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.Sie verdienen ernstliche Strafe, Herr Nachbar, daß Sie Ihrer Pflichten -egen den lieben Nächsten so wenig eingedenk sind! Meinen Sie, daß wir da rum den Winter hier einsam sitzen, damit unsere Nachbarn uns im Sommer auch allein lassen? Da nehmen Sie ein Beispiel an den Sonnensteiner Herr schaften.- So rief ihm die Frau vom Hause freundlich ent gegen und reichte ihm die Hand, indem sie ihn mit ihrem guten herzgewinnenden Lächeln vor Herrn Ka- land führte. „Sehen Sie, das sind treue gute Nach barn, und die soll man nach Gottes Gebot hochhal ten. So wollen wir Ihnen sein und so sollen Sie auch uns leisten, was Recht und Pflicht ist!" ,DaS will ich mit tausend Freuden, gnädige Frau! Da muß ich aber Herrn Kaland gleich von vorn herein sehr um Verzeihung bitten, daß ich mich auf dem Sonnenstein noch nicht verstellte. — Ein Zu sammentreffen der widrigsten Umstände — ich bitte mir zu glauben, daß ich eS herzlich bedauere!" DaS Her; war Erich Mllwart aufgegangen bei dem liebenswürdigen Empfang und dem, wie er sehr wohl fühlte, so zarten, wie absichtlichen.Hinweis auf die Nachbarpflichten. Er erröthete — nie hatte er besser ausgesehen als in dieser bescheidenen bittenden Haltung. Herr Kaland schüttelte ihm versöhnt die Hand. Erna war roth wie eine Rose und lächelte ihm zu. Mit einem Schlage fühlte Erich sich erleichtert, frei, glücklich und in wenigen Minuten saß er in ver gnügtem Geplauder bei den Damen. Was verschlug es ihm, daß das Fräulein Meister, „unsere Tante-, wie Fritz sie genannt, mit forschen den Blicken bis auf den Grund seiner Seele zu dringen suchte, was kümmerte ihn ihr Widerspruch, ihre sentenzenreiche kaltherzige Philosophie, er schwamm in einem Meer von Glück und Wonne, denn eben durfte er Erna unter Scherz und Lachen sein sonder bares Benehmen neulich auf dem See erklären und die Art, wie er es that, ließ ihre Wangen noch heißer erglühen, ohne daß sie den mindesten Grund hatte, ihm zu zürnen. Herr Kaland gab sich in seiner ruhigen sicheren Weise. — Erich begriff sich selbst nicht, wie er gegen diesen Mann so thörichl und unfreundlich hatte sein können und fast demüthigte ihn Kalands gleichmäßige ruhige Freundlichkeit jetzt mehr, als cs ein Vorwurf in Wort oder Miene gethan haben würde. Man besprach seine Reisepläne. Er gab mit großer Offenheit seine Gründe dafür und ließ es gern gelten, daß er seinen Schwestern eine Freude damit zu machen wünschte. — Dabei konnte er Erna auch erzählen, wie sehr Emmy sich gewundert, daß dieselbe nichts gethan, sie in der ersten Trauerzeit zu sehen. Erna lachte wie er und behauptete, das sei seine Schuld, während er sich als den Mißhandelten dar stellte. So streiften sie fortwährend den geheimen Grund ihres nun so plötzlich beigelegten Streites, ohne denselben direkt zu berühren, und dies neckende Scherzen über ein Weh, welches Beide tief gefühlt, machte sie jetzt, nun es vorüber war, um so glückseliger. Erich dachte nicht daran, wieder aufzubrechen. Der ganze lange Sommerabend verging ihm in einem Rausch von Glück und wie ein Falter um das Licht flatterte seine Unterhaltung um die geheimsten Ge danken und Wünsche seines Herzens, ohne sie direkt zu berühren. Mit geheimen Erstaunen sahen die übrigen eine so auffallend plötzliche und unverkennbare Sympathie sich entwickeln. Sie konnten nicht wissen, wie lange diese beiden jungen Herzen schon sehnsüchtig einan der zugestrebt, und wenn ein Mitglied des Kreises eine Ahnung davon hatte, so war es Tante Luise, welche von Minute zu Minute unruhiger aussah und vergeblich warnende Blicke auf ihren Zögling warf oder denselben auf alle mögliche Weise abzuziehen suchte von dem eifrigen Geplauder mit dem glück strahlenden Willwart. Man nahm im Garten unter großen