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um 11'/, Uhr Vormittags Stellung beim Krieger denkmal und marschirten unter Musikbegleitung dem 9 Kilometer entfernten Ziele, dem kleinen Dorf kirchhofe von Wöbbelin zu. Ueber der Pforte am Eingänge desselben stehen die Worte Theodor KörnerS: Vergeßt die treuen Todlen nickt! Viele Tausende sind schon, seitdem der Sängcrmund für immer sich geschlossen, diesem Mahnruf gefolgt, und auch heute standen wiederum Tausende von Deutschen um den da- Grab des Dichters beschattenden Eichbaum, der, weit im Lande sichtbar, ein Sinnbild deutscher Kraft, seinen Wipfel gar stolz zum Himmel emporreckt. Die Feier wurde eröffnet durch die Klänge des Liedes, unter welchem die Lützower einst ihren Kameraden der Erde übergaben: Vater, ich rufe dich! rc., dann hielt der Kirchenrath Daneel die Festrede, die einen gewaltigen Eindruck auf die Festtheilnehmer machte. An dieselbe schloß sich das Schwanenlied des gefeierten HeldenjllnglingS: „Du Schwert an meiner Linken", vorgetragen von mehreren Gesangvereinen. Hierauf wurde nach einer poetischen Ansprache des Realgym nasiallehrers Metzmacher aus Schwerin die vom ver storbenen Großhcrzog Friedrich Franz II. 1879 ge stiftete Büste des Dichters von einem jungen Turner mit einem Eichenkranze geschmückt, darauf nahten die aus vielen Gauen des Vaterlandes herbeigeströmten Abordnungen, um unter kurzen Ansprachen prachtvolle Kränze auf das Grab des Helden zu legen. Amt mann l)r. Baller aus Neustadt in M. brachte dann auf den Deutschen Kaiser und aus den Großherzog von Mecklenburg-Schwerin ein Hoch aus, in welches die dichtgedrängte Menge begeistert einstimmte. Die Feier wurde geschlossen mit dem allgemeinen Gesänge „Deutschland, Deutschland über Alles!" — Frankreich. Wenn die Franzosen sich auch sonst gegen alles ablehnend verhalten, was irgendwie einen preußischen Ursprung verräth, so messen sie doch dem Urtheil deutscher Offiziere über den Zustand ihrer Armee die größte Bedeutung bei. Mit großer Genugthuung nimmt man daher jetzt allgemein in Frankreich von den Aeußerungen Notiz, welche der deutsche Militärattache bei der Pariser Botschaft, Hauptmann von Funke, einem Redakteur des „XIX. Siecle" gegenüber gelegentlich der letzten Manöver über das französische Heer gethan haben soll. Wie ras erwähnte Blatt mittheilt, hat sich Herr von Funke sehr rühmend über die französischen Soldaten ausgesprochen, besonders die Ausdauer der Infanterie hervorgehoben uuv nur im Einzelnen ein ige Ausstellungen gemacht. — Rußland. Der „Krz.-Ztg." wirdauS Peters burg geschrieben: Im Kricgsministerium herrsche fortgesetzt eine lebhafte Thütigkeit. Es sei unbedingt Thatsache, daß neuerdings größere Kavallerier.iassen gegen die deutsche Grenze vorgeschoben, überall in den entsprechenden Kasernemeuts Ställe gebaut, bezw. gemiethet würden. Die bisherigen Garnisonen würden verdreifacht und viele kleine Orte, dicht an der Grenze gelegen, erhielten Garnisonen. Loeale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 22. Septbr. Am heutigen Tage feierte der 71 Jahre alte Bäckerinstr Herr Edwin Tittel in geistiger und körperlicher Frische sein 50jähr. Bürgerjubiläum und wurden dem Jubilar an diesem Ehrentage von Herrn Bürger meister I)r. Körner und Herrn Stadt».