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Mittelpunkt Tante Luise mit sichtlicher Befriedigung einnahm. Herr Kaland lachte vergnügt, machte den liebens würdigen Wirth gegen Alt und Jung mit jener ihm eignen zwangslosen Ruhe und Sicherheit und blickte nur zuweilen heimlich mit unruhiger Sorge nach dem immer gleichmäßig freundlichen Gesicht seiner Tochter, welches niemals aufleuchtete in einem wärmeren Em pfinden, und auf dessen weißer Stirn eine nie ver schwindende Wolke stiller, sorgsam verheimlichter Trau rigkeit lag, welche nur der erkannte, welcher Erna früher lächeln und lachen gesehen. .WaS fehlt dem Kinde, Fräulein Meister?" fragte der reiche Mann jeden Abend. .Seine Puppe!" hatte Tante Luise zuerst herbe geantwortet, dann erklärte sie, Erna sei im Stadium, wo jede» Mädchen durchaus eine „unglückliche Liebe" haben müsse, das gehe vorüber, wie das Zahnen bei den Kindern. Nur zuletzt, al« immer noch dieser Schatten über dem Wesen ihres Zöglings lag, gab sie zu, daß Erna immer eine Art weiblicher Don Quixote gewesen und sich stets gemüßigt gefunden habe, für die Angegriffenen Partei zu nehmen, wo für eS ihr obne Zweifel auch noch einmal übel er gehen werde. Herr Kaland brauchte keine Erklärung für die Charakteristik seiner Tochter; die starkgeistige Philo sophin hielt ihn fleißig auf dem Lausenden betreffs de« landesüblichen Klatsches und verfehlte niemals, daran die Versicherung zu knüpfen, daß, wer sie be trügen wolle, früher aufstehen müsse. Was aber den Klatsch betraf, so bewies derselbe die Unfehlbarkeit der philosophischen Tante mehr, al« Kaland je geahnt. Welche furchtbare Situation wäre es für ihn und sein liebes einziges Kind gewesen, wenn dieses jetzt die Braut eines Mannes wäre, von dem man immer lauter und entschiedener behauptete, er sei doch der Mörder seines Vetters — wie auch immer das Re sultat der von seinem Studiengenossen und intimen Freunde Birkner geleiteten Untersuchung laute. Die allzeit geschäftige, anklagende Bosheit, wie die abwehrende Freundschaft hatten sich stets vor immer neu auftauchenden wirklichen oder falschen Indizien gefunden. Akm berichtete von Aeußerungen Kyburgs, man hatte von den Dienstleutcn auf Froysberg aller lei Aussagen über Differenzen der Herren, über die Geldnoth WillwartS erforscht. Es gab ein Brieffrag ment — zerrissen und halb verregnet, worin eine Dame — Theodora v. Willwart wahrscheinlich — ihn überredete, zu dem Aeußersten sei eS noch immer Zeit, ein Mann in seiner Lage müsse ebenso rechtzei tig warten, wie handeln können; der Prinz sei ge sonnen, alle Hebel für ihn in Bewegung zu setzen. — Jetzt neuerdings, erst gestern, war Rochlitz mit bleichem Gesicht zu Kaland gekommen und hatte berichtet, daß man herausgebracht, WillwartS Gewehr habe ganz genau das gleiche Kaliber, dieselbe Form der Kugel wie dasjenige, mit welchem FroySberg sich erschossen. DaS Alles im Einzelnen war nichts, aber eins an das andere gereiht eine solche Kette von Verdachts momenten, daß die beiden Herren wohl recht hatten, in ernster Sorge zu berat hen, was den Freunden WillwartS zur Pflicht werde. Aber waren sie denn überhaupt verpflichtet? Kaland gewiß nicht. Und hatte Willwart nicht ältere Freunde. Wußte denn Diringer nicht« von diesem allen, und sollte denn Niemand ihm sagen, wie nun auch jene alte FroySbergsche Erbschaftsgeschichte mit allen Einzelheiten wieder zu Verdachtsmomenten gegen Will wart ausgebeutet wurde? — .Diringer schreibt ein Werk über Fortifikalion, heißt eS, und soll nach Metz gereist sein," sagte Rochlitz. .Aber seine Kameraden —?" Rochlitz wußte nicht, was diese erfahren hatten. „Ich habe gestern bei Sathen« einen Disput mit Ritberg gehabt," erzählte er, „der sehr nahe