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(Tonnen), welche in einem besonderen Raume, dem Apparatkeller, unter dem Abortschlauch aufgestellt sind, aufgefangen und regelmässig abgeführt werden. Die Tonnen haben je nach der Zahl der einen Abort be nutzenden Einwohner einen grösseren oder geringeren Fassungsraum, doch übersteigt derselbe in der Regel nicht 5—6 Cubikfuss, bei welchem die gefüllte Tonne noch mit den einfachsten Vorrichtungen aus dem Apparat keller geschafft und verladen werden kann. Das Fassabortsystem erfährt in neuerer Zeit eine immer grössere Beachtung und wird besonders in Leipzig, Dresden, Graz u. a. 0. mehr und mehr eingeführt. In Graz ist dasselbe zur fast ausschliesslichen Anwendung gelangt und der Verfasser, welcher im September vorigen Jahres Graz besuchte, verdankt dem i überaus freundlichen Entgegenkommen der dortigen | Herren Stadtbau-Direktor Linner und Ober-Ingenieur Früchtli eine Reihe interessanter Mittheilungen über das an gedachtem Orte angewendete Fassabortsystem, über welche folgende kurze Relation hier Platz fin den möge. Das Fassabortsystem ist in Graz seit dem Jahre 1856 in allen neuerbauten, sowie in denjenigen Häu sern, an welchen grössere Rekonstruktionsbauten vor genommen wurden, in Folge eines in demselben Jahre erlassenen Gesetzes eingeführt. Das in Rede stehende System fand bald eine so günstige Beurtheilung Seitens des Publikums, dass eine namhafte Anzahl Besitzer älterer Häuser sich zu dessen Einführung aus eigener Initiative entschlossen, während in einer anderen Anzahl älterer Häuser die Einführung des Fassabortsystems zu folge bemerkter sanitärer Uebelstände behördlich an geordnet wurde. Der Erfolg der neuen Einrichtung war ein so zufriedenstellender, dass der Beschluss gefasst wurde, allmählig und längstens innerhalb des Zeitraumes von 6 Jahren sämmtliche Häuser der Stadt Graz mit Fass apparaten zu versehen, wobei die Reihefolge von Salu- britätsrücksichten abhängig gemacht wurde. Als Latrinengefässe werden in Graz gewöhnliche eichene, in geeigneten Räumen aufgestellte Tonnen ver wendet, in deren einem Boden ein viereckiges Loch ein geschnitten ist, über welchem der Abortschlauch mündet und welches vor dem Transport der gefüllten Tonnen durch einen Deckel geschlossen wird, der durch einen in 2 Oesen liegenden Keil angetrieben wird. Durch polizeiliche Vorschriften ist dafür gesorgt, dass in die Tonnen nur Exkremente, nicht aber Spül- und sonstige Hauswässer gelangen dürfen. Die Tonnen sind in den Parterres oder Souterrains der Häuser, meistens in den ehemaligen gemauerten Abortgruben aufgestellt und werden zur Zeit des Wech sels in einfachster Weise mittelst eines Seiles, ähnlich wie die Wein- oder Bierfässer, aus den Kellern über die Truppenstufen heraufgezogen. Die Abfuhr der Tonnen erfolgt nach einem streng geregelten Dienste auf Kosten der Hauseigenthümer und ist ein von jedem Transportunternehmer beizu stellender Schaffer für die Regelmässigkeit der Abfuhr und für die Reinhaltung der Apparatenkeller verant wortlich. Während des Frühjahres und Herbstes werden die Exkremente gern von den Landwirthen zur Dün gung der Felder benützt, zu anderen Zeiten, wo diese Verwendung nicht stattfindet, aber in den reissenden Murstrom unterhalb der Stadt gegossen. Es hat sich jedoch in neuester Zeit in Graz eine Gesellschaft ge bildet, welche unter für die Stadtgemeinde sehr gün stigen Bedingungen die sämmtlichen in Tonnen gesam melten Exkremente auf Kunstdünger verarbeiten will und die Fabriksanlagen bereits errichtet. Nach den Mittheilungen des um die technische Entwicklung des Grazer Fassabortsystems sehr verdien ten Herrn Stadtbaudirektors Linner haben die frischen Faecalmassen sechsmal so viel Düngerkraft als der Kuhdünger und dreizehnmal so viel als Pferdemist, und bilden somit ein sehr werthvolles Düngemittel. Es wird jedoch dabei vorausgesetzt, dass eine Zersetzung der Faekalien noch nicht eingetreten ist und dass mit den Faeces zugleich auch der stickstoffreiche Urin zur Ver wendung gelangt. (Fortsetzung folgt.) Ueber die gemischte Expansion. Von Prof. Gustav Schmidt in Prag. Das 1., 2. und 3. Heft des 17. Bandes, Jahrgang 1873, der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure enthält eine sehr instruktive Abhandlung des Herrn Generalinspektors der Staatsbahn August Bochkoltz : „Mittheilungen über Wasserhaltungsmaschinen und über praktische Resultate des Kraftregenerators“, in welcher Abhandlung der neue Begriff „gemischte Ex pansion“ eingeführt wird. Der Herr Verfasser spricht sich Seite 89 hierüber folgend aus: „Zu bemerken ist ferner, dass der Dampf schon w ä h r e n d der A d- missionsperiode eine theilweise und sehr regel mässige, jedoch in einem geringeren Grade als während der eigentlichen Expansionsperiode vor sich gehende Expansion erfährt; mit Rücksicht darauf, dass sic bei gleichzeitiger Admission stattfindet, nenne ich sie eine g e m i s ch t e E x p a n s i o n. So auffallend dieselbe, namentlich wegen ihres erheblichen Grades auf den ersten Blick erscheinen mag, so findet sie doch ihre voll ständige Erklärung in der während der ersten Hub hälfte durch den Kraftregenerator (ein sehr grosses Pendelgewicht, welches an dem dritten, nach abwärts gerichteten Arm des Contrebalanziers angebracht ist, und sowohl die Ventileröffnung der Pumpen- und Druck ventile ohne Gestängsüberlast, wie insbesondere die bedeutende und gefahrlose Vergrösserung der mittleren Auf- und Niedergangsgeschwindigkeit bewirkt) hervor gebrachten beschleunigenden Wirkung, indem bei In gangsetzung der Maschine, ebenso wie bei jeder an deren, das Handventil nur so weit geöffnet werden darf, dass der Dampfkolben seinen vollen Hub erreicht: die so gegebene Öffnung des Handventils gestattet aber mit Rücksicht auf die respektiven Dampfspannungen in einer gewissen Zeit nur den Durchgang eines Dampf volumens, welches kleiner ist, als das vom Dampfkolben unter der gleichzeitigen beschleunigenden Wirkung des