-Vorsteher Hertel die Glückwünsche im Namen der Stadt über bracht. Auch wir schließen uns den Gratulanten mit dem Wunsche an, daß eS Hrn. Tittel vergönnt sein möge, noch lange in Gesundheit und Wohlergehen unter seinen Mitbürgern zu weilen. — Eibenstock. Der Bürger-Sterbeverein Eibenstock, Eingetragene Genossenschaft, hat am 16. August d. Js. seine Generalversammlung abge halten, wo zu Punkt 1 der Tagesordnung, Vortrag der Jahresrechnung auf 1891, dieselbe einen Abschluß über 36,277 Mk. 53 Pf. des Vereiusvermögens er-" geben hat. Nachdem der 2. Gegenstand der Tages ordnung, Wahl von 9 Ausschußmitgliedern, erledigt war, wurde der 3. Gegenstand der Tagesordnung durch ein Referat über vie Thätigkeit deS Vereins vom Jahre 1890 bis dahin 1891 erledigt. In dem Bericht war besonders zu betonen, daß der Verein iin laufenden Jahre einen der wichtigsten Gegenstände erledigt hat: die Anschaffung eines Leichenwagens und Einkleidung von 8 Mann zu dessen Bedienung. Der Verein stellt nun bei Beerdigungen seiner Mitglieder als Leichenconduct nicht mehr 16 Träger und einen Zugführer, sondern den Leichenwagen und 6 Mann zur Bedienung, wofür den Hinterlassenen 9 Mark 10 Pf. von der auszuzahlenden Unterstützungsquote gekürzt werden. Diese Einrichtung erweckt auch bei den Einwohnern hier die Sympathie für diesen Verein, welche sich in den zahlreichen Anmeldungen zur Mit gliedschaft kundgegebcn hat. Da mit dem 1. Oktober d. I«. eine neue Classe gebildet wird, wurde auf Antrag beschlossen, zur Aufnahme neuer Mitglieder, wozu nur da- persönliche Erscheinen erforderlich ist, außer an gewöhnlichen Einzahlungstagen einen be- soncercn Tag zur Aufnahme zu bestimmen, wozu besonders annoncirt werden soll. — Schönheide, 23. September. Zu der heute Vormittag 10 Uhr im GambrinuSsaale abgchaltencn Körner feier hatte sich, außer den betheiligten Schülern, eine größere Anzahl erwachsene Teilnehmer eingefunden. Zum Gedächtniß des Gefeierten wurden von den Schülern verschiedene Gedichte Körners deklamirt und einige seiner Liecer (Schwertlied, Lützow'S wilde Jagd) gesungen. Herr Schuldirektor Tittel entrollte in der von ihm gehaltenen Festrede in überaus fesselnder Weise ein Lebensbild deS Dichter«; Redner führt etwa folgendes aus: Körner, ausge wachsen zu einer Zeit, in welcher Deutschland „von der Maa« bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt" unter dem Joch der Fremdherrschaft seufzte, wurde schon in früher Jugend von heißer Liebe zu seinem Vaterlande entflammt, sodaß er das Gelübde ablegte: „Deutschland, Deutschland über Alles, über Alles in der Welt!" Seine Liebe zum Vaterlande zeigt sich zunächst in seinen dichterischen Schöpfungen, in denen er besonders die deutschen Frauen und die deutsche Treue besingt. Als jedoch im Jahre 1813 das deutsche Volk einmüthig sich erhebt zum begeisterten Freiheitskampfe, da vertauscht er die Leher mit dem Schwerte. Er tritt in das Lützow'sche Freicorps, um „Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland" mit zu erkämpfen, wird jedoch schon nach kurzer Kriegerlaufbahn von einer feindlichen Kugel dahingerafft. Körner möge allen deutschen Knaben als Vorbild dienen; sie mögen gleich ihm nach Deutschlands Einigkeit und Recht und Freiheit streben. Die deutschen Mädchen sollen aber durch Körners Vorbild zu dem Wunsche und dem Gebete begeistert werden: „Blüh' im Glanze dieses Glückes, blühe deutsches Vaterland!" — So. Maj. der König machte gelegentlich der inLeipzig stattgcfundcnen Manövcrtafel den Komman deuren deS Königs-Husaren-RegimentS (Großenhain) und res 8. Infanterie-Regiments Nr. 107 die hoch erfreuliche und die Regimenter ehrende Mitthcilung, daß er denselben in Anerkennung ihrer im französische» Felvzuge bewiesenen Tapferkeit und guter Leistungen im Manöver je eine erbeutete Mitrailleuse aus dem Zeughause überwiesen habe. Dieselben werden in den Höfen der betreffenden Kasernements zur Auf stellung gelangen. — Plauen. In der Nacht vom Sonnabend zum Souutag gegen '/2I Uhr bemerkte der auf der Haltestelle Neundorf Nachtdienst habende Arbeiter H. beim Austritt aus dem Stationsgebäude, daß eine männliche Person plötzlich über die Gleise nach dem Garten des Bahnmeisters zu sprang. Der Arbeiter vermuthete in diesem Manne einen Obstdieb und ging schnellen Schrittes eine Strecke nach, bis er die in der Nähe liegenden Wiesen