an ein ernstes Renkontre streifte. Ritberg ist meinem Ge fühl nach von einem wahren Haß gegen Willwart erfüllt. Er ist die Seele einer Koalition, die sich gegen den armen Kerl gebildet hat, und ich will Ihnen sagen, Kaland, um was eS sich bei diesem allen han delt: um die Eifersucht." — Kaland sprang von seinem Sessel auf und sah ganz blaß au» vor Erregung. Rochlitz hatte, den Ringen seiner Zigarre nach blickend, eine Weile vor sich hingesehen; jetzt begann er von Neuem zu reden und Kaland hörte ihm, lang sam auf und ab gehend, ernst zu. „Man sagt, Erna liebe Willwart; sehen Sie, da« ist, meines Erachten», einer der ersten Gründe für Ritberg, den gefährlichen Nebenbuhler unmöglich zu machen. Er erfindet nicht«, eS kann ihn kein Mensch tadeln, wenn er einfach da» Unrecht an sich verfolgt, sei dasselbe verübt von wem immer. Da« warfen mir auch die anderen Herren ein, da ich leider hitzi ger al« nöthig vorging." „Ja, ja! ich begreife. Und wer kann den Leuten verwehren, eS zu machen wie Graf Ritberg?" fragte Kaland. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Große Schiffe. Die englische Cunard-Ge- sellschaft hat bei einer Schiffswerft in Glasgow zwei Schiffe bestellt, welche die größten sein werden, die den Ozean befahren. Sie werden derartig gebaut, daß sie in Kriegszeiten als armirtc Kreuzer Verwend ung finden können. Die Länge dieser Riesenschiffe soll 600 Fuß betragen, sie werden demnach 80 Fuß kürzer als der verflossene „Great Castern", dagegen erhalten die Schiffe dreimal soviel Pferdckräfte als genanntes Schiff. Der Bau dieser Schiffe, deren Entwürfe Veranlassung zu langen und eingehenden Berathungen gegeben haben, erregt in maritimen Kreisen großes Interesse. Die Fertigstellung soll zum Frühjahr 1803 erfolgen, sodaß die Schiffe dem Pas ägierverkehr zur Chicagoer Weltausstellung dienen können. — Wie die Araber unsere Zugvögel be handeln. Reisende, die in den Herbst- und Winter monaten nach Egypten kommen, fühlen sich angenehm überrascht, so viele unserer heimathlichen Vögel munter und wohl unter der heißen Sonne wiederzufinden. Tausende von Schwalben durchsegeln die blaue Luft, Bachstelzen, Staare und Wiedehopfe nehmen das Nilthal bis Luxor in Beschlag und beleben die Fellah- dörfer, während eS unsere Sänger meist weiter hinaustreibt nach Jnncrafrika. Was aber am meisten auffällt und das erste Mal gewiß Wunder nehmen wird, ist der Umstand, daß diese Vögel in Afrika weit weniger scheu sind, als bei uns. Wie werden ie aber auch behandelt! Niemand legt ihnen etwas n den Weg oder thut ihnen etwas zu Leide; man merkt es ihnen ordentlich an, daß sie gern unter diesen braunen Sonnenkindern leben. Der bei uns o scheue Wiedehopf fliegt in Egypten dem Menschen auf die Hand, ebenso Bachstelzen und andere Zug vögel. Die Liebe, welche das fremde Land ihnen einflößt, veranlaßt denn auch viele derselben, den Sommer über dort zu bleiben und zu brüten. Die Jungen machen dann im folgenden Jahr, wenn die Alten von dem alten Wandertrieb überwältigt werden, die Reise nach Europa mit. Nur einen Vogel giebl es, dem der Araber nachstellt, das ist die Wachtel. Wenn diese zu Beginn des Herbstes an der egyptischen Küste ankommt, dann stellt auch der Araber seine Ziehe aus. Sobald die Vögel jedoch die arabische und libysche Wüste erreicht haben, werden sie nicht mehr behelligt. In Egypten sind also Vogelschutz vereine nicht von Röthen. Sollten wir uns nicht ein Beispiel hieran nehmen. — Wie kocht man wässerige Kartoffeln schmackhaft! Sehr oft hört man klagen über schlechte Kartoffeln; um derartige nicht nutzlos wegzuwerfen, versuche man eS folgendermaßen: „Die Kartoffeln werden geschält, gewaschen und zum Ablaufen gestürzt! Hierauf vermenge man