ZUR GESCHICHTE DER BESIEDLUNG DES COLDITZER LANDES Hans Walther Im Laufe der geschichtlichen Epochen hat der Mensch seine Lebens grundlagen durch die Anlage und den Ausbau von Siedlungen immer mehr erweitert und verbessert. Die Möglichkeit und die Notwendigkeit zur Siedlung entsprang zu allen Zeiten den bestehenden gesellschaft lichen Verhältnissen. Wirtschaftliche und gesellschaftliche Prozesse för derten oder hemmten die Erschließung der sich zur Nutzung darbie tenden Landesnatur. Daher ist auch das Siedlungsgefüge einer Land schaft nichts Starres, Unveränderliches, sondern ständig sind an ihm Kräfte wirksam, die es mehr oder weniger stark umgestalten. So ver schoben sich mit dem Wechsel der Zeiten des öfteren die Schwerpunkte des gesellschaftlichen, politischen, ökonomischen und kulturellen Lebens innerhalb einzelner Gebiete und verursachten damit einen Struktur wandel , Siedlungen und Siedlungsräumen. Große Prägekraft in dieser Hi - t entfaltete infolge ihres relativ langen Bestehens die feudale Gei. schaftsordnung, da ihre Grundlage im wesentlichen die agrarische Prc ^uktion war. Noch größere Wandlungen führt die im Aufbau befindliche sozialistische Gesellschaftsordnung herbei, deren Gestalter wir heute selbst sind. Auch im Colditzer Land formte die Geschichte der Gesellschaft die Kulturlandschaft in entscheidendem Maße. Aufschlüsse über den Werde gang unserer Siedlungen erhalten wir aus der Art und Weise der Gewinnung des Lebensunterhalts durch ihre Bewohner, d. h. den in ihnen vorhandenen Produktionszweigen, Produzenten und Konsumen ten und ihrer Stellung zueinander im Produktionsprozeß sowie aus ihrem Anteil und ihrer Verfügungsgewalt über den gesellschaftlichen Gesamtertrag, ihren kulturellen Traditionen, ihrem biologischen Wachs tum u. a. m. Können wir diese Verhältnisse in jüngerer Zeit, etwa seit dem 16. Jh., quellenmäßig relativ gut erfassen, so fehlen uns jedoch für die vorausgehenden Epochen weitgehend die Quellen, die uns sichere Kenntnisse darüber vermitteln könnten. In der Regel sind es neben wenigen alten Urkunden und anderen schriftlichen Aufzeichnungen (Chroniken, Güter- und Zinsverzeichnissen usw.) die Bodenfunde des Archäologen und die Namen der Siedlungen, Gewässer, Berge und Fluren, die uns Ablauf und Ausdehnung der Siedlungsentwicklung in früher Zeit anzuzeigen vermögen, über die in dieser Frühzeit wirksam gewesenen gesellschaftlichen, ökonomischen und kulturellen Triebkräfte können beide uns allerdings nur andeu tungsweise und nur unvollkommene Aussagen machen. Neben diesen 55