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Fett. — §. 70. 393 Unter den gröberen Veränderungen des Harnapparates giebt am häufigsten die Fettdegeneration der Nieren Anlass zu Lipurie (Morbus Brightii, Phosphorvergiftung etc.); es findet sich hier das Fett ganz besonders in der Form von Tröpfchen und Körnchen innerhalb der Epithelien und der Harncylinder. Kletzinsky (Hell. Arch. 1852) fand im Harne verschiedener Personen, die an Morbus Brightii litten, einen Fettgehalt von 0,24 — 0,26 — 0,28 — 0,25 — 0,37 — 0,48 — 1,27 p. Mille. — In grösserer Masse, so dass zahlreiche Tröpfchen auf der Oberfläche des Harns schwimmen, erscheint es mitunter bei in die Harnwege per- forirenden Abscessen der Nieren, der Nierenbecken und des fettreichen Zellgewebs- lagers der Nieren, zumal wenn deren stagnirender Inhalt der Fettdegeneration seiner zelligen Elemente verfallen war. (Ebstein, D. Arch. f. klin. Med. XXIII. p. 115; Mettenheimer, Arch. d. V. f. gemeinsch. Arb. I. p. 375.) Unter diesen Umständen ist gleichzeitiges Erscheinen von Blut, Blutfarbstoff und Umwandlungs- producten desselben (bei Ebstein Hämatoidinkrystalle) im Harn nichts besonders Auffälliges. Eine nähere Untersuchung des Fettes ergab im Ebstein’ sehen Falle, dass es aus einem Gemenge von öl-, margarin- und palmitinsaurem Glyceryl- oxyd bestand; es war frei in der Flüssigkeit, Einschluss in Zellhüllen wurde nicht beobachtet. Ueber Lipurie bei anderweitigen Affectionen ist schon seit alter Zeit bekannt, dass Phthisis und andere zu Kachexie führende Krankheiten dazu Veranlassung werden können. Heinrich (Schm. Jber. 05 p. 15) berichtet über sie bei phthisischen und kachektisehen Geisteskranken. Lehmann (Lehrb. d. physiol. Ch. 1850 II. p. 422) sagt, dass auch die vorsichtigste Untersuchung den Fettharn in Krankheiten nicht abläugnen kann, die mit schneller Abmagerung und besonders hektischem Fieber verbunden sind. Bei Herz-, Pancreas- und Leber krankheiten (Gelbfieber und acute Leberatrophie überhaupt, Fett- und Muscatleber, schliesslich nicht selten auch Carcinom) ist von Verschiedenen Lipurie beobachtet worden. C. O. Weber (Hdbch. d. Chir. 1865 I.) fand sie bei langwierigen Eite rungen, besonders bei Knochen- und Gelenkkrankheiten, beim Zerfall von Granu lationen, bei Krebsen und Sarkomen, bei Gangräne, bei Pyämie. Viele Erfahrungen der Neuzeit haben die durch Zenker und Wagner (Arch. d. Heilk. III. p. 241 u. VI. p. 146) gefundene Resorption von Fett in Lymph- und Blutgefässe nach Knochenbrüchen und sonstigen bedeutenderen Verletzungen, nach Knochenopera tionen, Osteomyelitis u. dgl. m., als Ursache von Fettausscheidung durch die Nieren kennen gelehrt; Glomeruli und Hamcanälchen sind dabei nicht selten mit flüssigem Fett ausgezeichnet injicirt. Halm (Ctrlbl. f. d. m. W. 1877 p. 188) meint, dass dasselbe wohl grösstentheils durch die Nieren entfernt werde. Nach S c r i b a (D. Ztschr. f. Chir. 1879 XII. p. 118) erfolgt reichliche Fettausscheidung unter diesen Umständen gewöhnlich eigenthümlicherweise in einzelnen Perioden von mehrtägiger Dauer, welche durch Zwischenzeiten mit fettfreiem Ham unter brochen sind; es können drei und vier solche Perioden auf einander folgen. Lipurie findet sich endlich auch bei Vergiftungen mit Kohlenoxydgas. Vgl. Rass- mann (Diss. Halle 1880). Nur bei sehr grossen Mengen von Fett im Harn nach Verletzungen zeigt es sich darin nach S c r i b a in der Form von Tropfen, meist sind nur kleinste Tröpf chen vorhanden. Riedel (D. Ztschr. f. Chir. X.) beschreibt als Folge der Aus scheidung des Fettes nach Brüchen der grossen Röhrenknochen als häufige Er scheinung Albuminurie mit verschiedenartigen Formen von Harncylindern; einer eigenthümlichen braunen, durch veränderten Blutfarbstoff ausgezeichneten Form schreibt er pathognostische Bedeutung zu; auch etwas Blut fand sich mit unter im Harn. Nach R i e d e 1 ’ s Ansicht entstehen die braunen Massen, zum Theil wenigstens, in Folge davon, dass aus den bei der Fractur entstehenden Gerinnseln