dem Grundbuch von 1833 ") die Ratsscheune und der sogen. Nikolai- garten lagen. Man kann diese beiden Grundstücke als Zeugnisse für ein ehemaliges Gemeindehaus der Kaufmannssiedlung und für das Nikolai-Pfarrhaus ansehen. Die sämtlichen im Gebiet der Nikolaisied- lung gelegenen Grundstücke waren 1833 „Kastenlehen", d. h., daß dem Colditzer Gotteskasten, also dem Kirchenvermögen, die grundherrlichen Rechte darüber zustanden. Auf dem großen Plan von Colditz vom Jahre 1693 12 ) weist die Straßen führung noch ganz deutlich darauf hin, daß die drei von Westen kom menden Fernstraßen ursprünglich an der Furt die Mulde überquerten. Wenn man die Entstehung der Kaufmannssiedlung St. Nikolai in die erste Hälfte oder spätestens in die Mitte des 12. Jh. legt, dann stellten die Straßen die Verbindung nach der nahegelegenen Burg Rochlitz, nach dem damals schon sehr wichtigen Burg- und Handelsplatz Alten burg und nach der Burg Leipzig her. In östlicher Richtung gab es nur die Straße zur Burg Leisnig. Auf jeden Fall ist die Nikolaisiedlung älter als die Badergasse, deren Entstehung erst nach dem Bau der Brücke denkbar ist, weil sie die ge naue Verbindung zwischen Schloß und Brücke darstellt. Die Kaufleute hätten sich nicht an einer immer unsicheren Furt angesiedelt, wenn die Brücke schon vorhanden gewesen wäre. Als Colditz im Jahre 1158 Reichsburg und damit in ein weitgespanntes Herrschaftssystem einbe zogen wurde, stieg auch seine Bedeutung als Verkehrsmittelpunkt. Be reits damals muß die Muldenbrücke erbaut worden sein, wodurch sich die Hauptverkehrsrichtung im Colditzer Raum verlagerte. Von den da mals neubesiedelten Gebieten im Westen und Osten führten nun neue Straßen nach Colditz, die sich aber jetzt nicht mehr nach der Furt, son dern nach der Brücke ausrichteten. Das sind die Straßen nach Lausick und Waldheim. An der erstgenannten entstand nun die Badergasse als zweiter Siedlungskern. Sie gehörte zur Burg und hatte ihre Abgaben an Pfeffer, Mohn und Senf zu entrichten, bei denen es sich ähnlich wie in anderen Reichsburgen um sehr alte Abgaben handelt. Es wurde oben schon gesagt, daß die Pfefferzinse bereits im Jahre 1189 nachzuweisen sind; damals muß die Badergasse, in der noch 1833 zwei Häuser einen solchen Zins zu entrichten hatten, bereits bestanden haben. Nun setzte aber gegen Ende des 12. Jh. zugleich mit der Anlage deut scher Kolonistendörfer im sächsischen Raum auch die Gründung von Städten ein. Zur Gründung einer Stadt waren verschiedene Vorausset zungen notwendig. Sie konnte nur an einer günstigen Stelle erfolgen, wo sich Verkehrswege kreuzten oder eine Fernstraße einen Fluß über schritt. Es mußte eine größere Zahl von Kaufleuten zusammenkommen, die sich entschlossen, sich an diesem Platze für dauernd niederzulassen