl. Der Schnitt des Halsloches muß dem nach wegen der Form des obern Schultertheils um 2 und einen halben Millimeter für jeden Grad verschie den^ sein, wenn man die Grundsätze des durch die Körpergcstaltung bedingten Schnittes streng befol gen will. Bevor wir in unfern Abhandlungen sortfahren, möchten wir die Ungläubigen und die Fähigsten freund lichst fragen: ob bei dem Systeme, welches sie bis heute vorgezogen haben, sie wohl öfters tadellose Hals löcher und Kragen hervorgebracht haben, und ob, falls sie von Zeit zu Zeit die Vollkommenheit dieser zwei wichtigen Theile zusammen, welche man mit Recht die Urkraft der Anmuth im Fracke nennt, erreicht haben, sie auch Andern das Mittel, wodurch sie dazu gelangt sind, wohl hätten mittheilen und nöthigenfalls alle ihre G«- schästsgenofsen darüber belehren können? Denn ist es ihnen auch gelungen, durch einfache Einflößung des Geschmacks, ohne sich selbst der Ursache des Gelingens bewußt zu sein, und ohne das Mittel zu besitzen, künftighin dasselbe Resultat zu erhalten, so ist ihre vorgebliche Methode doch nichts Anderes, als eine mehr oder minder glückliche Eingebung jenes Geschmacks, den man hartnäckig mit der wirklichen Wissenschaft verwechseln will, welcher er höchstens als Hülfsmittel entgegenstcht. Es ist äußerst selten, daß man von der Dicke des Halseö das Maß nimmt, welches wir unseres Orts über die Halsbinde nehmen, und doch ist der Schnitt des Halslochcs, je nach dieser natürlichen Dicke und der Dicke der Halsbinde, verschieden. Auch hat die Schulterneigung, die Wölbung des OberrückenS, die Form derBrust und der mehr oder minder abgerundete Schnitt der Basis deS Kragenö großen Einfluß auf diese Verschiedenheit. Wir haben gesagt, wie der Schnitt des Hals loches für jeden Grad der Schultcrhöhe verschieden ist; eS bleibt uns noch hinzuzufügen, daß, wenn cs sich von dcr Uniform handelt, er um 10 bis 15 Mil limeter weniger hohl wird, weil hier die Halsbinde fehlt und die Cravate, welche jene vertritt, möglichst dünn ist, um den Schultern oben mehr Breite und dadurch auch mehr Anmuth zu geben. Wenn hinge gen ein Mann eine dicke Halsbinde trägt, so muß zufolge eines andern Beweggrundes (dem, welcher will, daß bei der Uniform das Halöloch wenig aus geweitet sei, ganz entgegengesetzt) der Schnitt deS Halsloches verhältnißmäßig ausgehöhlt werden und dann rundet sich die Basis des Kragens, um dem Umfange derjenigen des Halses zu folgen. Auf diese Weise stellt man durch eine Folge von Schlüssen die Nolhwendigkeit fest, alle sich nähernden Theile der Kleidung in Einklang zu bringen. (Schluß im künfrigkn Stück.) Ausgegeben den 23. Decembcr 1846. Mokebiltcr 1 — S. Patronen 1 — 11. Srera-MobebUtcr 1 — 0