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Epithelien. — §. 80. 425 beckens und der Hamcanälchen nicht vollständig. Eine geringe Zahl der selben hat nicht die Bedeutung einer krankhaften Erscheinung. Das Vorkommen von Epithelien in reichlicher Menge im Harne ist stets ein krankhafter Process, auch wenn dieselben keine von ihrem normalen Verhalten abweichende Beschaffenheit besitzen. Eine vorübergehende wenig bedeutende Circulationsstörung der Schleimhaut ist die Ursache dieser Erscheinung, analog der Desquamation der Haut nach vorheriger Hyperämie derselben. Zeigen dagegen die Epithelien Trübung durch Fetttröpfchen oder körnige Degeneration, erscheinen sie in Bruchstücken oder sind sie durch Verwandlung in eine Detritusmasse in ihrer Form gänzlich zu Grunde ge gangen, so bedeutet reichliches Auftreten solcher Elemente im Harn, dass ihr Ursprungsort Sitz eines degenerativen Processes, entzündlicher oder nichtentzündlicher Natur, geworden ist. Man findet daher bei paren chymatöser Nephritis, bei intensiveren acuten Katarrhen des Nierenbeckens, der Harnleiter und der Harnblase stets reichliche, mehr oder weniger ver änderte Epithelien im Harn; neben vermehrter Schleimabsonderung sind sie nicht selten die ersten, bei massigeren Affectionen die einzigen Zeichen des krankhaften Processes. Nach Wyss (Arch. d. Heilk. 1868 IX. p. 245) zeigen die Blasen-, Ureteren- und Nierenbeckenepithelien in den ersten Harnmengen nach Beginn des Reactions- stadiums der Cholera ganz gewöhnlich einen ausserordentlich starken Gehalt an Fetttröpfchen; desgleichen finden sich darin kleinere und grössere Schleimgerinnsel und Schleimklümpchen. Die körnige Degeneration der Nierenepithelien ist die Folge von localen (Embolie, venöse Stauung, entzündliche Zustände) oder allge meinen (Infectionen, Intoxicationen, Verbrennung der Haut, Fieber) Ursachen. Dieselben erscheinen im Beginn des Processes ungewöhnlich stark eontourirt, homogen, stark lichtbrechend und glänzend, weiterhin feinkörnig und wie bestäubt, endlich bestehen sie aus einer zusammenhängenden Masse, in der man feinere (albuminöse) und gröbere (fettige) Körnchen unterscheiden kann. Sie zerfallen, füllen das" Lumen der Hamcanälchen aus und werden mit dem Harne weg geschwemmt. Schon ohne Behandlung mit Reagentien lassen sie die Kerne er kennen, welche früher durch das trübe Protoplasma verdeckt waren. Je intensiver die Schädlichkeit einwirkt, um so rascher tritt ihr Zerfall ein (septische Processe); je langsamer dies geschieht, um so ausgeprägter ist ihre Fettdegeneration unter Erhaltenbleiben der Form, z. B. bei der Phosphorvergiftung. Selten kommt eine amyloide Degeneration der Epithelien vor. (Klebs, Hdbch. d. path. Anat. I. 2. p. 619.) Bei örtlich beschränkten Blennorrhöen der Harnwege lässt sich der Sitz der Affection bisweilen aus. der Form der Epithelzellen erkennen. Das abgestossene Cylinderepithel der Hamcanälchen bildet öfter grössere röhrenförmige Stückchen vom Durchmesser und der Gestalt der Hamcanälchen. Das Epithel der übrigen Harnwege, vom Nierenbecken bis zur Harnröhre, bildet ein mehrfach geschichtetes Pflasterepithel. Die oberflächlichste Schicht des selben besteht aus mehr oder weniger platten Zellen, die im Nierenbecken im Ganzen kleiner, weniger abgeplattet, bisweilen unregelmässig und mit Ausläufern versehen erscheinen, während die in der Harnblase meist grösser und stärker ab-