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Zweimal hat Garibaldi gegen die Franzosen ge fochten; beide Male vor Rom: 1849 und 1807 im Tressen bei Mentana, wo „die Thassepotgewehre Wunder wirkten." Im Jahre 1849 focht er als römischer Republikaner gegen die französischen Repu blikaner, 1867 als Demokrat gegen das kaiserliche Frankreich, welches Rom besetzt hielt und vor den Handstreichen des Freischärlers sicherte. ES war nicht Liebe zu Frankreich, welche ihm 1870 den Degen in die Hand gab, um gegen Deutschland zu kämpfen; er glaubte, in Frankreich wurde sich sein Ideal, eine Musterrepublik, entfalten und dann hoffte er zweitens auf die Dankbarkeit der Franzosen, die seinem Vater lande Nizza und Savoyen zurückgebcn wurde. Welche Täuschung mußte er erleben! Man rechnete eS ihm noch als Gnade an, daß man ihm nicht das Schick sal Bazaines bereitete! Sein Sohn, Menotti Garibaldi, hat denn auch Namens der Familie eine Theilnahme an der Ent- hüllungSfeicr abgclehnt, weil der ganze Vorgang ja doch nichts anderes als eine politische Heuchelei sei. DaS hat sich denn auch bei dem Streit um das Datum der Enthüllung deutlich erwiesen. DaS Komitee hatte dafür ursprünglich den 20. September in Aus sicht genommen, an welchem Tage 1870 Rom von den Italienern besetzt und die weltliche Herrschaft des PapstthumS beendet wurde. Nun hat aber Frankreich seit Kurzem seinen Friede» mit dem Papste gemacht, die höhere Geistlichkeit erkennt die republikanische Staatsform an und darum glaubt man in Frankreich Rücksichten üben zu sollen und die Enthüllung des Denkmals nicht gerade an diesem, für den päpstlichen Stuhl mit so peinlichen Erinnerungen verknüpften Tage stattfinden lassen ;n solle». Gegen die Verlegung der Feier protcstirt aber die ganze liberale Presse Italiens. Wähle man ein an deres Datum, so lautet der Grundton der Auseinander setzungen, so zeige cs sich, daß man die Empfindlich keit der Italiener absichtlich verletzen wolle, im andern Falle könne die Enthüllung den Charakter einer italienisch-französischen Feier haben. Man könnte mit der Feier ruhig bis zum 3. No vember warten. Dann werden 24 Jahre vergangen sein, seit bei Mentana Franzosen und Garibaldianer aufeinandcrtrafen und die Chassepotgewehre an den Rothhemden erprobt wurden, die sich damals besser als 1870 bewährten. Hagesgeschichle. — Deutschland. ES ist jetzt bald, »m 30. September, ein Jahr her, daß das Sozialistengesetz abgelaufen ist; und man ist nunmehr einigermaßen zu einem Urtheil über die Entwickelung der sozial demokratischen Bewegung ohne die Wirkung eines Ausnahmegesetzes berechtigt. Aenßerlich hat die Sozial demokratie seit dem Erlöschen des Sozialistengesetzes unstreitig zugenommcn. Die Wahlen vom Februar v. IS., die sich schon unter dem Eindruck des nahe bevorstehenden Ablaufs des Ausnahmegesetzes voll zogen, brachten eine bisher noch nicht erreichte Zahl von „Genossen" in den Reichstag; die abgegebene Stimmenzahl stieg ins Beängstigende, auf nahezu 1'/, Millionen oder 20 pCt. aller abgegebenen Stimmen, und übertraf alle anderen Parteien ; die Agitation in Rede und Schrift ist in einem vorher nicht gekannten Umfang und Erfolg betrieben worden. Ob aber innerlich die Festigkeit und Kraft und damit die Gefährlichkeit der Partei in demselben Maße ge wachsen ist, muß bezweifelt werden. Vor aller Oeffentlichkeit werden unausgesetzt Parteistreitigkciten ausgetragen, deren Heftigkeit selbst das bei den Sozialdemolraten sonst übliche Maß überschreitet. Der Parteivorstand erläßt jetzt im „Vorwärts" einen Aufruf an die Parteigenossen, worin deutlich gefordert wird, daß entweder er oder die Opposition auSgcstoßen wird. Darüber soll der bevorstehende Parteitag in Erfurt entscheiden, auf dem überhaupt interessante Dinge zu erwarten sind. Immer