Projekt: Bestände der Universitätsbibliothek Chemnitz
Strukturtyp
Monographie
Parlamentsperiode
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Wahlperiode
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Reihe
Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften ; 57
Titel
I. Regeln zur Construction von Thermometern mit vergleichbaren Scalen, die eine Vorstellung von der Kälte und der Wäme geben, die auf bekannte Maasse bezogen werden können
22 Rene Antoine Ferchault de Reaumur. glauben möchte; ich habe durch genaues Messen gefunden, dass zwei Stücke ein und derselben Glasröhre von gleicher Länge in gleiche Grade getheilt zu Thermometern verwandt, so ungleich waren, dass das eine Stück fast das Doppelte von der Flüssigkeit des anderen aufnahm. Nehmen wir aber an, dass abgesehen von diesen unüber windlichen Schwierigkeiten man den Kugeln Röhren angefügt hätte von bestimmtem Verhältniss der beiden Durchmesser ; man wird doch noch nicht Thermometer von gleichem oder proportionalem Gange haben , d. h. solche, die bei gleichen Temperaturänderungen der Luft dieselbe Gradanzahl geben. Es giebt noch eine Quelle von Verschiedenheiten, auf welche man nicht genug geachtet hat, wenigstens ist mir kein Hiilfs- mittel dagegen bekannt geworden. Ich meine die Qualität des Weingeistes, mit dem die Thermometerkugel angefüllt wird. [456] Die Flüssigkeiten dehnen sich durchaus nicht gleich- mässig aus bei gleicher Erwärmung. Man weiss das sehr wohl und man hat absichtlich den Weingeist gewählt, weil er gegen Kälte und Wärme am empfindlichsten reagirt, abge sehen von Luft. Weingeist dehnt sich weit stärker aus als Wasser. Der rectificirteste Weingeist ist doch nur ein Gemisch einer brennbaren Substanz, eines essentiellen oder ätherischen Oeles mit Wasser; Wasser macht den grössten Theil (la meil- leure portion) des Gemenges aus. Die starke Ausdehnbarkeit des Weingeistes (wenn ich mich kurz so ausdrücken darf, was in der Folge von Nutzen sein wird) ist also dem in ihm enthaltenen ätherischen Oele zuzuschreiben; je mehr davon im Weingeist enthalten ist, um so stärker wird er sich aus dehnen; d. h. der am besten rectificirte Weingeist wird sich mehr ausdehnen bei derselben Erwärmung. In zwei sonst ganz gleichen Thermometern, die aber mit Weingeist verschie dener Qualität gefüllt sind, wird die Flüssigkeit weder auf noch ab sich gleich verhalten; sie werden die Aenderungen der Kälte und Wärme verschieden anzeigen. Nun hat man bis jetzt die Thermometer nicht mit Weingeist bestimmter und bekannter Qualität gefüllt, sondern das zufällig erhaltene be nutzt. Die Verfertiger der gewöhnlichen Thermometer begnügen sich meist mit einem schwachen Weingeist. Herr Amontons ist, als er von der Verdünnung des Wein geistes sprach, nicht so exact gewesen, wie es sonst seine Gewohnheit war; er spricht so, als wenn alle Gattungen Wein geist dieselben Verdünnungen geben, und er ist nicht der