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20 Eene Antoine Ferchault de Iieaumur. Winterfrostes, während der versengenden Sommerhitze spricht man in der gewöhnlichen Unterhaltung von den Graden, [453] die das Thermometer in dem einen oder anderen Sinne erreicht hat. Weiss man einerseits, wie amüsant und nützlich dieses Instrument ist, so kennt man andrerseits seine Unvollkommen heit. Der Gang fast aller Thermometer ist verschieden; ob wohl derselben Luft ausgesetzt, steigt die Flüssigkeit in dem einen höher oder sie sinkt niedriger, als im anderen, obwohl dieselbe Zunahme oder Abnahme der Wärme angezeigt werden soll. Der Wechsel der Temperatur, der auf diesem Thermo meter 4 oder 5 Grad beträgt, zeigt auf jenem 7 bis 8, oder auch 2 bis 3, oder irgend eine andere Anzahl; und man weiss nichts von dem Verhältniss zwischen den Graden der verschiedenen Thermometer. Da sie sämmtlich, so zu sagen, Verschiedenes aussagen, so versteht man schliesslich nur das Thermometer, das man mehrere Jahre lang selbst verfolgt hat, jedes andere bleibt unverständlich. Auch haben die Thermometer bisher noch fast gar nicht zur Kenntniss der grössten Kälte und grössten Wärme verschiedener Klimate ge dient, Fragen von grossem Nutzen und hohem Interesse. Wir möchten doch gerne wissen, welchen Kälte- oder Wärmegrad Menschen wie wir ertragen können. Auch wäre es wichtig, zu erfahren, welcher Temperaturen Pflanzen und Bäume zu ihrem Wachsthum bedürfen, die, wenn sie nicht bei uns ein heimisch sind, sich akklimatisiren könnten. Aber nicht allein ist die Sprache der verschiedenen Thermo meter unverständlich, ein jeder fasst auch die Angabe des eigenen Instrumentes höchst unsicher auf. Man kennt die Stellen grösster Wärme und grösster Kälte, man weiss, wieviel Grad dazwischen liegen, aber weder giebt der einzelne Zwischen grad, noch die ganze Strecke ein wirkliches Maass ab. Die Ursachen der Mängel der Thermometer sind nicht minder bekannt, als die Mängel selbst; [454] es wäre unnütz, sie hier zu erwähnen, wenn es nicht darauf ankäme, zu be- urtheilen, ob die Hilfsmittel, zu denen ich greifen zu müssen glaubte, allen Erwartungen entsprächen. Thermometer sind Instrumente der Physiker, und Phy siker haben ein Interesse an der Vervollkommnung gehabt; sie haben sich damit abgegeben, sie haben verschiedene Formen ersonnen; sie haben verschiedene Flüssigkeiten erprobt. Für gewöhnlich nahm man Weingeist. In mehreren Thermometern