schärfer und unver einbarer treten die Radikalen, welche auf die offene Revolution hinarbeiten, den Opportunisten und Ge mäßigten entgegen, denen die meisten Parlamentarier angehören und die eine friedliche Lösung der sozialen Frage für möglich halten. So hat an innerer Ge schlossenheit und Festigkeit die Partei in letzter Zeit keineswegs gewonnen. Sie ist in einer Gährung begriffen, deren weitere Entwickelungen und Folgen sich noch nicht übersehen lassen. — In Betreff der Wiedereinfuhr des ameri kanischen Specks schreibt die „Weserztg.", daß an der Börse in Bremen noch keine Geschäfte in ameri kanischem Speck gemacht werden konnten. Die win zigen Offerten, die von Amerika gestellt waren, be weisen nur, daß die großen Schlachthäuser in den Vereinigten Staaten noch gar nicht auf eine Ausfuhr nach Deutschland vorbereitet waren. In Amerika sind zur Zeit die Preise zu hoch, um bei dem iy Deutschland herrschenden hohen Zoll von 10 Pf. aus» Pfund eine Einfuhr zu gestatten. Früher schlachtete inan in Amerika nur von Ende Oktober bis Anfang Januar. Jetzt hat man durch außerordentliche Kühl vorrichtungen die Möglichkeit erlangt, das ganze Jahr zu schlachten und zu salzen. In Deutschland kennt man die Sommerpökelungen noch nicht, aber England nimmt sie gern. Dieser im Sommer gepökelte Speck muß aber, wie gesagt wird, 30 Tage auf Eis liegen, ehe er versandt werden kann. Ueber die Sommer schlachtungen wird man wohl in einiger Zeit Er fahrungen sammeln können. Jedenfalls spielen Sommer schlachtungen heutzutage in Amerika eine größere Rolle, als Wintcrschlachtungcn, die früher allein in Frage kamen. — Straßburg i. E. Die Nachricht, daß ein Soldat des Infanterie-Regiment» Nr. 99 einen Unter offizier des Infanterie-Regiment- Nr. 105 aus dem Manövcrfclde bei Niederschäsfolsheim erschossen habe, ergänzt die „Straßb. Post" auf Grund zuver lässiger Mittheilungen dahin, daß ein Sergeant der 99er den verhiingnißvollen Schuß abgab. Die Kugel sollte den Oberst des Regiments treffe», verfehlte aber ihr Ziel und traf einen Kameraden des frevelhaften Menschen. Nach der Angabe des Schusses wurde auf Veranlassung des Obersten „DaS Ganze halt" geblasen und eine Untersuchung angestellt, gelegent lich deren noch mehrere scharfe Patronen bei dem betreffenden Sergeanten gefunden wurden. — Ein französisches Urtheil über Sedan. Emile Zola behandelt im „Figaro" den Gedenktag des 2. Septbr. in einem Artikel, dem wir folgende -stellen entnehmen: „Die Ereignisse, welche Sedan vorausgingen, waren keine individuellen Fehler un glücklicher Generäle, unbegabter oder ehrgeiziger Per sonen, es waren Verbrechen am Vaterlande, die von der ganzen Nation begangen worden waren, und Jeder von uns trägt sein Theil Verantwortung. Es ist heute keine Schande mehr, diese Gewissensprüfung anzustellen. Deutschland gegenüber, das noch von seinem Siege über Oesterreich freudig erregt war, das durch sein unwiderstehliches Streben nach der Einigkeit sich verjüngt hatte, das unterrichtete und weise Männer an seiner Spitze hatte und bereit war, aus den ersten Rus sich zu erheben, stand Frankreich da bis in die Wurzeln verfault und erstarrt in dem Stolze seiner kriegerischen Ueberlieferung. Um zu siegen, muß ein Volk an der Spitze der Völker stehen, es muß Wissen und Gesundheit und den Geist der Zeit in sich verkörpern Heute wünscht sicher ¬ lich Niemand den Krieg, ein solcher Wunsch wäre zu entsetzlich. Wir haben mit unfern Todten von Sedan die Legende von unserer Kriegslust begraben, jene Legende, die den französischen Soldaten darstellte, wie er zur Eroberung benachbarter Königreiche um nichts, zu seinem Vergnügen, die Welt durchzieht. Mit den neuen Waffen ist der Krieg ein Schreckniß, das man freilich tragen muß, aber dem man sich nur von der Noth gedrängt