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Lichter am 14. September jeden Jahres soll bekannt lich darauf Hinweisen, daß von dieser Zeit an in den Werkstätten der Gewerbetreibenden Abends bei Licht gearbeitet wird. — Leipzig. Eine neue Art Schwindel ist hiersclbst zur Ausführung gebracht worden. Vor einigen Tagen erschien bei einem in der Dörrienstraße dienenden Mädchen eine ihm völlig fremde Frauens person und erzählte, daß ein Herr große Zuneigung zu dem Mädchen gefaßt habe und innigst wünsche, dasselbe näher kennen zu lernen. Um dies nun zu vermitteln, solle das Mädchen nächsten Sonntag zu der Frau kommen, da lasse sie ihr Kind tanfen und habe bereits den betreffenden Herrn als Pathen ein geladen, der nichts sehnlicher wünsche, als daß seine Heißgeliebte gleichfalls Pathenstelle bei ihrem Kinde übernehme. Die also Begehrte konnte unmöglich nein sagen und »ahm die Pathenstelle an. Dankerfüllt wollte sich nun die Unbekannte entfernen, klagte zuvor aber noch ihre Noth, daß sie gänzlich von Geldmitteln entblößt sei, so daß die erkorene Pathin sich bestimmen ließ, schon jetzt das Pathengeschenk in Höhe von i) Mark der jammernde» Mutter zu übergebe». Als diese sich entfernt hatte, kam das Mädchen erst wieder recht zur Besinnung, und nun erschien ihm die Ge schichte doch etwas gar zu romanhaft. Als aber vollends die von der Unbekannten angegebene Adresse ihrer Wohnung sich als falsch erwies und dieselbe nirgends zu ermitteln war, merkte schließlich das Mädchen, daß cs einer Betrügerin in die Hände ge fallen war, und erstattete Anzeige beim Polizeiamte, von welchem die umfassendsten Erörterungen nach der Schwindlerin, gegen welche bereits zwei Anzeigen über gleiche Betrügereien Vorlagen, angeordnet worden sind. — Eine Deputation vcS Kirchengesangvereins zu Lindenau hatte sich zu Frau Rosine Hauben reißer nach Großzschocher begeben, von welcher Th. Körner nach seiner ersten Berwunvung am 7. Juni 1813 eine Zeit lang in Leipzig gepflegt wurde, um sie zur Körner-Feier in Lindenau einzuladen. Die selbe wird der vom Kirchengesangverein veranstalteten Gedachtnißfeier am 23. d. M. beiwohnen. — Aue, 14. Seplbr. Die diesjährige Haupt versammlung des Erzgebirgsvereins, die gestern hier unter sehr zahlreicher Betheiligung statt fand, eröffnete der Vorsitzende, Seminaroberlehrer I>r. Köhler, mit einer trefflichen Ansprache, worin er auch betonte, daß es sich zur Pflege der Heimakhs- nnd Vaterlandsliebe empfehle, für Aussichtspunkte, Wege, Felsen rc. die Namen erzgebirgischer Dichter, Historiker, Naturforscher rc. zu wählen, um oirse da durch im Gedächtniß der Bewohner zu erhalten. "Nachdem die Versammlung vom Bürgermeister I)r. Kretzschmar Namens der Stadt Aue und Kirchschul direktor Dreher im 'Namen des Zweigvereins Auerthal herzlich begrüßt worden war, stimmten die Versammel ten freudigst der Absendung eines Begrüßungstele gramms an den durchlauchtigsten Protektor des Erz- gebirgvereins, Sr. Königl. Hoheit Prinz Georg zu. Vom stellvertretenden Vorsitzenden Herrn Seminar oberlehrer Möckel wurde hierauf die Mittheilung ge geben, daß der Erzgebirgsverein l)r. Köhler, den lang jährigen ersten Vorsitzenden und Begründer des Ver eins, in dankbarer Anerkennung seiner vielfachen Ver dienste um den Verein zu seinem Ehrenmitgliede er nannt habe. Die Versammlung nahm dies mit freudigster Zustimmung auf. l)r. Köhler dankte in bewegten Worten und nahm die Ehrenmitgliedschaft an. Der erste Schriftführer im Gesammtvorstand, Apotheker Schwamkrug, erstattete hierauf den Bericht über die so umfassende Thätigkeit des Vereins, der jetzt aus 44 Zweigvereinen besteht. Die vom Kassirer, Stadtrath Härtel, abgelegte Rechnung für das vorige Jahr wies in Einnahme 7209 Mk. 47 Pf. und in Ausgabe 3471 Mk. 4 Pf. auf. DaS Gesammtver- inögen beträgt 4540 Mk. 24 Pf., das Substanzver mögen 268 Mk. 