mußte ein Herrschaftsinhaber Grund und Boden für die neue Stadt, Schutz für ihre Einwohner und eine Rechtsordnung für die Gemeinschaft der Kaufleute geben. Alle diese Voraussetzungen waren im Falle von Colditz vorhanden, als es nach 1200 zur Gründung der eigentlichen Stadt kam. Daß die Gründung nicht schon früher erfolgt ist, erkennt man daran, daß Colditz niemals Reichsstadt war, über die der König die Stadtherrschaft innegehabt hätte, und daß keinerlei königliche Rechte in der Stadt nachzuweisen sind. Sie wurde von den Herren von Colditz zu einer Zeit gegründet, als die königliche Gewalt im pleißenländischen Reichsterritorium schwach geworden war und die königlichen Amtsträger zu selbständiger Herrschaft emporzusteigen begannen. Das Wappen der Stadt enthält das Wappen der Burggrafen von Altenburg als des führenden Herrengeschlechts im Pleißenland, die Altenburger Rose, und das Wappen der Herren von Colditz als der eigentlichen Stadt gründer. Das dritte, markmeißnische Wappen ist erst nach dem Verkauf der Herrschaft an die Markgrafen hinzugekommen. Diese Stadtgründung erfolgte nun unmittelbar unter der Burg in Anleh nung an die neue Hauptverkehrsrichtung Badergasse—Töpfergasse, wo ein freier Platz abgesteckt, mit Häusern bebaut und mit einer Mauer umgeben wurde. Man kann sicher annehmen, daß dabei die Kaufleute aus der Nikolaisiedlung in die Stadt hereingenommen wurden, denn Kaufleute waren immer das führende Element bei Städtegründungen im 12. und 13. Jh. Ihre Häuser blieben seitdem unbewohnt und wurden später in Scheunen umgewandelt. Noch um 1830 standen im Gebiet der heutigen Nikolaistraße nur Scheunen und Keller. Nur die Nikolaipfarre wird weiterhin bis zur Reformationszeit bewohnt geblieben sein. Durch die Verlagerung der Hauptverkehrsrichtung und die Gründung der eigentlichen Stadt ist die Nikolaisiedlung in den toten Winkel geraten und abgestorben. Die Herren von Colditz und die neuen Bürger mögen sich bei der Grün dung der Stadt von allem Anfang an über die Grenzen im klaren ge wesen sein, die ihrer wirtschaftlichen Entwicklung gesetzt waren. Sie be schränkten sich darauf, einen Marktplatz mit etwa 25 Häusern zu be setzen, ähnlich wie es in Rochlitz der Fall war. Auf die Anlage eines Straßennetzes wie in den größeren Nachbarstädten Leisnig und Grimma verzichtete man von vornherein, weil eine solche Stadtanlage niemals hätte ausgefüllt werden können. So erkennt man schon aus der Kleinheit der Stadtgründung, daß die junge Stadt am Anfang des 13. Jh. vor allem die Aufgabe hatte, ein wirtschaftlicher Mittelpunkt für das umliegende Landgebiet zu sein, wie es ja auch den Interessen der Herren von Colditz entsprach. Neben den Kaufleuten gab es zweifellos von Anfang an schon Handwerker, so daß die Stadt in der Lage war, die Bedürfnisse der Bauern in den umliegenden Dörfern zu befriedigen,