uralten Eichen das Abendbrot ein. — Der Blick über den See war wunderschön heute; drüben am andern Ufer lugte aus dichtem Gezweig das graue Schieferdach von Schloß Froysberg. Eine treffliche Pfirsichbowle schmeckte auch den Damen, die Stimmung belebte sich mehr und mehr, und freier und ungezwungener glitt die Unterhaltung von einem Gegenstand auf den Anderen. E« war ganz natürlich, daß man auch auf den unglücklichen Froysberg kam. Die Art, wie Erich über ihn und die Katastrophe redete, war so offen und rückhaltlos, daß er nicht begriff, warum sich die Blicke der Anderen so cigenlhümlich zustimmend und wohl gefällig kreuzten. In der nächsten Minute dachte Erich schon nicht mehr daran, er hatte besseres zu tbun, und ließ sich nicht träumen, daß eben jetzt, wo man sich erhob, eine kleine Promenade zu machen, Tante Luise Herrn von Rochlitz zuflüsterte: „Aber bester Baron, das ist ja das richtige Sturmlausen! Und Sie mögen sagen, was Sie wollen — man sieht in keines Menschen Herz. Ich begreife Erna nicht. — Ich bin empört! — Wissen Sic denn nicht, daß man erzählt, das FroySbergsche Vermögen würde kaum reichen, die Schulden dieses Eroberers zu decken. Die ganz» Majorathsherrlichkeit kommt unter Sequester, wenn eS dem jungen Herrn nicht gelingt, eine reiche Erbin —- „Aber meine liebe gute Tante Louise," lachte Herr von Rochlitz belustigt, „sollte es dem armen Willwart denn nur um die Erbin zu thun sein? Sehen Sie doch nicht in jedem ledigen Mannsbild einen Mam monsknecht, einen Gelkwolf! Sie beleidigen ja un ausgesetzt mit Ihren „wohlgeprüften Lebensansichten" die ganze Menschheit!" (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — London. „Jack der Aufschlitzer" soll wieder einmal gefaßt sein. Vor einigen Tagen hörte man kurz vor Mitternacht in einer berüchtigten Straße im Osten Londons, wo Jack schon zwei Opfer abge schlachtet hat, Hilferufe. Die Polizei war diesmal alsbald zur Stelle und fand eine Prostituierte mit einem Manne ringend. Er hielt einen Revolver in der Hand, war wie ein Gentleman gekleidet, und gab an, den Revolver nur zur Nothwehr gezogen zu haben. Befragt, was er zu einer solchen Zeit in dieser verrufenen Gegend mache, erwiderte er, er habe die Plätze besuchen wollen, wo Jack the Rippcr seine Mordthaten begangen. Eine Droschke warte auf ihn in der Nähe. Das war richtig, machte aber seine Sache nur verdächtiger, da man bei ihm ein langes Schlächtermesser und einen kleinen schwarzen Sack fand. Und da sein Aussehen auf die Beschreibungen paßt, die von Jack gegeben wurden, so hofft man, daß in ihm Jack endlich gefunden und dingfest gemacht worden sei. — Angesichts der Thatsachc, daß eS noch immer viele Menschen giebt, welche eine Petroleum- Lampe nicht in der rechten Weise zu behandeln verstehen, sei auf Nachstehendes besonders aufmerksam gemacht: Petroleum-Lampen brennen schlecht: 1) wenn der Docht nicht gerade abgeschnitten ist; 2) wenn der Cylinder nicht paßt; 3) wenn der Docht zu alt ist. Das Geradeschneiden des Dochtes ist sehr schwierig, es ist dazu jedenfalls eine scharfe Scheere erforderlich. Uebrigens braucht man den Docht nicht zu schneiden; es genügt das Darüberwischen mit einem Putzläppchen, nachdem man den Docht etwa einen Millimeter über den Rand des Brenners hinaufgeschraubt hat. Da bei muß man aber die Röhre des Brenners jedes Mal gut reinigen. Jeder Cylinder ist untauglich, der eine zu hohe Kappe besitzt, d. h. bei dem die Einschnürung zu hoch angebracht ist. Bei solchen Cylindern giebt auch die beste Lampe ein trübes Licht und schwelt leicht beim Heraufdrehen des Dochtes. Die Einschnürung des Cylinders darf nur 2 cm. über dem Rande des Brenners stehen. Cylinder mit zu hoher Kappe tausche man um oder lasse sie vom Glaser abschneiden. Besser etwas zu niedrig als