46 Pf. und der Rcservefond 965 Mk. Die Rechnung für das FichtelberghauS ergab 3354 Mk. 87 Pf. Einnahme und 3119 Mk. 67 Pf. Aus gabe. Schulden auf das Haus sind noch 5715 Mk. 97 Pf., das Vermögen beträgt abzüglich der Schuld 15,317 Mk. 47 Pf. Der Sitz des Gesammtvor- standcs ist, da die Mitglieder desselben einhellig wieder gewählt wurden, wiederum Schneeberg. Als Ort sür die nächste Hauptversammlung wurde Dresden gewählt. Fachschuldirektor Dreher hielt sodann einen sehr beifällig aufgenommenen Vortrag über da« Auerthal in der Vergangenheit und Gegenwart. Am Nachmittag sand Festmahl und dann auf dem prächtig gelegenen Schießhause Concert statt. Der Hauptver sammlung war gestern Abend eine Delegirtcnver- sammlung vorhergegangen, in der viele Zweigvercine vertreten waren. Beschlossen wurde, die Rechte einer juristischen Person für den Gesammtverein nicht zu erwerben. Gegen die Stimmen nur eines Vereines ward ferner bestimmt, das monatlich erscheinende Vereinsorgan „Glückauf!", welches das geistige Band zwischen den Gliedern des Vereines bildet, in der bisherigen Weise beizubehalten. Dem Zweigverein Scheibenberg wurden 100 Mk. als Beitrag für Be schaffung eine« Fernrohre» für den AuSsichtSthurm auf dem Schcibenberge bewilligt; als Unterstützung sür den Zweigvercin Wolkenstein wurden 200 Mk. bestimmt, doch erledigte sich dieses Gesuch noch. Den Schluß der Verhandlung bildeten Angelegenheiten des FichtelberghauseS. — Man schreibt den „Dr. Nachr." aus Dippol diswaldes Nachstehende ergötzliche Szene ereignete sich bei der am 9. September Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen Friedrich August auf Rittergut Berreuth durch die hiesigen Militärvereine dargebrachten Hul digung. Beim Abschreiten der Front beehrte Se. Königl. Hoheit verschiedene Kameraden durch An sprachen, u. A. auch einen hiesigen, seiner Originalität wegen bekannten dicken Schmiedemeister, welcher früher der Artillerie angehört hatte. Vom Bicevorsteher aufmerksam gemacht, daß dieser Kanonier bei der Ge burt Sr. Königl. Hoheit mit geschossen habe, sagte der Prinz: „Ah, da haben Sie also die 101 Kanonen schuß mit abgegeben?" Woraus unser Ex-Kanonier prompt erwiedertc: „Jawohl, mir Ham damals vun Drei'n bis um Elfe uff Sie warten müssen!" Diese im trockensten Tone gegebene Antwort amüsirte den Prinzen und seine Umgebung außerordentlich. — In der Nacht vom Montag znm Dienstag ist in Bärenwalde das Dautenhahn'sche Bauergut vom Feuer zerstört worden. Sämmtliche Gebäude, das Wohngebäude mit Zuchtviehstall, das Scheunengcbäude und das in diesem Jahre' neuerbaute Schuppengcbäude mit Zuchtviehstall und Futterboden sind niedergcbrannt. Auch sind sämmtliche Futter- und Getreidevorräthe, sowie ein großer Theil der Mobilien ein Raub der Flammen geworden. — Am vergangenen Donnerstag Nachmittag wurden in der Nähe von Gettengrün bez. Ebmalh durch Grenz-Aufseher vier starke, bereits über die Grenze geschmuggelte Ochsen, welche einen mit Holz beladenen Wagen zogen, beschlagnahmt. Die zwei Pascher wurden ebenfalls sesigenommen. — AuS den Jagderlebnissen Seiner Majestät unseres Königs sei folgende kleine Geschichte mit- getheilt, die für die Gerechtigkeitsliebe unseres hohen königlichen Herrn zeugt. Es war Milte der achtziger Jahre, als der König in Wermsdorf eine Jagd ab hielt, zu der er an eine Anzahl Kavaliere Einladung hatte ergehen lassen. Als die Jagdbeute vom König besichtigt wurde, befanden sich unter derselben drei Rehe. Da aber die Schonzeit für Rehe noch nicht zu Ende, dursten solche noch nicht geschossen werden, und cs fragte nun der König die um ihn versammelten Herren der Reihe nach, wer etwa ein Reh geschossen habe. Er erhielt aber von allen Seiten verneinende Antworten, Alle wollten nur Böcke geschossen haben. Da ries der König den in seiner Nähe stehenden Obergendarm G zu sich und befahl