nach dem Seehause über sehen konnte, doch war von dem vermeintlichen Diebe nichts zu entoecken. Bei der Rückkehr nach dem Stationsgebäude bemerkte er jedoch, daß in der Nähe des dort liegenden Schwellenhaufeus eine Schwelle quer über das rechte von Plauen kommende Gleis gelegt war; der Arbeiter weckte sofort den Haltestellen aufseher K. und beide entfernten die Schwelle vom Gleise, so daß die böswillige Absicht des ruchlosen ThäterS, dem Nachts gegen 3 Uhr verkehrenden Schnellzug Nr. 220 ein Hinderniß zu bereiten und denselben womöglich zur Entgleisung zu bringen, glücklicherweise vereitelt wurde. Hoffentlich gelingt es, diesen Burschen zu entdecken und ihn seiner wohl verdienten Strafe zuzuführen. — Frankenberg, 22. September. Vergangene Nacht wurde unsere Stadt 2 Mal durch Feuerlärm erschreckt., DaS erste Mal in der I. Stunde nach Mitternacht brannte die zum Sarfert'schen Mühlen grundstück gehörige Scheune nieder. Die übrigen Gebäude sind dank der Thätigkeit der Feuerwehr und infolge des eingetretenen Regens verschont geblieben. Nachdem die Hauptlöscharbeit vollendet und die Land spritzen zum Abrücken bereit waren, erscholl der Feuerruf nach der Sonnenstraße, woselbst die dem Fleischcrmeister Oskar Böttcher gehörige Scheune in Flammen stand. Die Schnelligkeit der herbeigeeilten Hülfe ermöglichte es, daß einer der gefährdetsten Stadttheile vor weiterem Unglück bewahrt blieb. Die Gleichheit der Brandobjekte in einer Nacht lassen böswillige Brandstiftung vermuthen. — Reiboldsgrün. Der in weiten Kreisen des VogtlandeS und deS Erzgebirges wohlbekannte, weithin gesehene und von Touristen und Naturfreunden gern besuchte Reiboldsgrüner massive'AuSsichtS- thurm befindet sich, wie neuerdings geschrieben wird, gleich seinem hölzernen Nachbar auf dem Schönheider Kuhberge in recht traurigem Zustande, was auf das Lebhafteste zu beklagen ist. Der Reiboldsgrüner Thurm ist daher geschlossen worden. — Anläßlich der jetzt erfolgten Entlassungen der Reservisten und Dispositionsurlauber dürfte es am Platze sein, kurz auf die einschlägigen Bestimmungen über die Pflichten im Beurlaubten verhältnisse hinzuweisen. Jeder Reservist oder Dis positionsurlauber hat, von dem Tage der Entlassung an gerechnet, sich innerhalb 14 Tagen bei dem Be- zirkSseldwebel zu melden, zu dessen Kompagniebezirk der von ihm gewählte Aufenthaltsort gehört. Diese Meldung ist auch dann erforderlich, wenn der Ent lassene an dem Orte bleibt, in welchem sein bisheriger Truppentheil in Garnison steht. Verzieht jedoch der Reservist oder Disposition-Urlauber innerhalb dieser Meldefrist nach einem anderen Orte, so hat die An- und Abmeldung ebenfalls innerhalb dieser Frist zu erfolgen, die Meldungen können aber auch, wie aus de» Paßbesiimmungen zu ersehen ist, schriftlich er stattet werden. Bei einem späteren Wegzuge nach einem andern Kompagniebezirke muß die Abmeldung stets vor dem Verzüge erfolgen. Die Dispositions urlauber haben bei jedem Aufenthaltswechsel vorher die Genehmigung des LandwehrbezirS-CommandeurS durch Vermittelung des zuständigen BezirksfelvwebelS nachzusuchen. Wer verzieht, ohne die Genehmigung nachgesucht oder erhalten zu haben, wird zur Strafe sofort wieder zu seinem Truppentheile einberufen. Aus vergaugeuer Zeit — für unsere Zeit. 24. September. -Racbvrnck verboten.. Es ist ein wunderbares Zusammentreffen, daß auf den Tag nach dem IVO. Geburtstag Theodor Körners der IVO. Geburtstag seines intimen Freundes Friedrich Förster fällt, der am 24. September I7SI geboren ist. Auch er war Dichter und namentlich Historiker. Auf einer Reise nach Freiberg be freundete er sich mit Körner und auf dessen Anrathen trat auch er 1813 in das Lützow'sche Frcicorps ein. Als Offizier wurde er in der Schlacht an der Göhrde verwundet, ebenso 1815, doch ward er wieder geheilt und hat noch ein langes und er folgreiches Leben gehabt. Er ist als Hosrath 1888 gestorben.' Er hat viele Werte über preußische und deutsche Geschichte ge schrieben und auch Dramen, Kriegsliedcr, Romanzen, und No vellen verfaßt. 