Semiotischer Theil Anleitung zur qualitativen und quantitativen Analyse des Harns, sowie zur Beurtheilung der Veränderungen dieses Secrets mit besonderer Rücksicht auf die Zwecke des praktischen Arztes
470 Hamsedimente. §. 85. Zusatz oxydirender Substanzen, als einer Lösung von Kaliuinbicbromat mit Schwefelsäure, oder rauchender Salpetersäure, oder durch Kochen mit chlorsaurem Kali. Wird dagegen der Harn sofort nach der Ent leerung hermetisch verschlossen und ins Dunkle gestellt, so bleibt er un verändert gelb. Das Chromogen ist nicht constant und in gleichmässiger Menge im Harne enthalten, sondern kann sich vorübergehend oder auch auf längere Zeit hinaus, bis zum vollständigen Verschwinden der Reaktion, vermindern, und zwar trotz Weiterschreitens der melanotischen Neubildung. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Melanin beziehentlich Melanogen des Pigmentkrebsharnes ein besonderes und eigenthiimliches Pigment ist und nicht eins der gewöhnlichen Harnpigmente in enormer Vermehrung darsfellt, da es isolirt werden kann, und in seinem chemischen Verhalten (vgl. p. 155) von den übrigen bekannten Farbstoffen des Harnes abweicht. Melanogenhaltiger Harn kann gleichzeitig auch einen reichlichen Indican- gehalt besitzen, doch ist sicher nachgewiesen, dass die Tagesmenge des letzteren nicht vermehrt zu sein braucht, was sie in der That mitunter ist; jedenfalls hängt die dunkle Harnfärbung nicht mit dem Indicangelialte zusammen. Uebrigens ist der Nachweis des Indicans beim Vorhandensein von Melanin wesentlich erschwert; es bedarf dazu der vorherigen Ausfällung und Entfernung der letzteren Substanz. — Nach Kunkel (vgl. Ctrlbl. f. kl. Med. 1881. II. p. 428) lässt sich aus melano tischen Tumoren ein eisenhaltiger, in der Form brauner Flocken zu gewinnender Farbstoff isoliren. — Die empfindlichste Reaktion auf Melanin ist nach Zeller (Berl. kl. Wschr. 1883. 16 p. 247) die mit Bromwasser (gelber, allmählich sich schwärzender Niederschlag); Z. fand in seinem Fall von Melanosarkoma multiplex der Haut geringe Vermehrung der Aetherschwefelsäure, keine von Phenol und Indoxyl, reichliches Hydrobilirubin. Die Erkennung des Melanin ist deshalb von besonderem Wertlie, weil die genauere Diagnose des Pigmentkrebses beim Fehlen melanotischer Metastasen an sichtbaren Stellen nur durch die Melanurie, wenn auch nicht gesichert, so doch äusserst wahrscheinlich gemacht werden kann. Sie wird dies aber nur dann, wenn sich im Harne Melanogen oder Me lanin in Lösung befinden, während der Pigmentantheil eines etwaigen Hamsedimentes an sich Nichts oder wenigstens nichts Bestimmtes ent scheidet — dunkles Pigment kann auch bei anderen Störungen als Pig mentkrebs im Harne vorhanden sein. Indessen muss auch noch der Umstand hervorgehoben werden, dass Melanurie äusserst selten bei nicht- pigmentirtem Krebs vorgekommen ist; die Diagnose des Pigmentkrebses wird also durch ihr Erscheinen äusserst wahrscheinlich, nicht absolut sicher. Die Ausscheidung von Melanogen kann zeitweilig auf hören, der Harn also bei Pigmentkrebs auch normale Beschaffenheit besitzen. Eiselt (Prager Vjahrschr. 1858. 59. Bd. p. 190; 1861. 70. Bd. p. 87; 1862. 76. Bd. p. 26) constatirte zuerst das Zusammenfallen von Melanurie und Pigment krebs (besonders der Leber) in mehreren Fällen, und wies auf die diagnosti sche Bedeutung der ersteren hin; L e r c h bezeichnete den gefundenen Farbstoff als Melanin. Bolze (Ibid. 1860. 66. p. 140) bestätigte den Zusammenhang im All-