ihm, zu dem Gemeindevorstand in Wermsdorf sich zu begeben und sich von demselben eine Strafverfügung wegen Schießens dreier Rehe ausfertigcn zu lassen. Der Gemeindevorstand ging nur zitternd daran, seinen königlichen Herrn zu bestrafen; er warf für jedes Reh eine Strafe von fünf Mark aus. Als der König die Strafverfügung einsah, bemerkte er gegenüber der Jagdgcnossenschaft, „der Gcmeindevorstand hat'S gnädig gemacht" und wies den Leibjäger an, dem Ober gendarm die 15 Mark, die dieser bereits verlegt hatte, wiederzugeben. Dann aber wandle sich der König nochmals an die Jagdgesellschaft und sagte, das nächste Mal, wenn wieder Rehe geschossen werden sollten, werde er eine derartige Strafe nicht wieder bezahlen, rann werde cs anders gemacht und er werde die Schuldigen schon herauskriegcn. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. Die traurige und nahezu lächerliche Rolle, die der Exkönig Milan von Serbien in den letzten Jahren gespielt, ist bekannt. Kaum kann man es glauben, daß dieser Mann früher eine sehr wichtige, auf den Gang der Geschichte sehr einflußreiche Persönlichkeit gewesen. Und doch ist dem so. Am 17. Sep tember 1876 proklamirte der russische General Tschernajeff in seinem Hauptquartier Deligrad den Fürsten Milan zum König von Serbien. Damit brach Rußland die Brücken, die zu einer Verständigung mit der Türkei noch führen konnten, ab und indem es den Ausstand der türkischen Vasallenstaaten begünstigte, arbeitete es selbst auf eine kriegerische Auseinandersetzung mit der Türkei hin. Mit jener Proklamation ward das selbst ständige serbische Reich geschaffen, das es bis heute geblieben. Große Lorbeeren hat der Mann, dem dies Reich zufiel, aller dings nicht geerntet. 18. September. Zu welchen Echreckensscenen und Gräuelthatcn auch in Deutschland die zügellose Volkswuth sühren kann, das zeigt der 18. September 1848, der schwarze Tag von Frankfurt am Main. Um jene Zeit tagte bekanntlich in Frankfurt die deutsche Nationalversammlung. Diese hatte Anfangs den allerdings schwächlichen Frieden zu Malmö, durch welchen Schleswig- Holstein wiederum an Dänemark überantwortet wurde, ver- urtheilt, später jedoch diesen Frieden gut geheißen; namentlich Fürst Lichnowski hatte für den Frieden gesprochen. Die Re publikaner in Frankfurt benutzten diesen zweifellos falschen und kaum irgendwie zu rechtfertigenden Schritt der preußischen Regierung, die im Namen Deutschlands handelte, zu einer Revolte mit Barrikadenbau und ähnlichen damals selbstver ständlichen Dingen. Es kam am genannten Tage zu heißen und erbitterten Känipfen zwischen den, Militär und den Re volutionären. Während so der Straßenkampf wüthete, waren der Fürst Lichnowski und General Auerswald den preußischen Truppen, die im Anzuge waren, entgegen geritten. Bor dem Thore wurden die Beiden erkannt, eine aufgeregte Menge stürzte sich auf sie und ermordete Beide auf grausame Weise. Um Mitternacht war die Stadt wieder in den Händen der Truppen und es herrschte Ruhe. Vielleicht nehmen sich unsere heutigen Umstürzler, wenn sie ihre Brandreden halten, jenen Tag von Frankfurt zur Warnung. Erna. Novelle von L. Haid heim. (21. Fortsetzung.) Als er dann am nächsten Tage in unruhevoller HerzenSnolh über den See fuhr und an dem Thürm- chcn landete, war cS ihm eine bittere Enttäuschung, Erna nicht hier zu treffen, und wie er sich auch einen Thoren schalt, — es war ihm, al» sei die» ein böse« Omen für seine Wünsche. Er schritt durch den Park, der vollkommen dem glänzenden Rufe, den er besaß, entsprach. Ueberall hoffte er Erna zu erblicken, er horchte, ob er nicht ihre Stimme höre und rang mit seiner Aufregung und Unruhe, denn er wollte sich durchaus von seiner besten Seite zeigen. Endlich lag das Schloß hoch und stolz vor ihm. Sein Herz zog sich krampfhaft zusammen, denn aus dem freien Platze vor demselben