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Wahrheit, wie immer, gewohnheitsmäßig vermengend. Eine unbeschreibliche Seelenangst überkam beide Hörer. Nach KyburgS Andeutung war es gar nicht so ganz undenkbar. — Großer Gott! Kaland sprang auf. Der Schweiß stand in dicken Tropfen auf seiner Stirn. .Herr Graf Kyburg," sagte er streng, .jede» Wort, das Sie hier sagen, ist begraben zwischen uns, denn wir, Rochlitz und ich, glauben Erich besser zu kennen! Aber da Sie offen bar in einer begreiflichen, wenn auch höchst beklagenS- werthen Seelenstimmung sind, welche Sie verleitet, Trugschüsse zu machen, Aeußerungen zu thun, die Sie nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet sind zurück zuhalten, so bitte ich Sie ernstlich, die Gastfreund schaft meines HauseS anzunehmen und vorderhand jeden Verkehr mit Fremden zu vermeiden. Sie sind krank, lieber Graf, — das erklärt sich! Bleiben Sie hier, — lassen Sie uns gemeinsam —" .Mit Vergnügen!" ES war KyburgS gemahnte Redensart; sie klang höchst fatal in diesem Augenblick und er hütete sich wohl, einzugestehen, daß er sich vor dem Kreisrichter noch viel aufgeregter und ver kehrter benommen, so daß dieser mehr als je von der Schuld Willwarts überzeugt war. Rochlitz blieb zum Diner. Graf Kyburg sah mit dem alten vergnüglichen Lächeln in dem schönen Speisesaale umher und auf die trefflichen Speisen, welche die Tafel bot. O, er war gerade der Mann, das zu verstehen. Erna und Tante Luise hatten sich entschuldigen lassen. Erstere wußte nicht, wie viel schwerer das Herz ihres Vaters durch KyburgS Aeußerungen ge worden, aber es lag in der Luft, sie fühlte eS instinktiv, die Sache Erichs stand schlimm. Die hochgradige Erregung hatte nachgelassen in ihr, aber jetzt kam die Mutlosigkeit, und indem sie sich klar machte, daß Erich jetzt, ein Gefangener, in seiner Zelle der ersten Kerkernacht entgegengehe, brach sie in ein krampfhaftes Weinen aus, welches Tante Luise, so sehr sie auch zu trösten wünschte, mit ihrem unheilvollen: „Ach, ich habe eS immer geahnt!" nicht stillte. Es kamen fortwährend Boten von dem Kreisge richt. Kaland hatte gesorgt, daß er jede zulässige Mittheilung sofort empfing. — So erfuhr man, daß Assessor Birkner, der verreist war, telegraphisch be nachrichtigt worden sei und sofortige Rückkehr gemeldet habe. — Der alte Verwalter Erichs kam und erzählte, eS sei eine Gerichtskommission im Schlosse gewesen und habe dort den ganzen Tag untersucht und das Personal verhört. Die sämmtlichen Bllchsflinten und sonstigen Jagdgewehre seien mitgenommen worden. Der Abend brach an und je dunkler es wurde, um so schwerer wurde die Stimmung. Die erste Nacht im Gefäugniß. Wenn sie dem Schuldigen schrecklich ist, für den Unschuldigen ist sie es nicht minder. Erich von Willwart hatte während des Laufes des Vormittags seine Haft vcrhältnißmäßig ruhig genommen, überzeugt, daß sich bald alles aufklären werde. Als aber das Verhör vorüber war und durch Alleinsein und Nachdenken die ihm anfangs ganz unbegreifliche Situation sich in ihrer ganzen Wirklich keit darsleUle, da bemächtigte sich seiner eine Ge- müthsstimmung, wie er sie trotz aller Erlebnisse dieses letzten halben Jahres doch nie für möglich gehalten; in der tiefsten Empörung über die ihm angelhane Schmach mußte er sich doch selbst zugeslehen, daß der Richter nichts anderes thun konnte, als was er gethan. Aus den Fragen des Untersuchungsbeamten war ihm vollkommen klar geworden, wie schwer die Ver dachtsmomente waren, die gegen ihn vorlagen, und wie kunstvoll man harmlose oder ganz anders gemeinte Worte von ihm und den Seinigen, besonders aber von Kyburg, zusammengestellt hatte; wie man jeden Umstand, auch den geringfügigsten zu einem Glied gemacht, der sich in die Kette von Indizien ganz natürlich einzufügen schien. Ohne Zweifel war die Anklage auch schon länger gegen ihm vorbereitet — vielleicht hatte man nur seine Rückkehr abgewartet. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Ein aufregender Vorfall hat sich in Tcmpclhof bei Berlin abgespielt. Der Büffetier des Restaurateurs Kreideweiß, Riese, hatte Nachts gegen I Uhr 3000 Akk., die er an seinen Prinzipal abliefern sollte, in sein zwei Treppen hoch gelegenes Zimmer mitgenommen und die das Geld enthaltende Holz kassette vor sein Bett auf einen Stuhl gestellt. Er legte sich zur Ruhe, hörte aber noch, ehe er einschlafen konnte, im Zimmer ein verdächtiges Geräusch. Riese stand sofort wieder auf, machte Licht und suchte das Zimmer ab, ohne etwas Verdächtiges zu bemerken. Da wiederholte sich das Geräusch und diesmal war es ihm, als rühre es von einem Menschen her, der im Kleiderschrank steckte. Er versuchte den Schrank zu öffnen, und eS gelang ihm auch, mit Anwendung großer Gewalt die Thür des Schrankes aufzureißen. In diesem Augenblick sprang aus dem Schrank eine Riesengestalt heraus, riß, ehe Riese noch um Hilfe rufen konnte, das verschlossene Fenster des Zimmers auf und sprang durch die Oeffnung zwei Stock tief auf ein Glasdach herab, das sich etwa vier Meter über dem Erdboden befindet. Der Verbrecher durch schlug das Glasdach, faßte aber unten festen Fuß und entfloh in der Richtung nach dem Dorfe Tempel hof zu. Starke Blutspuren an dem Glasdach und auf dem Wege deuten daraus hin, daß sich der Ein brecher erheblich verletzt hat. Vorläufig hat man von dem Flüchtling noch keine Spur, er hat aber einen Hut, einen Dietrich, Manschetten und Schnürstiefel im Schrank zurückgelassen. ES hat sich herausgestellt, aus welcher Veranlassung der Dieb die Thür des Schrankes, in welchem er sich versteckt hielt, schon früher öffnete, als Riese in festen Schlaf verfallen war. Dieser hatte nämlich seine Kleider stark einge- kampfert, um sic gegen Motten zu schützen. Den dadurch erzeugten Geruch konnte der Dieb in dein engen Raume nicht ertragen und mußte sich daher Luft schaffen. Bei dieser Gelegenheit knarrte die Thür des Schrankes und machte den fast schlafenden Ge schäftsführer wieder munter. — Von den Breslauer Wirthsstuben einst und jetzt entwirft die „Schief. Ztg." anziehende Bilder, die für das deutsche Kneipenleben überhaupt bezeichnend sind. Wie es zu Anfang des vorigen Jahrhunderts in den Wirthshäusern herging, darüber verbreitet sich u. A. ein Gedicht aus dem Jahre 1731 „Breslauischer Schlendrian, wie solcher von einem Tage zu dem anderen in den Kretscham- und Bier- Häusern getrieben wird." Der „Kretschmer" schenkte danach nur dreimal in der Woche aus und steckte als Zeichen ein bunt bemaltes Kegelholz vor die Hausthür. Hing an dem Kegel noch ein sauber gewaschenes Tuch, so zeigte dies an, daß es neben her auch Treber zu kaufen gäbe. In der Wirth- schaft waren die Acmter bereits streng geschieden: der Schänke maß das Bier, die Schleußerin wartete den Gästen auf, und war einer an die Luft zu setzen, so trat der „Neu-Scholtz" der heutzutage den Titel Hausknecht führt, in Thätigkeit. Die Massentrinker müssen in den Kretschamhüusern damals gute Tage gehabt haben, denn „vor einen Böhmen" pflegte der Wirth sechs Kännel einzuschänken, „und giebt er , eine Latte zu, so ist's sein guter Wille, damit der Gast ein andermal sich wieder bei ihm fülle." Dabei scheinen die Wirthe mit dem Kredit sehr freigebig gewesen zu sein, nur hatten sie die üble Sitte, die Schulden auf das schwarze Brett zu verzeichnen; doch hat man sich augenscheinlich solchen Ehrenposten an der Wand nicht sonderlich verdrießen lasse». So bald die „Bete-Glocke" ertönte, wurde eS in der Bierstube angemeldct, damit die vor dem Thore Wohnenden noch rechtzeitig hinaus könnten. Die Polizeistunde wurde streng innegehalten; doch war für Solche, die ihres Weges nicht mehr sicher genug waren, in der Schänke auch eine Lagerstatt bereit. Als Imbiß zum Bier dienten in den kleineren Bier stuben auch damals schou das Karbcbrötchen (Kümmel brötchen) der den Durst anregende Salzrettig u. s. w. so gut wie heute. Für die, welche ein wenig zu lange über die „Bete-Glocke" hinter dem Glas ver weilt oder wohl gar ihren Durst zu hoch laxirr hatten, mag der Heimweg, so lange sie ihn unter den Fittigen des österreichischen Doppeladlers antreten mußten, mit einiger Beschwcrniß verbunden gewesen sein und hat des Oeftercn wohl auch einige blaue Flecke ein gebracht. Denn bis zum 4. 