zu hoch, weil man bei Cylindern mit niedrigen Kappen durch Hinauf- oder Hinabschieben in der Hülse des Trägers die Flamme nach Belieben regulircn kann. Eine Petroleumflamme niedrig drehen, um Oel zu sparen, ist eine ganz verfehlte Spekulation. Eine niedrige Flamme verbraucht ebensoviel Petroleum wie eine normal brennende; bei ersterer verdunstet nämlich, >vie der Geruch lehrt, ein Theil des Oelcs. WaS den Docht selbst betrifft, so empfiehlt es sich, ihn alle 3 Monate zu erneuern, weil er nach dieser Zeit wegen des eingedrungenen Schmutzes nicht mehr saugt. — Harcmsdamen als Tapferkcitsmedaillen. Von Zeil zu Zeit pflegt der Emir von Afghanistan, nach einem alten Brauche an seinem Hofe, einige Damen aus seinem wohlbesetzten Harem an die ver dienstvollsten und tapfersten Offiziere seines Heeres zu verschenken. Da diese Damen gewöhnlich sehr schön sind und vom Emir auch eine stattliche Mitgift erhalten, so werden natürlich jene Offiziere beneidet, denen das Glück so eine Haremsperle in den Schoß geworfen hat. Vor Kurzem hat nun der Emir wieder eine solche Damcnvcrtheilung vorgenommen, und zwar hat er diesnial acht Haremsdamcn ver schenkt. Die acht dazu bestimmten Offiziere verfügten sich in den Audienzsaal des Palastes wo der Emir, umgeben von seinem Kriegsminister und dem Eunuchen- Chef, sie erwartete. In einem Nebengemache befanden sich die acht Haremsdamen. Nun trat die jüngste dieser Damen tief verschleiert in den Saal, besichtigte die Offiziere und überreichte einem derselben, der ihr am besten gefallen, eine Rose, als Zeichen, daß sie ihn erkoren habe. DaS Pärchen verließ sogleich den Saal. Nun folgten die anderen Damen, je nach ihrem Alter, und wählten sich gleichfalls einen Gatten. — Deidesheim. In der ganzen Stadt herrscht freudige Aufregung. ES hat sich herransgestellt, daß sämmtliche Steuerzahler der Stadt irrthümlicher Weise in den letzten Jahren zu viel Steuern bezahlt haben. Die überschüssigen Beträge werken in diesen Tagen den Bürgern kapitalisirt wieder eingehändigt. Die höchste Summe, die auf einen Steuerzahler entfällt, beträgt — 3 Pfennige. — Bei der Besetzung Oberschwabens durch die östereichischen Truppen im Jahre 1746 betrugen sich die Husaren besonders übermüthig. Ein Hnsar ging wie der „Bär" erzählt, so weit, daß er sich von dem Bauer, bei dem er in Quartier lag, und dessen Knecht in den Schlaf wiegen ließ; dabei mußten die Beiden nach Art eines katholischen Responsoriums singen: Der Bauer: Ich wiege den gnädigen Herrn! Der Knecht: Und das ihu' ich gar so gern! Als der Husarenoberst die Schwadron inspizirte, beklagte sich der Bauer. Der Oberst ließ in Folge dessen vor versammeltem Kriegsvolk dem Husaren 25 tüchtige Hiebe auf die Verlängerung des Rückens ab wechselnd durch denselben Bauern und seinen Knecht geben. Dabei mußten dieselben folgendes Responsorium anstimmen: Der Bauer: Ich prügle den gnädigen Herrn! Der Knecht: Und das thu' ich gar zu gern! — Das Schickaniren der Bauern soll seitdem aufge hört haben. — Erhabenes Vorbild. Jnstruktionsoffizier: „Die Schildwache darf den ihr anvertrauten Posten unter keiner Bedingung eigenmächtig verlassen. Merkt Euch das, Ihr jungen Leute, und nehmt Euch ein Beispiel an dem römischen Krieger Pompeji, der während des furchtbaren Ausbruchs des Vesuvs vor der Wohnung des Kommandeurs Wache stand und von glühendem Ascheregen überschüttet wurde. Mit einer Ausdauer, die ihres Gleichen sucht, blieb der brave Soldat in strammer Haltung auf seinem Posten, bis er endlich siebzehnhundert Jahre später ausgegraben wurde!" — Zarte Andeutnng. Der Kaufmann Lilien thal ist mit seinem Buchhalter beschäftigt, die Bücher abzuschließen, und findet, daß ein sonst pünktlich zahlender Kunde nicht regulirt hat. „Schreiben Sie 'mal dem Manne sofort eine