arbeiteten mehrere Gärtner eifrig daran, einen riesenhaften Blumenkorb, welcher die Mitte desselben cinnahm, mit frischen Blu men zu füllen. DaS geschah nicht in Anwesenheit der Herrschaft, zu solchen Arbeiten wählte man die gelegeneren Stunden einer Ausfahrt. Wie er geahnt, so war cs, die Herrschaften seien schon morgens in die Stadt gefahren, berichtete ihm einer der Gärtner und bestätigte ein höflich heran kommender Diener. „Ist irgend eine unerwartete Nachricht — ?" Er hielt mitten in der unwillkürlichen Frage inne, die wie ein Aufschrei aus seinem Herzen empordrang. „Nein — davon ist mir wenigstens nichts bekannt geworden, gnädiger Herr!" war des Dieners Antwort. Erich gab mit zitternder Hand seine Karte ab. Er hätte es am liebsten nicht gethan, aber sollte er dem Menschen, der sich auf die Sitten der Gesellschaft gut verstand, zu denken geben mit einer solchen Ver leugnung der üblichen Form? Sollte er zeigen, daß er gekränkt war? Er ging denselben Weg, den er gekommen, wieder zurück. „Das ist Absicht, das ist Absicht! Du hast gestern crrathen lassen, wie Dir ums Herz war, man weist Dich zurück in der mildesten Weise. — O, man hat Uebung darin. Und diese Tante Luise haßt Dich! Sie hat wohl einen andern Schützling! Mitten in die harmlose Freude schleuderte sie gestern ihren Gift pfeil!" DaS waren seine Gedanken, während er strack und stramm dahin schritt und vor sich selbst und den Bäu men die Komödie der vergnüglichen Unbekümmertheit spielte. Erst als er wieder in seinem Boot saß und allein war und ungesehen, mitten ans dem See, — erst da schlug er die Hände vor das Gesicht und stöhnte laut. Es war eine schreckliche Stunde, die er durch kämpfte. Abgewiesen! Mit seinem glück- und liebe sehnenden Herzen abgewiesen! Und Erna? War sie eine Kokette, die ihn bis zu diesem Punkte hatte bringen wollen, um die Reihe ihrer Triumphe zu verlängern? Oder liebte sie ihn und man zwang sie, ihn zu vermeiden? Aber nein! das war undenkbar. Alle Welt wußte, Kaland ließ seiner Tochter bei der Wahl eines Gatten vollste Frei heit. Oder war sie launenhaft bis zu solchem Grade? Ihr rasch wechselndes Benehmen aus der ersten Zeit ihrer Bekanntschaft, die eigenthümliche Mischung von Herbheit und mädchenhaftester Liebenswürdigkeit war ihm nur zu wohl erinnerlich. Traf er gestern ihren guten Tag und bestrahlte ihn so warm die Sonne ihrer Huld, weil sie guter Laune war und an seiner Stelle jeden andern auch so „freundlich" behandelt hätte? Es war schon Abend geworden, als er in das Schloß zurückging. Am andern Morgen um zehn Uhr traf er die Seinen auf dem Perron des Bahn hofs und eine Stunde später lag Berlin mit seiner Dunstatmosphäre weit hinter ihnen. XI. Auf den Schlössern am See verging kein Tag ohne Gäste, Sonnenschein, blauer Himmel, Blumen und Helle Sommerkleider, Musik und das silberne Lachen fröhlicher Mädchen brachten für die nächsten Monate so viel Reiz und Poesie in die vom großen Verkehr abseits liegende Gegend, daß man cS kein Wunder nennen konnte, wenn die männliche Jugend tagaus tagein unterwegs war, der versammelten Schön heit zu huldigen. Mehr noch als im letzten Jahre bildete der Son nenstein den Mittelpunkt dieser heiteren, sorgenlosen Geselligkeit, welcher alle Mittel des Luxus zu Gebote standen und welche doch im Grunde dieselben kaum zu bedürfen schien. War eS weiser Vorbedacht von Tante Luise, oder glücklicher Zufall, es hatte sich eine ganze Reihe schöner, zum mindesten reizender Mädchen zum Besuch Erna» auf dem herrlichen Landsitz versammelt; PensionSfreun- dinnen, Reisegefährtinnen und Ballbekanntschaften de« letzten Winters, eine Art internationaler weib licher Kongreß, wie man ihn nicht anziehender sich denken konnte, und da mehrere derselben ihre Mutter oder Tante mit sich gebracht, so fehlte eS auch nicht an einem ehrfurchtgebietenden Hintergründe, dessen