25. September. Am 25. Septeniber I8i8 starb der berühmte Geograph und Kartograph August Peterniann. Ohne selbst hervorragen der Forscher und Reisender zu sein, ist doch sein Name unlöslich verknüpft mit fast allen Entdeckungsreisen der Neuzeit; und das mit Recht. Er war es nämlich, der als Vorstand des geographischen Institutes von Justus Perthes in Gotha und als Redakteur der weltbekannten „Geographischen Mittheilungen" jene mustergiltigen Kartenwerke lieferte und jenes Reise- und Forschermaterial sichtete und verarbeitete, das dann allgemein zugänglich gemacht wurde. So war Petermann gleichsam der Punkt, von dem die geographischen Expeditionen ihren Ausgang nahmen und endeten, die wissenschaftliche Centrale des ewig regen Forschergeistes. Erna. Novelle von L. Haid heim. (23. Fortsetzung.) Das ging so eine Weile fort, ein Tanz folgte dem andern. Erna schwebte wiederholt am Arme ihrer Tänzer an ihm vorüber und er freute sich ihrer Gra zie, ihrer prachtvollen Heiterkeit. Darüber bemerkte er nicht, daß durch eine der anderen Thüren Ritberg mit seinem Anhang trat, daß diese Herren sich zu den Anderen gesellten, daß sie diesen heimlich im Vorbeigehen flüchtige Worte zuraunten, bei welchen einige lebhaft nickten, andere achselzuckend ablehnten. Nach und nach fiel es aber doch Erich Willwart aus, daß sich keiner dieser Herren, die er alle mehr oder minder gut kannte, in den Tanzpausen auch nur mit einer Frage an ihn wandte. Dagegen bemerkte er, wie zwei und drei hier und da zusammenstanden, lebhaft tuschelten und verstohlen nach ihm blickten. WaS hatten sie? Auf einmal — wie ein Blitz fiel ihm der Em pfang ein — das plötzliche Verstummen, die verlege nen oder kalten Mienen —! Dann erinnerte er sich, wie lose man ihm die Hand gereicht, wie schnell man die seinige fallen ließ. ES überlief ihn heiß. Lag da eine Absicht vor? Und kaum entstand die Frage in ihm, so las er schon die Bejahung von jedem Gesicht. Zugleich wurde er sich bewußt, raß er schon länger allein hier an der Thür stand, daß die anderen Herren sich alle von derselben weg an jene gegenüberliegende gezogen hatten, wo Ritberg mit einem fatalen Lächeln Bemerkungen machte, welche verstohlen belacht wurden, während man verstohlen nach ihm hinüberschielte. Er sah scharf hinüber. — Die Gruppe löste sich auf, da eben ein neuer Tanz begann. „Ich irre wohl!" sagte Erich sich und wußte doch, daß er sich keinesfalls in einer schwarzseherischen Laune befand. „Machen wir die Probe auf das Exempel!" dachte er weiter und wieder fühlte er, wie ZorneSgluth ihm in das Gesicht stieg. Sobald der Tanz beendet war, trat er in den Kreis der Herren und redete einige derselben an. Sie waren ihm von Froysbergs Gelagen her wohl bekannt. Einer und der Andere hatten ihm schon nach dessen Tod Besuche gemacht. ES blieb ihm kein Zweifel. Der erste antwor tete mit verlegenen Mienen und ging, sich entschul digend, zu einer der Damen, der zweite sagte ein paar Worte und Ihat darauf, als habe ein Anderer ihn angerufen, ein dritter hielt ein einfache- Ja und Nein für genügend. DaS Herz schlug Erich Willwart bi- in den HalS hinauf; er hätte nie für möglich gehalten, daß man dergleichen gegen ihn wagen würde. „Ruhe! Ruhe!" sagte er sich und blickte mit großen festen Augen in dem Kreise der Männer um her. Niemand hielt seinem Blicke Stand — man sah an ihm vorüber, als sei er Luft. Und nun stand er wieder allein, denn wie auf Parole fand einer nach dem Andern eS an der Zeit, auf irgend eine Weise fortzukommen. Drüben aber stand Graf Ritberg und strich mit höhnischem Lächeln den Bart.