Volltext Seite (XML)
Grabdenkmal an der Nordseite der Kirche neben der Halle sich befindet, hat wahrscheinlich seine letzte Ruhestätte inner halb der Kirche neben dem Muttergottesallar gefunden. Der Gedenkstein ist erst 1832 an den jetzigen Platz gesetzt worden. Die Inschrift lautet: „Anno 1661 den 14. Juli starb in Christo der weylanö Edle Gestrenge Herr Johann Heinrich Dorn von Dornfels auf Ober Kietzdorf usw. Er war Gott und dem Menschen Lieb . . ." Mich hat dieser Dorn von Dornfels von jeher interessiert, wie wertvoll sind doch der artige Gedenksteine,' so gibt diese Figur mit dem breit fallenden Gewand, mit dem großen Kragen und Puffärmeln, den faltigen Schaftstiefeln mit Sporen nicht nur einen Einblick in die Tracht jener Zeit, sondern vor allem in das menschliche Antlitz. Wie hast du, Bruder Mensch, vor nahezu dreihundert Jahren dein Leben gelebt? Wie hast du unsere Welt empfunden? Die Figur ist voll Leben, der Bildhauer verstand sein Handwerk, sein Name ist leider unbekannt. Die Ostritzer Kirche birgt noch manches wertvolle Kunst werk. Dr. Taute-Dresden hat die Kirche mit ihren Altären und der wertvollen Kanzel vom Jahre 1668 eingehend be schrieben. Nur eins greife ich aus den Kunstschätzen der Ostritzer Kirche heraus: die kostbaren Altargeräte (Skizze 2). Da verdient vor allem die gotische Monstranz unsere größte Aufmerksamkeit. Der Form nach zu urteilen, ist diese Mon stranz Ende des fünfzehnten Jahrhunderts gearbeitet wor den. Es ist merkwürdig, wie so oft der Kunsthandwerker, so auch hier, in seinen Formen die Architektur als Vorbild nimmt. Gotische Strebepfeiler und Strebebogen, Maßwerk und Fialen schmücken mit einigen religiösen Figuren die Monstranz, sie ist fein sauber in Silber gearbeitet, der obere Teil ist vergoldet. Die Monstranz mit der Strahlensonne stammt aus dem Jahre 1663 und zeigt mit den Engeln und dem reich ornamentierten Fuß ganz und gar barocke For men, wie auch der Speisekelch vom Jahre 1715; er ist bezeichnet mit Tobia Hyronimo Noll. Loci.; außerdem enthält er das Wappen der Marienthaler Aeb- tissin Agnes von Hayn. Der Ostritzer Kirchen schatz enthält noch mehr Kostbarkeiten als die hier gezeichneten. Es strahlt von diesen hei ligen Gefäßen schon in den rein äußeren kunst handwerklichen Formen eine geheimnisvolle Kraft aus. Die evangelische Kirche ist in einer Zeit gebaut, die es leider nicht ver standen hat, die archi tektonische Form der Kirche in das Stadtbild von Ostritz einzuordnen. Schon bas Rot dieses Ziegelbaues ist ein Fremdkörper in unserer Heimat. Aber im Innern verdienen die figür lichen Wandmalereien von Hans Lillig, Zittau, besondere Er wähnung als Beweis dafür, daß ein fein emp findender Künstler durch Farben und Formen selbst einem schwer zu stimmenden Jnnenraum Werte zu geben vermag. Die Stadt Ostritz hat unter Feuersbrünsten viel zu leiden gehabt, viele interessante alte Gebäude sind dabei zer stört worden. Nament lich der große Brand am 17. Februar 1824 muß fürchterlich gewütet haben, einhundertdrei Wohnhäuser und acht zehn Scheunen wurden ein Raub der Flammen, sechshundert Menschen waren dadurch obdachlos und all ihrer Habe be- 4 raubt worden. Aber immer noch strömt uns in Ostritz trotz der vielen Zerstörungen der eigenartige Reiz einer feinen Kleinstadt entgegen. Ruhiger scheinen hier die Wogen des Lebens abzuklingen, Ruhe atmen die Häuser, die Gasten und die Plätze. Diese ruhige Linie empfinden wir besonders stark in der Häuserzeile des Marktplatzes (Fig. 3). Meist nur zweistöckige Häuser umrahmen den großen Marktplatz, der fast so groß wie der Dresdner Altmarkt ist. Man vergleiche nur einmal die einzelnen Fassaden miteinander; die Häuser, die ganz gleichmäßig erscheinen, haben doch jedes ihren eigenartigen, wenn auch bescheidenen architektonischen Reiz. Gurlitt schreibt über den Marktplatz: „Sehr eigenartig und an Zittau erinnernd ist die Gestaltung der Zufahrtsstraßen zu den Ecken des Marktes, so namentlich nach Nordosten und nach Nordwesten, wo durch Abtreppungen der Zugang zur Straße bewirkt ist. Ueberall ist für die Geschlossenheit des Platzes gesorgt. Die Straßen überschneiden sich fast nirgends ohne eine Verschiebung der Ecken, so daß jede Straße von einem Hause aus bestrichen werben kann. Die Aufteilung des Geländes erfolgte so, daß die Häuserblöcke gegen den Markt zu etwa gleiche Frontbreitc haben, die dann in drei oder vier Grundstücke abgeteilt wurden. Die mit den Marktwänden parallelen Straßen dienten wohl ursprünglich alle als Hinterstraßen und für den Durchgangs verkehr, der den Markt nicht berührte. Die Kirche lag an einer dieser Straßen, deren Verkehr noch heute über den ummauerten, mit Toren versehenen Kirchhof führt." Bei der Skizze 3 habe ich die unschöne Reklame an dem Eckhaus nicht mitgezeichnet und lasse so nur das Firmen schild Conrad Sprenger wirken. Es muß immer wieder gesagt werden, daß die Beschriftung der ganzen Fassade mit Ankündigungen aller Art nur störend auf den Vorüber gehenden wirkt. Die moderne gute Werbekunst muß ganz andere Wege gehen. — Einen überraschenden Anblick ge währen die Häuser in der Zittauer Straße mit ihren alten Laubenvorbauten und Laubengängen. Mitten unter den Steinhäusern der Stadt noch ein alter Oberlausitzer Fachwerk bau! Schwer und ge drungen reihen sich die Laubenbogen der Stein häuser aneinander, leicht und zierlich erscheinen dagegen die Holzfäulen, die das Fachwerkhaus tragen. To reizvoll wie diese Laubengänge auf der Zittauer Straße, fo müssen wir uns den Marktplatz und andere Straßen der Stadt Ostritz vor dem Brande von 1824 vorstellen. Sehr wertvoll erscheint mir immer wieder ein Haus, wenn es wie hier in der Zittauer Straße mit einer Plastik ge schmückt ist. Das Haus stammt vom Jahre 1710. Es hat an der Ecke eine kräftig modellierte Kon sole, darauf steht die Sandsteinfigur des hei ligen Nepomuk. Noch manches ließe sich von Ostritz berichten und zeichnen. Eins besondere Be rühmtheit muß aber noch erwähnt werden, es ist der Blumberger Steg, eine alte hölzerne schmale Brücke im Zuge des Ostritz—Blumberger Weges. Der Ostritzer Kunstmaler Emil Pischel hat diesen Steg ver schiedentlich dargestellt; ein wirkungsvolles Oel- gemälde von diesem Stege hat der Stadtrat zu Ostritz in seinem Besitz. .5