Semiotischer Theil Anleitung zur qualitativen und quantitativen Analyse des Harns, sowie zur Beurtheilung der Veränderungen dieses Secrets mit besonderer Rücksicht auf die Zwecke des praktischen Arztes
Schleim. — §. 79. 423 Leber, Pancreas) in geringer Menge vorkommt, -wahrscheinlich auch bis weilen im Harn (Strecker). Ygl. p. 31. M o s 1 e r (Virch. Arch. 37, p. 43) hebt einen Gehalt des Harns an Hypo xanthin als ein charakteristisches Zeichen der lienalen Leukämie hervor. Sal- kowski (Ibid. 50, p. 185) konnte dieses Vorkommen nicht bestätigen, ebenso wenig Reichardt (Jen. Ztschr. V. p. 390). Tyrosin kommt meist mit Leucin zusammen in Lösung vor, nur in seltenen Fällen, bei besonderer Reichlichkeit, auch als Harnsediment. Beide wurden bis jetzt vorzugsweise bei acuter Leberatrophie und Phos phorvergiftung gefunden und sind für diese Krankheit gewissennassen charakteristisch. Doch kamen sie auch in einzelnen Fällen von Leukämie, Typhus, Pocken etc. vor (vgl. Taf. I, Fig. 5). Griesinger (Arch. d. Heilk. 1864 V. p. 390) fand sie beim Leberadenoid im Harn. Ossikovszky (Wien. med. Wschr. 1881. 33. 34.) tritt mit grosser Wärme dafür ein, dass alle vermeintlichen Fälle von sog. acuter Leberatrophie durch Phosphorvergiftung bedingt sind. Das Auftreten von Leucin und Tyrosin im Ham ist nicht an den atrophischen Zustand der Leber bei dieser Krankheit gebunden, sondern tritt schon in dem Stadium derselben auf, in dem die Leber vergrössert ist. Leucin und Tyrosin erscheinen gewöhnlich am 6. Tage massenhaft im Harn, und dauert ihre Absonderung etwa 3 Tage lang fort. Am 9. Tage der Erkrankung scheint das Leucin zu schwinden, und findet man nur noch das. schwerer lösliche Tyrosin; am 14. bis 15. Tage hört die Ausscheidung auch von diesem auf. — Ossikovszky citirt Arbeiten von sich selbst, Wyss und Ebstein, Schultzen und Riess, A. Frankel etc. über diesen Gegen stand. Wyss (Schweiz. Ztschr. f. Heilk. 1864. III. p. 321).citirt Tüngel. Leucin ist überall spärlicher vorhanden als Tyrosin und fehlt zeitweilig ganz. Valentiner (Arch. f. Anat, u. Phys. 1854 p. 392) fand es im Ham eines Epileptikers mit Schädelfractur und Hirnerschütterung. Nach Anderson (Brit. med. Journ. s. Wien. med. Wschr. 1880. 51. p. 1404) finden sich Leucin und Tyrosin bei zahlreichen Krankheiten und scheine ihr Auf treten durch entsprechende Abnahme des Harnstoffes bedingt zu sein; Leucin bilde in sehr geringer Menge einen nahezu normalen Harnbestandtheil. §. 79. Schleim. Jeder Harn, selbst der von Gesunden, enthält etwas Schleim, welcher von der Schleimhaut der Harnwege, namentlich der Blase und Harnröhre stammt. Bei Weibern mischt sich dem Harn auch nicht selten Schleim und Epithel aus der Vagina bei. Ein geringer Schleimgehalt des Harns hat daher keine pathologische Bedeutung. Er erscheint meist in Form einer leichten Wolke, die sich sehr allmählich zu Boden senkt und wird am besten erkannt, wenn man den Harn in einem Glase bei durchfallen dem Lichte betrachtet. Mehu (V. H. Jber. 1876 I. p. 259) leugnet die Zumischung von Schleim zu diesen Trübungen, insbesondere bei Männern, durchaus. Bei abnormer Vermehrung des Schleimgehaltes nimmt die wolkige Trübung zu und es erscheint bei längerem Stehen ein schleimiges Sedi-