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452 Hamsediraente. §. 84. den Beweis, dass ein Coitus stattgefunden hat •— selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass absichtliche Irreleitung ausgeschlossen und der Same nicht etwa erst nachträglich, nach der Entleerung des Harnes, in diesen gebracht worden ist. Die diagnostische und prognostische Bedeutung der Samenzu- mischung zum Harne des Mannes ist im Allgemeinen keine sehr grosse. Nur in einzelnen seltenen Fällen eröffnet die Untersuchung des Harnes auf Samenbestandtheile allein einen genauen Einblick in die Krankheits verhältnisse und ermöglicht allein die Diagnose. Indessen ist sie auch sonst vielfach wünschenswerth zur Ergänzung des anderweitigen Befundes; insbesondere ist die Feststellung regelmässigen, durch den Mictionsakt seihst hervorgerufenen Samenabganges dringend nothwendig. Unter Um ständen kann eine regelmässige Untersuchung des Harnes auf Samen er forderlich sein, insofern sie erkennen lässt, dass etwaige öftere Samen verluste verheimlicht werden; umgekehrt kann auch die Constatirung eines dauernd negativen Untersuchungsresultates eine gewisse Wichtigkeit be sitzen. — Die Prognose der Spermaturie wird durch die Prognose des Samenabganges überhaupt bestimmt. Letztere ist hauptsächlich bedingt durcli die Menge und die Häufigkeit, ferner die mikroskopische Beschaffen heit des Samenabganges, endlich durch die Bedeutung des Vorganges, mittelst dessen derselbe erfolgt. In Betreff der für Diagnose und Prognose wichtigen Einzel heiten ist das Folgende bemerkenswerth: Die kleinen Samenmengen, welche nach Coitus oder Pollution im vorderen 'Theile der Harnröhre Zurückbleiben und heim nacliherigen Uriniren ausgeschwemmt werden, beweisen, dass samenhaltiger Ham eine Erscheinung sein kann, die mit Krankheit absolut Nichts zu thun hat. Krankhaft würde der Samenabgang dieser Art nur durch allzuhäufige, schon auf die geringfügigsten Anlässe erscheinenden Pollutionen werden, und würde diesenfalls das Ausgeschiedene wahrscheinlich auch Abweichungen von der Beschaffenheit normalen Samens erkennen lassen. Bei hartnäckiger chronischer Verstopfung können harte, im untersten Theile des Rectum befindliche Kothmassen beim Defäcationsakt durch den Druck des Spliincter so gegen die Prostata angepresst werden, dass etwas Prostatasecret, also samenfadenfreie, eiweisshaltige Flüssigkeit, in die Harnröhre Übertritt und der nächsten Hamportion sich beimischt. Durch die gleiche Ursache kann auch eine partielle Entleerung der Samenblasen, und hiermit, da deren Secret häufig samen fadenhaltig ist, eine Zumischung von Eiweiss und Spermatozoen zum Harne her beigeführt werden. Die Gesundheit wird durch derartige Abgänge in der Regel nicht gestört, wenigstens dann nicht, wenn dieselben ohne sexuelle Erregung nur auf die eben angegebene Weise zu Stande kommen. Ohne weitere Bedeutung ist auch die Zumischung einer farblosen, klaren, fadenziehenden, schleimigen Flüssigkeit, welche, trotzdem ihr Abgang unter Erektion des Gliedes erfolgt, samenfadenfrei ist und auch bei Zusatz von phospliorsaurem Ammoniak Spermakrystalle nicht liefert, also weder der Prostata noch den Sa menblasen entstammt. Fürbringer (Volkm. Slg. 1. c. p. 1838) bezeichnet sie als Urethrorrhoea ex libidine sexuali, ihr Ursprungsort sind die Cowper’scheu oder die Littre’schen Urethraldrüsen.