'November 1741 gab es Straßenlaternen in Breslau überhaupt nicht. — Der Beginn des neunzehnten Jahrhunderts bedeutete, wie für so viele andere Dinge, so auch für'das Wirths- hausleben in Deutschland den Anbruch einer neuen Entwickelungsperiode. Die Bierstube fing an, poli tische Bedeutung zu gewinnen. Bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts hatten neben Kartenspiel, Würfel, Domino nur die Besprechung nebensächlicher Tagesvorgänge die Unterhaltung im Wirrhshaus ge bildet. In den letzten Jahrzehnten des achtzehnten Jahrhunderts blühte dann die Zeit der Empfindsam keit, von der im Wesentlichen die Zeitschriften erfüllt waren. Die Politik lag noch außerhalb des Jnter- essenkreiseS der Tagesblätter. Nun wurde es anders. Das Volk war durch Thatsachen gezwungen worden, sich der Politik mehr zuzuwenden. Jetzt fingen die Gastwirthe an, kür ihre Gäste Zeitungen auszulegen. So wurde die Wirthsstube zugleich Lesehalle. Dieser neue Inhalt des WirthshauslebenS trug denn auch sein Theil dazu bei, den Studenten zu einer politischen Figur zu machen. Die Ideale von deutscher Einheit, welche sich die akademische Jugend nach den Freiheits kriegen zu eigen gemacht hatte, faßten nicht zum wenigsten gerade dadurch in breiteren Volksschichten Fuß, daß dem Studenten in der bürgerlichen Kneipe, wo er als Träger der Bildung der großen Masse gegenüber ein ganz anderes Ansehen genoß, als heute, gewissermaßen der Beruf zufiel, in jugendlicher Be geisterung jene politischen Ideale dem Philister zu vermitteln. Gerade in jener Zeit trug aber auch noch weit mehr als heute die Kneipenpolitik den Charakter der „Kannegießerei". — Wie kräftig vor einiger Zeit ein Olden burger Soldat seiner Entrüstung Luft machte, zeigt folgender Vorfall: In einem Restaurant in Olden burg saßen mehrere Leute, von denen einer in nicht gerade schöner Weise seine Glossen über deutsche Fürsten und den ganzen Militärstand machte. Da erhob sich der genannte Soldat, trat auf den Redner zu und sagte: „Das im Namen des Kaisers" — und eine kräftige Ohrfeige saß auf der linken Backe — „das für den Großherzog" — da hatte die rechte Backe einen Denkzettel — „und diese hier (die dritte) für den deutschen Militärstand." — Sprachs und verließ hochaufgcrichtet, ohne daß irgend Jemand Einspruch erhob, das Lokal. — Zu geistreich. Gesindevermietherin: „Ich kann Ihnen das Mädchen als treu und sehr fleißig empfehlen, muß Ihnen aber gestehen, das Pulver hat sie nicht erfunden!" — Dame (geistreich): „Das ist mir egal — das besorge ich schon selbst!" — Ein Trost. „Bata, mir thut der Bauch so weh." — „Laß 'gut sein, Sepperl, am nächsten Sonn tag fahr'n ma amal mit der Eisenbahn!" sowie die drei Sorten „Vliiv «I» der Deutsch-Ztakienischen Meln-Smport-Seselkschast (Centräl-Verwaliung Frank furt am Main) sind ange- surr am Main - I>no äuge nehme leichte italienische Maturrothweinc, welche als wokk- ScliömmticheL ikischgetränli ganz besonders zu empfehlen sind, und deren Qualität nach dem Ausspruch competenter Wein kenner von keinem der sogenannten Bordeaux-Weine in gleicher Narcra Italia Sv I'tch per 8L „ lbet LS L lu*< n« ii iolins Klass Preislage erreicht wird. Durch Königs, itak. St-atscontrolke wird für avlokute Aeinheil garantirt. 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