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562 Quantitative Veränderungen des Urins. §. 100. Scheidung kommt wesentlich auf Rechnung der Erdphosphate, da das normale Verhältniss zwischen der an Kalk und Magnesia zu der an Alkalien gebundenen Phosphorsäure von 1:2,5 sich auf 1:5,7 verschoben zeigte; an einzelnen Tagen sistirte die Ausscheidung von Erdphosphaten fast gänzlich. Beim Gelenkrheumatismus, acuten sowohl als chronischen, ist die Phosphorsäureausfuhr dauernd vermindert (Fischer, Schm. Jbch. 120. p. 23; Andere, insbesondere auch M arrot: „Contribution 'a l’ötude du Rheumatisme articulaire“ etc. These. Paris). Anaemische Personen zeigen, entsprechend ihrem auch in der Harnstoff- und Chlorausscheidung ausgesprochenen herabgesetzten Stoffwechsel, auch eine verminderte Phosphorsäureausscheidung; eine relative Abnahme findet sich sogar in solchen Fällen, die mit vermehrter Urinseeretion verlaufen (Strümpell, Arch. d. Heilk. 1876. XVII. p. 547). Besonders hochgradig ist die Phosphorsäureverminderung nach Deeke (V.-H. Jber. 1879. I. p. 218) bei chronischer Anaemie mit Dementia oder subacuter Manie, während sie bei Anaemie nach Blutverlust nicht eintritt. Ueber die Phosphorsäuremengc des Urins bei Gehirnkrankheiten, in denen nach Zülzer’s Anschauung besonders markante Differenzen auftreten müssten, liegen leider nicht genug Untersuchungen vor, um die gefundenen Veränderungen als über jeden Zweifel erhaben hinzustellen. Nach Ziilzer ist bei allen De pressionszuständen des Gehirnes die Menge der Phospborsäure und der Glycerin phosphorsäure in ihrem relativen Werth vermehrt, bei Excitationszuständen ver mindert, ein Gegensatz zu dem Stoffumsatz anderer Gewebe, welcher in der Ruhe vermindert, in der Arbeit vermehrt ist. Eine absolute und relative Abnahme der Phosphorsäure findet sich nach einer Mittheilung von Strübing (D. Arch. f. kl. Med. 27. p. 111) im katalepti- schen Anfall, und zwar schien die Abnahme der Schwere des Anfalls proportional zu sein, während nachher eine bedeutendere Ausscheidung erfolgte, wahrscheinlich durch Elimination der während des Anfalles retinirten Phosphorsäure. — Ganz ähn liche Verhältnisse bieten die Harnuntersuchungen in der Hypnose (Brock, D. med. Wschr. 1880. No. 45; Strübing, 1. c. p. 111, auch Gürtler, Diss. Breslau 1882). Nach Letzterem zeigte in den Tagen, wo die Patienten hypnotisirt wurden, die relative Phosphorsäure einen umgekehrten Gang insofern, als ihr Werth Nachts höher als am Tage war; nur in einem Fall, in dem die Hypnose nur sehr kurz erhalten werden konnte, fand dieser Typus inversus nicht statt. Ueber Epilepsie existiren ausführlichere Beobachtungen nur von Le'pine und Jacquin (Rev. mens. 1879. Bd. 3. p. 716 u. Berl. kl. Wschr. 1881. p. 111, cf. Mendel: ibid. 1872. No. 49; sowie Lepine, Compt. rend. de la soc. de biol. 1884. 30). Sie fänden den relativen Werth der Phosphorsäure bei Epileptischen in den Intervallen durchgehends niedrig, in einem Fall von primärer Gehirnläsion jedoch annähernd normal, so dass also bei Epilepsie ein niedriger Werth nicht unbedingt nothwendig zu sein scheint. Vor dem Anfall ist die relative Phosphor säuremenge am niedrigsten, um nach dem Anfall die höchste Ziffer zu erreichen, (8,6 vor dem Anfall, 13,0 nach 2 Anfällen bei einem 14jährigen Knaben). Bei einer auf wahrscheinlich syphilitischer Basis beruhenden Epilepsie stiegen nach Quecksilbereinreibungen die relativen Werthe der Phosphorsäure. Zuweilen steigt auch die relative Phosphorsäuremenge an, ohne dass ein Anfall nachfolgt, doch sind dann wenigstens dessen Prodrome vorhanden. Auch die Verbindungsweise der Phosphorsäure zeigte insofern anomalen Verlauf, als im Verhältniss zu den Prodromalerscheinungen eines Anfalles die Erdphosphate Zunahmen, welche in diesem Falle die an Alkalien gebundenen übertreffen können; nach einer Reihe von Anfällen war das Verhälfniss zu Gunsten der Alkalien geändert. Die absolute