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DER COLDITZER TURMER (Ratsarchiv Colditz Abt. II Sect. IV Nr. 5) Eine wichtige Funktion im städtischen Leben des 16./19. Jh. hatte der Stadtpfeifer und Türmer inne. Colditz ist in der glücklichen Lage, aus dem Jahre 1678 gleich zwei urkundliche Nachweise zu besitzen, die einmal den durch den Türmer zu leistenden Eid, zum anderen aber auch die ihm obliegenden Aufgaben genau festhalten. Da bisher nur die Aufgaben des Türmers aus dem Jahre 1813 bekannt geworden sind, die allerdings denen des Jahres 1678 weitgehend gleichen, soll der Wortlaut beider Urkunden an dieser Stelle kundgetan werden. Dies ist deswegen aufschlußreich, weil hierdurch zugleich ein Blick auf Gepflogenheiten geworfen werden kann, die mit dem städtischen Gemeinwesen in engem Zusam menhang stehen. Der Eid des „Hausmanns ufn Thurm und Stadtpfeifers" lautet: „Ich NN schwöre, demnach C. C. Rathe hiesiges orthes mich zum Stadtpfeiffer und Haußmann angenommen, daß ich solches Diensts nach meinem besten Vermögen treulich abwarthen, zuförderst der gnädigsten Hohen Landes Obrig keit, dann wohlvermeldtem Rathe, unterthänig, treu, hold und gewärtig seyn, deroselben ehre und Nutzen nach mögligkeit fördern, unehre und schaden abwenden, über gemeiner Stadt Wohlfarth fleißige Wacht halten, auch sonst mich meiner Bestallung allenthalben gemäß bezeigen und also verhalten wil, wie einem treuen Unterthan und Diener gebühret, so wahr mir Gott helffe durch seinen Sohn Jesum Christum, Amen!" Die Aufgaben, die der Rat dem Türmer übertrug, werden 1678 folgendermaßen formuliert: „zu tag und nacht die Wache fleißig verrichte, und über gemeine Stadt gut obsicht haben, so etwa Feuersgefahr entstehen, einiger Feind sich der Stadt nahen, oder sonst ein auflauff und Empörung erheben mögten, solches unge- seumet entweder durch den Sturmschlag, oder durch deutliches Zuruffen kund machen, so auch an andern orthes eine Feuersbrunst oder sonst etwas unge wöhnliches sich von ferne sehen und hören ließe, Unß oder dem regierenden Bürgermeister iedesmal anzeigen, auf die Schlag-Uhr fleißig acht haben, und die Stunden mit dem Hammer richtig nachschlagen, solche auch bey der nacht mit dem Wächterhörnlein melden. Hiernebenst aber das Stadtpfeifferdienst treulich mit verrichten, alle Sonn- und Festtage nebenst seinem Gesellen in der Kirche mit zu Chore gehen, Gott zu ehren der Cantorey mit ihrer Instrumental- music bey wohnen, an Hohen Festtagen so wohl frühmorgens als nach geendigten Gottesdienste wie auch bey aufführung eines neuen Raths, an Jahr- merckte, und sonst zu andern Zeiten, wie bishero bräulich gewesen, mit seinen Gesellen vom Thurme abblasen, bey Hochzeiten und anderen Ehrengelagen oder Zusammenkünfften, dahin er zur Aufwartung erfordert wird, sich so wohl gegen den Wirth als die Gäste bescheiden und vergnügsam erweisen, inzwischen aber die Thurm Wache mit einer Fleißigen und zuverlässigen, auch so viel möglich ist, einer Manns Person versorgen, ohne unser oder des regierenden Bürger meister vorwißen über Land nicht verreisen, auch sonst in allen und ieden stücken Unß und gemeiner Stadt seine treue erweisen, nach hiesigen Statuten und unsern Gebothen und Verbothen, sich ieder Zeit und dermaßen verhalten solle, wie einem redlichen treuen Stadtdiener eignet und gebühret.