dieselben mit Salz, etwas Kümmel und schütte sie in einen eisernen Topf. Dieser Topf wird mit einem möglichst ebenen Deckel von Eisenblech bedeckt, dessen Henkel nach innen ge legt wird! Hierauf stürzt man den Topf auf den Kopf, d. h. ganz um, und schiebt ihn derartig auf den heißen Heerdofen, daß die Kartoffeln auf dem Deckel liegen bleiben! Je nach der Hitze des Ofens brauchen die Kartoffeln ca. 1 Stunde zum Weich kochen. Bei der Probe wird man finden, daß diese Kartoffeln außergewöhnlich gut und mehlig schmecken. — Dies Verfahre» gilt in der Hauptsache neuen, überhaupt wässerigen Kartoffeln, für welche Wasser zusatz nach dem alten Kochrezept keinesfalls empfehlens- wcrth ist!" — — Gurkenkrankheit. Am Rhein herrscht stark die Gnrkenkrankheit, infolge deren die Gurkenpflanzen absterben. Der auf dem Gebiete der Mikroskopie berühmte Freiherr von Schilburg entdeckte an der erkrankten Gurkenranke bisher unbekannte, kaum drei viertel Millimeter lange, aalartige Thierchen von fast glasiger Durchsicht. Dieselben befallen auch die Zuckerrübenfelder. — Eine neue Kur macht, amerikanischen Blät tern zufolge, jetzt in San Francisco viel Aufsehen. Ihr Entdecker, der I)r. meä. Kuddelmuddel, hat da mit bei Magenleidenden, die von allen anderen Acrz- ten aufgegcben waren, die erfreulichsten Erfolge erzielt. Er sagt sick, man muß den eigensinnigen Magen be handeln, wie ein Gaucho in Brasilien ein wildes Pferd zähmt, indem er ihin ans den Rücken springt und es in die Steppe hetzt, bis cs ermüdet zusammen bricht und die Macht des Reiters anerkennt. Man muß den Magen durch die unsinnigsten Gerichte in Tobsucht versetzen nnd nicht eher darin nachlassen, bis er den Kampf ermüdet aufgiebt. Die Ausführ ung dieser kühnen Idee war von den herrlichsten Er folgen gekrönt. Zwar schildern alle Patienten die ersten vierzehn Tage als eine furchtbare Zeit. Sie hatten Empfindungen, als würden unzählige Ratten von kläffenden Rattenbeißern unablässig durch ihre Gedärme gejagt, und dann wieder, als rotirten in ihrem Innern eine Menge von Stahldrahtbürsten, oder als würden dort fortwährend Regenschirme auf gespannt. Dann aber stellte sich allmählich ein Zu stand seliger Ruhe und unsäglichen Appetits ein, und nach vier Wochen war die Heilung vollendet. Fol gender Speisezettel liegt der Kur zu Grunde: Erstes Frühstück: Milchsuppe mit Gurkensalat und Backpflau men. — Zweites Frühstück: Saurer Hering mit Schlagsahne. Beefsteak in Vcilchensyrup. — Mittag essen: Heidclbeersuppe mit Radieschen nnd Pfeffer gurken. Schleie in Anis. Reineclauden in Essig und Oel. Rehziemer mit Schnittlauch, Zucker und Zimmet. Chokoladenpudding mit Remouladensauce. Gurkenreis. Syrup und alter Käse. — Abendessen: Pellkartoffeln mit Himbeersauce. Klops in Vanille creme. — Eine Feuer-Geschichte. Ein ehelicher Zwist war am Mittwoch Abend in Berlin die unbeabsich tigte Veranlassung einer Alarmirung mehrerer Lösch züge der Feuerwehr. Im Hause Wienerstraße 84 hatte ein zärtlicher Ehegatte seine bessere Ehehälfte durchgeprügelt und in ihrer Angst hatte die mißhan delte Frau zum Fenster hinaus „Feuer, Feuer" ge rufen. Passanten, die das gehört, waren sofort zur Feuerwehr gelaufen und hatten diese alarmirt. Das streitlustige Ehepaar war hoch erstaunt, als plötzlich in langen Zügen die Feuerwehr heranrasselte und das Feuer ehelichen Zwistes mit Strahlen kalten Wassers löschen wollte. — Ein Heirathsantrag vor 50 Jahren. In der Altonaer Zeitung vom 13. September 1841 kann man nachstehendes HeirathSgesuch lesen: „Ich bin eine Wittwc von 43 Jahren, das ist noch kein Unglück, obgleich ich schon 3 Jahre Wittwe bin. Mein Gewerbe ist gut und mein Einkommen nährt einen Mann, auch bin ich hübsch. Im Theater sprach mich