unterzieht, nachdem alle Mittel der Welt versucht sind, um es abzuwendcn. Heute kann nur zwingende Nothweudigkeit ein Volk zum Kriege gegen ein anderes führen. Aber der Krieg ist un vermeidlich. Die zarten Seelen, welche davon träumen, ihn aus der Welt zu schaffen, die auf Congressen den Weltfrieden decrctiren, jagen einer gutgemeinten Uto pie nach. Wenn in Jahrhunderten einmal alle Na tionen zu einem einzigen Volke zusammengeschweist sein sollten, könnte man ernstlich dieses goldene Zeit alter ins Auge fassen. Aber würde nicht das Auf hören der Kriege auch das Ende der Menschheit be deuten? Der Krieg ist das Leben selbst. Nichts in der Natur besteht, nichts wird geboren, wächst und vermehrt sich anders als durch den Kampf. Essen und gegessen werden, heißt die Losung, wenn das Leben in der Welt bestehen soll. Und nur die krie gerischen Nationen sind es, die gedeihen, wenn ein Volk entwaffnet ist, stirbt eS ab. Der Krieg ist die Schule der Manneszucht, der Aufopferung, des Muthes, er stärkt Leib und Seele, erzeugt die Kame radschaft in der Gefahr, giebt Gesundheit und Kraft. Wir erwarten ihn mit Sorge, aber wir haben nichts mehr zu fürchten. Die Zeit hat für uns gearbeitet und man darf jetzt auch glauben, daß die Zeil gegen unsere Sieger arbeitet. Es giebt keinen Stillstand, Alles schreitet fort von Stunde zu Stunde, verschiebt sich und ändert sich. Wir, die wir auf den legendä ren Erfolg unserer Waffen so fest vertrauten noch in dem Augenblick, als wir den blutigsten Unglücksfällen cntgegeneilten, wir haben eS schmerzlich erfahren. — Rußland. Der Petersburger Korrespondent der Londoner „TimeS" erfährt, für Mitte 1892 sei eine allgemeine Mobilisirung des russischen Heeres angeordnet, um die neue Armeeorganisation praktisch zu erproben; alle Kontrakte für strategische Eisenbahnen und Kriegsmaterial seien bereits abge schlossen. Loeale und sSchfisch« Nachrichten. — Eibenstock, 14. Septbr. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag gegen 1'/, Uhr erscholl abermals der Feuerruf in unserem Ort. Diesmal brannte eS im Innern der Stadt und zwar ebenfalls in sehr feuergefährlicher Lage. DaS Feuer kam in der Eugen Dörffel'schen Scheune in der Südstraße au« und verbreitete sich auf da« Hintere Wohn- und da- neue Stickmaschinengebäude, sowie zwei Scheunen de« Kfm. Theodor Unger und aus das Wohnge bäude de- Zinngießermstr. Ernst Flach. Sämmt- liche sech- Gebäude wurden vom Feuer total zerstört. In großer Gefahr waren die angrenzenden Wohn häuser nach der Apotheke zu, da diese sämmtlich noch von alter Bauart sind. Auch bei diesem Brande haben unsere beiden Feuerwehren, sowie die von auswärt- erschienencn Hilfsmannschaften wieder eine wahr haft aufopfernde Ausdauer an den Tag gelegt, wo durch es allein auch nur möglich wurde, daß das verherenke Element nicht weiter um sich griff. Wäre allerdings ein Wind entstanden, wie er gestern Abend eintrat, wo eS auf der Brandstätte wieder in bedenklicher Weise auflohete, dann hätte unab sehbare« Unglück über unsere Stadt hereinbrechen können. Daß Brandstiftung hier sowohl, wie bei den Schadenfeuern der letzten Monate unzweifel haft vorliegt, darüber giebt eS in der Stadt nur eine Stimme. Wer jedoch der Thäter, ist zur Zeit noch vollständig unbekannt. Wir erinnern hierbei gleich zeitig, daß auf die Entdeckung vorsätzlicher Brand stifter, je nach der Verdienstlichkeit und Wichtig keit der Entdeckung, eine zur Hälfte aus der Brandversicherungskasse zu übertragende Prämie von 300 bis 900 Mark und wenn eine amtliche Ver pflichtung zur Anzeige vorliegt, eine solche von 75 bis 600 Mark ausgesetzt ist. Von auswärtigen Spritzen war als erste die von Uuterstützengrün, als zweite die der Flemming'scben Fabrikfeuerwehr von Schönheide am Brandplatze erschienen. — Eibenstock. In