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Gewebstheile. — §. 82. 435 keine Beste von Nierensubstanz erkennen lassen (Kühn, D. Arch. f. kl. Med. 1875 XVI. p. 322). Dass Niereneiterung zur Ablösung und Fortschwemmung von Stück chen des Organs führen kann, wurde schon im vorigen Paragraphen erwähnt. Taylor (ref. in Schmidt’s Jahrb. 114 p. 40) beobachtete, dass ein 11jähriger Knabe, der vor 1 / i Jahr Scharlach überstanden hatte, öfter Eiter, nie Blut mit dem Harne entleerte. Eines Tages verstopfte sich plötzlich die Harnröhre und erst nach vieler Anstrengung ward ein über 20 Gramm wiegender rundlicher Kör per entleert. Derselbe war weich, pülpig, unregelmässig gefetzt, grau gefärbt, . zum Theil in Zersetzung begriffen, und ergab sich bei mikroskopischer Unter suchung als unzweifelhaftes Nierenstückchen mit deutlichen Malpighi’schen Kör perchen und gut erhaltenem Epithel in einzelnen Hamcanälehen. In den er weichten und stellenweise vereiterten Nieren fanden sich bei der Section. hier und da einzelne lockere Stückchen, welche durch Eiterung schon fast ganz sich los- gestossen hatten und mit dem durch den Harn entleerten Körper die grösste Aehn- lichkeit zeigten. — Wiederhold (Virch. Arch. 1865 XXXIII. p. 552) berichtet aus der Praxis von Stilling, dass ein seit einiger Zeit wegen Abscesses in der linken Nierengegend an Albuminurie und Pyurie leidender Kranker eines Tages einen trüben sedimentirenden Harn entleerte, in welchem sich ein taubeneigrosser bandartiger Knäuel von Gewebsmasse befand. Er ward als Nierensubstanz er kannt, in der sich noch recht deutlich die Hamcanälehen nachweisen Hessen. Der Kranke lebte noch zwei Jahre lang. — Experimentell erzeugte Maas bei Kanin chen Nierensequester durch Quetschung der Nierensubstanz. Beim Menschen ist etwas Derartiges in Folge von Trauma noch nicht beobachtet worden (D. Ztschr. f. Chir. 1878. X. p. 170. 172). Miliare Nierentuberkel führen, wenn sie überhaupt Symptome hervorrufen, höchstens zu Hämaturie verschiedenen Grades und verschiede ner Hartnäckigkeit, in Folge etwaiger stärkerer Injection ihrer Umgebung. Vielleicht erzeugt diese auch mitunter die Ausscheidung von Harncylindem. Spuren von Detritus bei Verkäsung derselben dürften kaum zu deuten sein. 'Wichtiger ist die Nephrophthisis. Man versteht hierunter die käsige Entzündung der Nieren, des Nieren beckens und der Ureteren, das Besultat eines chronischen Entziindungs- processes der betreffenden Theile mit käsigem Zerfall, welches zur Entstehung eines sich ausbreitenden (tuberkulösen) Geschwürs oder mehrerer dergleichen, so wie zur Losstossung mehr oder weniger bedeutender Massen von Nierensubstanz führt. Bisweilen ist eine analoge Erkrankung der Blasenschleimhaut das Primäre; sie setzt sich gern ununterbrochen durch die Harnleiter auf die Nieren fort und führt ebenfalls zur öfters multiplen Geschwürsbildung. Ferner nimmt das die Blase, die Ureteren und Nieren umgebende Zellgewebe an der Ent zündung und Verkäsung Theil. Ausserdem giebt es eine hier nicht weiter in Betracht zu ziehende, öfter primäre, gleichartige Erkrankung der männ lichen, sehr selten auch der weiblichen Genitalien (Birch-Hirschfeld, Lehrb. d. path. Anat. p. 1072). Die Erkrankung kann peripher anfangen und in der Kichtung nach den Nieren fortschreiten (ascendirender Verlauf, nach Birch- Hirschfeld der häufigere), oder den umgekehrten Weg einschlagen. Vgl. hier über Ebstein, Ziemss. Hdbch. d. Path. IX. 2, sowie die Handbücher der patho logischen Anatomie von Kokitansky, Klebs, Birch-Hirschfeld. Was die Diagnose dieses Zustandes durch den Harn anlangt, so ist zunächst der Möglichkeit zu gedenken, dass derselbe keinerlei Abweichung