neulich Einer „Fräulein" an. Ich übe das Geschäft des Pergamentmachens aus. Nach Holland liefere ich die Häute Nr. 7 und 9, nach Belgien Nr. 1 und 4, nach Dänemark blos Nr. 2. Die anderen Nummern sind noch zu vergeben, ebenso wie ich selbst. Ein Schweizer wäre mir der liebste, wenn er Connex- ionen in Genf hätte. Baar besitze ich 1400 Thaler. Briefe portofrei. Auch habe ich einen Sohn, 23 Jahre alt, der sich aber selbst versorgt, er ist Chorist im städtischen Theater zu Hamburg. Felice Kriegel- mann, Pergament- und Trommelmacherin. Altona, Schloßhof Nr. 73. — Vergnügt. Der Herr Schulrath prüft die Klasse. Gereizt wendet er sich zum Lehrer, der sich bei den dummen Antworten der Jungen die Hände reibt: „Aber, Herr Lehrer, worüber freuen Sie sich denn! Sie hören doch, daß die Kinder gar nichts wissen." — Lehrer: „Na, Herr Schulrath, cs freut mich doch, daß Sie aus den Bengels auch nichts 'rausbekommen." — Schwäbischer Preußenhasser: „Des is gar nix meh', seit wir bei de Preiße sind: Sol dat müeßet m'r werden und Steure müeßet m'r zahle und's Maul muß mau halte!" — „Sag' mal die Wahrheit, Hans — wann bischt Du Soldat gewese, wann hoscht Du Steure zahlt und wann hascht Du je 's Maul g'halte?" Gedankensplitter. Verläumduntz und Schmeichelei sind Milchschwestern, deren Amme die Lüge ist. Durch eigenen Schaden werden Viele klug und durch fremden reich. Daß man sein Herz verloren, merkt man selbst: daß man den Kopf verloren, merken die Andern. Es hat meist böse Folge», wenn Einer Ehemann wird, ehe er Mann geworden. Die mit bescheidenem Loos Ihr unzufrieden seid. Weil Andere, hetzend, Neid und Mißgunst stisten: Es kann ein Tropfen Unzufriedenheit Einen ganzen Becher voll von Glück vergiften. Wem Gott in's Herz die Lieb' gesenkt Und in die Brust die Lieder — Wird er auch tausendmal gekränkt: Er liebt, er singt doch wieder! Glück ist gern für sich allein, Unglück will bei Andern sein. Müdigkeit der Glieder, Unlust, mangelnder Appetit, verbunden niit Blutandrang nach Kopf und Brust, lassen stets auf eine gestörte Verdauung schließen, die sich am besten, billig ste» und zuträglichsten durch den Gebrauch der ächten in den Apotheken ü Schachtel M. I.— erhältlichen Apotbeker Aichard Brandt'« Schweizerpillen beseitigen läßt. Die auf jeder Schach tel auch quanlitativ angegebenen Bestandtheile sind: Silge, Moschusgarbe, Aloe, Absynth, Bitterklee, Gentian. StanLrsamllichc Nachrichten von Eibenstock vom 9. bis mit II). September 1891. Geborene 233) Dem Fleischer Ernst Louis Meichßner hier 1 T. 934) Dem Hufschmied Gottfried Louis Penzel hier I T. 238) Dem Eisengießer Gustav Emil Hahn hier 1 S. 938) Der ledigen Maschinengehilstn Marie Emilie Queck hier 1 S. 237) Dem Maschinensticker Gustav Immanuel Müller gen. Leonhardt hier I S. 238) Dem Oeconomiegehilfen Her mann Friedrich Auerswald hier 1 S. Aufgeboten: 44) Der Postunterbeamte Paul Theodor Unger in Ehemnitz mit der Margaretha Johanna Christiana Fran» hier. Eheschließungen: 48) Der Maschinensticker Albert Emil Riebner hier mit der Stickerin Lisette Milka Hager hier. Gestorben: 182) Der Tischlermeister Christian Ludwig Fürchtegott Petzold hier, ein Ehemann, 76 I. 7 R. 19 T. "183) Des Hausmanns Gustav Adols Vogel hier Sohn, Curt Gustav, 3 M. 21 T. 184) De« Bäckers Carl Gustav Bleyer hier Sohn, Paul, 4 I. 2 M. 29 T. 184) Des Vordrucke!» Earl Gustav Markert hier Sohn, Carl Gustav, 6 M. 3 T. 186) DeS Maurers Ernst Unger hier Tochter, Anna Emilie Olga, 2 I. 2 M. 8 T. 187) Des Eisengießers Friedrich Al ban Göbler gen. Schlegel hier todtgeb. Tochter. 188) De« Formers Karl August Meichsner hier Sohn, Erich Hans, 3 I. 6 M. 8 T. 189) Die Maschinenslickersehefrau Hulda Minna Unger geb. Scheiter hier, 38 I. I M. 17 T.