Vervollständigung unserer Mittheilung in der letzten Nummer d. Bl., die Er richtung einer Consular-Agentur Hierselbst betr., erfahren wir, daß zum Consular-Agenten der bisherige Viceconsul des Annabergcr ConsulateS, Hr. Harry I. Nason ernannt worden ist und wird die neue Agentur ihre Thätigkeit am 14. September beginnen. Der Bezirk der Agentur umfaßt außer Eibenstock die Städte und Landkreise Aue, Carlsfeld, Hartenstein, Johanngeorgenstadt, Kirchberg, Lößnitz, Neunädtel, Nieder- und Obcrschlema, Schneeberg, Schwarzenberg, Schönheide und Zwönitz, welche demgemäß von dem obengenannten Tage an von dem Annaberger Con- sulat, dem sie zum größten Theil unterstellt waren, abgetrcnnt werden. — Schönheide. Am vergangenen Sonnabend, Abends in der 8. Stunde, brach hier in der soge nannten oberen Mühle Feuer aus. Dasselbe war in dem vollständig mit Heu und Stroh angcfüllten Scheunengebäude entstanden und ergriff nach kurzer Zeit auch ei» bewohnt gewesenes Hintergebäude. Scheune und Hintergebäude brannten vollständig nie der. DaS Hauptgebäude wurde, obgleich es infolge der furchtbaren Gluth verschiedene Mal und an ver schiedenen Stellen zu brennen anfing, durch die energisch betriebenen Löscharbeiten der erschienenen Feuerwehren gerettet. Von den auswärtigen Feuerwehren war die freiwillige Feuerwehr von Neuheide die erste am Platze, welche ihre Spritze in Thätigkeit setzte, wo durch sie sich den dafür ausgesetzten Preis von 30 Mk. verdiente. Das Mobiliar der Bewohner de« abge brannte» Wohngebäudes konnte gerettet werden. Ueber die Ursache der Entstehung des Feuers hat man nicht den mindesten Anhalt. — Zum 100. Geburtstage Theodor Körners, den 23. Septbr., wird hier eine Körnerfeier veranstaltet werden. Dieselbe soll, da Körner besonders der Jugend zu allen Zeiten als ein leuchtendes Vorbild gelten soll und wird, in einer öffentlichen Schulfeier bestehen. Herr Schnldirektor Tittel wirb hierbei die Festrede halten. — Schönheide. Das vom hiesigen Kreuz bruderverein am vergangenen Sonntag im Hendel- schcn Gasthofe m Schönheiocrhammer abgehaltene Sommersest nahm, vom schönsten Wetter begünstigt, einen vorzüglichen Verlauf. In der 3. Stunde ver sammelten sich die am Festznge betheiligten Kinder am Bayrischen Hof, worauf daun der Abmarsch nacb dem Hendet'fchen Garten erfolgte. Hier war von 3 Uhr an ein bewegtes, fröhliches Leben nud Treiben zu beobachten. Theilnehmer an dem Feste waren in großer Anzahl erschienen. Alle haben sich jedenfalls vortrefflich amüsirt, denn man traf ausnahmslos nur heitere, vergnügte Gesichter. Und das konnte auch gar nicht anders sein, denn alle für das Fest getrof fenen Veranstaltungen waren für die Heiterkeit, für den Humor geschaffen worden. WaS wurde nicht über die „noch nie gesehenen" Exemplare der „Me nagerie", die Raritäten des „Museums", die Erzeug nisse der „schnellphotographischen Anstalt", die Kunst werke der „Bildergallerie" re. gelacht! Die fröhliche Stimmung währte in ununterbrochener Steigerung bis zum Abend. Einen überraschenden, vorzüglichen Eindruck machte die bei eingetretener Dunkelheit er folgte Beleuchtung de« Gartens. Von 8 Uhr an fand Ball statt, welcher durch eine vom Garten aus stattgefundene Polonaise eröffnet worden ist.- — Leipzig, II. September. Ein in dem vierten Stockwerk eine« Grundstücke- der König Johann-Straße wohnhafter junger Mann wurde in vergangener Nacht durch Klopfen an seinem Fenster au« dem Schlafe geweckt. Beim Oeffnen de« Fenster- stieg ein junge» Mädchen in da» Zimmer hinein. Wie sich später herauSstellte, litt dasselbe an Blutandrang nach dem Kopfe und war in einem solchen Anfalle au» ihrer mehrere Häuser entfernt, ebenfalls im vierten Stock werke gelegenen Wohnung auf den Manersim« ge stiegen und auf diesem entlang bi- an da» Fenster gelaufen.