Postkarte!" fordert er den Buchhalter auf. — „Aber, Herr Lilienthal", wendet dieser ein, „man darf doch eine Mahnung nicht auf eine offene Karte schreiben!" — „Wieso nicht", erwidert Lilienthal, „Schreiben Sie nur die Adresse — werd' ich's Ihnen zeigen!" — Der Buch halter thut es, und Lilienthal schreibt auf die Rück seite der Karte nur das eine bedeutungsvolle Wort: „Nun?" Ergebens! Jakob Lilienthal. — Im Kursaal eines französischen Bade ortes, so erzählt der „Figaro", wird eine Sammlung für die Hinterbliebenen verunglückter Seeleute ver anstaltet. Eine der sammelnden Damen, eine reizende Pariserin, tritt mit ihrem Teller an einen steifnack igen englischen Lord heran. „Danke!" ich habe schon gegeben!" tönt es ihr trocken entgegen. Sie verbeugt sich lächelnd, wie nur eine Pariserin lächeln kann. Da holt der Lord ein Goldstück heraus und legte es ihr auf den Teller mit den Worten: „DaS ist für Ihr schönes Auge!" — „Ich hab'zwei, mein Herr!" entgegnete sie munter, und der Lord spendet unter dem beifälligen Lachen der Umstehenden ein zweites Gold stück. — Ein gutes Wort. Der Sohn vom Schwarz- bachmüllcr will heirathen. Als er seinem Vater die Sache verträgt, donnert der ihm entgegen, daß er sich das aus dem Sinn schlagen solle; daraus würd' nichts! Da legt der bei der Verhandlung anwesende Großvater des Heirathslustigen folgendes gute Wort für ihn ein: „Haß doch dem Bub'n sei Will'«! Warum soll der's besser Han als wir!« — Vom Regen in die Traufe. „Ach," sagt der Herr Assessor, wie er mit seiner Frau spazieren geht „da kommt der Herr Rath mit seiner Ehehälfte — ich mag den faden Leuten nicht begegnen!" — „Rasch, rasch dahinein!" flüsterte sein Weibchen und zieht ihn ins — Modcmagazin. — Gutes Gewissen. Richter: „Angeklagter, Sie sind jetzt entlassen, — der wirkliche Dieb ist er mittelt!" — Lehmann: „Nn, sehn Se, Herr Richter, ick hab' nier doch jleich jedacht, det ick unschulrig bin." Staiiürsamtlichc Nachrichten von Eibenstock vom 2. bis mit 8. September 1891. Geboren: 228) Dem Hufschmied Friedrich Paul Krauß hier 1 T. 229) Dem Maschinensticker Ernst Magnus Unger hier I S. 230) Dem Fabrikarbeiter August Albert Seidel hier 1 T. 231) Dem Maschinensticker Ernst Emil Baumann hier 1 T. 232) Dem Lehrer Carl Friedrich Bräuer in Blauen thal 1 S. 'Aufgeboten: 44) Der Handarbeiter Gustav Oswald Anger hier mit der Maschinengehilfin Emilie Friederike Flach hier. , Eheschließungen: 41) Ter Vordrucker Paul Cornel Wag ner hier mit der Zuschneiderin Anna Milda Flemming hier. 42) Der Schneider Ernst Bruno Gräßig hier mit der Stickerin Jenny Unger hier. 43> Der Steinmetz Oskar Richard Fug mann in Sofa mit der Näherin Anna Marie Albert in Blauen thal. 44) Der Dienstknccht Albert Eduard Georgi hier mit der Aufpasserin Emma Emilie Baumann hier. 45) Der Buch druckereibesitzer Max Eduard Ungethüm in Lengenfeld mit der Emma Selma Dörssel hier. Gestorben: 173) Der ledigen Stickerin Rosa Theresie Rau hier Sohn, Gustav Conrad Willy, I M. 10 L. alt. 174) Des Stickmaschinenbesitzers Karl Bernhard Neubert hier Sohn, Sans Bernhard, I M. 30 T. alt. 175) Des Handarbeiters Gustav Emil Mühlmann hier Sohn, Alfred Albert, 3 M. II T. alt. 178) Der Oeconom Carl Friedrich Heinz in Wildenthal, ein Ehemann, 73 I. 4 M. 28 T. alt. 177) Des MaschinenstickerS Gustav Emil Stemmler gen. Staab hier Tochter, Martha Marianne, «in Zwillingskind, 2 M. 26 T. alt. 178) Des Fa brikarbeiters Carl Bernhard Hüthel in Blauenthal Sohn, Georg Willy, I I. 10 M. 25 T. alt. 179) Des Maschinenstickers Gustav Emil Stemmler gen. Staab hier Tochter, Helene Ma rianne, ein Zwillingskind, 2 M. 26 T. alt. 180) Des Hand arbeiters Adolf Emil Stemmler hier Tochter, Hulda Minna, 3 M. alt. I8l) Des Zimmermanns Ernst Gustav Weiß hier Tochter, Clara Doris, 3 I. 4 M. 3 T. alt.