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392 Abnorme Bestandteile. §. 70. unter gewöhnlichen Verhältnissen im normalen menschlichen Harn nicht findet, während es hei einzelnen Thierarten, namentlich Hunden und Katzen, ein physiologischer Bestandtheil zu sein scheint (Schacliowa, Hiss. Bern 1876; vgl. Grützner, Arch. f. d. ges. Phys. XXIV. p. 463). ■Wahrscheinlich wird es im Wesentlichen durch die gewundenen Harn- canälchen ausgeschieden. In stärkerem Maasse tritt das Fett hei diesen Thieren, in massigem Grade auch hei gesunden Menschen dann auf, wenn grössere Mengen zumal leicht resorbirbarer Fette (z. B. Lebertliran) durch die Verdauungsorgane ins Blut gelangt waren. Dem entsprechend ist bei Kranken der verschiedensten Art, welche solche Fette in reichlicher Menge einführten, öfter gesehen worden, dass kleinere oder grössere Fett tröpfchen auf der Oberfläche des Harns schwammen; vielleicht erscheint es ganz besonders bei solchen Personen, welche der vollständigen Assi milation des mit der Nahrung zugeführten Fettes nicht gewachsen sind. Ehe der Arzt einen Fettgehalt des Harns amximmt, muss er sich erst ver sichern, dass das Fett demselben nicht zufällig — durch unreine öl- oder fett haltige Geschirre oder sonstwie — beigemischt ist, eine Quelle der Täuschung, die gar häufig vorkommt. Zur Erkennung des Fettes genügt nicht selten die einfache Betrach tung der Fettaugen, welche auf der Oberfläche des Harns schwimmen, und es empfiehlt sich, das Fett auf Papier zu übertragen, welches dann die bekannten Flecke zeigt, die beim Trocknen nicht schwinden. Indessen sind solche makroskopische Tropfen nicht immer vorhanden. Meistens er scheint es unter der Gestalt feinster mikroskopischer Fetttröpfchen und Fettkörnchen, welche theils frei im Ham schwimmen, theils in Harn- cylindern eingeschlossen sind, theils endlich ein Degenerationsproduct von Epithelzellen darstellen und dann auch noch von deren Zellhülle um schlossen sein können; diese körperlichen Elemente, specifisch schwerer als Ham, finden sich am Boden des Harngefässes. Nur Vogelius (V. H. Jber. 1879 I. p. 223) beschreibt ausserdem noch zahlreiche „Fett körperchen von 1—2 ;U Grösse“. Unter genössen Umständen endlich er scheint das Fett in äusserst feinen, gleichmässig in der Flüssigkeit ver theilten detritusartigen Partikelchen, deren Wesen bei extremer Feinheit schliesslich nicht einmal die mikroskopische Untersuchung sicher aufzu decken vermag, so dass zu ihrer genauen Erkennung nur der chemische Nachweis — wie für den äusserst seltenen Fall des Vorhandenseins ge lösten Fettes (Langgaard, Virch. Arch. 76 p. 546) — übrig bleibt: der Harn besitzt das Aussehen einer Emulsion oder des Inhaltes der Chylusgefässe zur Zeit der Verdauung (Chylurie). Lipurie ist die Folge theils grob anatomischer Veränderungen der Harnorgane, beziehentlich einzelner Abschnitte derselben, sofern sie mit Fettdegeneration verbunden sind, theils feiner histologischer Anomalieen des secernirenden Apparates der Nieren. Sie erscheint besonders dann, wenn sich auch das Blut durch einen grösseren Fettreichthum auszeichnet.