polizeilich gesucht. Sie schlugen jedoch den Polizeischergen ein Schnipp chen und konnten mit Hilfe der Arbeiter aus den Versammlungen ent kommen, in denen sie auftraten. Genosse Ritter war damals Vorsitzender des Gewerkschaftskartells, das eine bedeutende Rolle spielte. Er versteckte sich beim Dachdecker Richard Michael in der Haingasse und später bei der Familie Stahn. Als er zum Arbeitsgericht nach Leipzig fahren wollte, gelang es den Polizeischergen, ihn auf dem Bahnhof zu verhaften. Sechs Wochen wurde er in Leipzig, Elisenstraße, in Schutzhaft gehalten. Die Arbeiter in Colditz wurden gefestigt, um ihren Aufgaben gerecht zu werden. Den fortschrittlichen Kräften ging es damals um die Bildung der Arbeitereinheit im Kampf gegen die reaktionären Kräfte in Deutsch land und um die aktive Abwehr der bewaffneten Aktionen der Reaktion. Allein in Colditz bildeten sich drei Hundertschaften der Arbeiterwehr. Die Industriearbeiter stellten dabei den Hauptteil an Kräften. Sie hat ten aber nicht nur einen schweren politischen Kampf auszufechten, auch ökonomisch griffen die Kapitalisten immer wieder an und versuch ten, aus den Arbeiterinnen und Arbeitern das höchste an Gewinn her auszuholen. Im Organ des Verbandes der Porzellanarbeiter und verwandter Berufe, „Die Ameise", vom 7. November 1925 wurde dazu u. a. folgendes gesagt: „Jeder Schritt, jeder Griff, jede Körperwendung ist berechnet. Keine Bewe gung wird umsonst oder zuviel getan. Das gilt für jede Tätigkeit im Betrieb. Die wohlberechneten und ausgeklügelten, teilweise vielfach maschinellen Einrichtungen, in die sich jeder normale Mensch zu schicken vermag, ermöglichten der Betriebsleitung die Ausnutzung aller wirtschaft lichen Schwächen der Arbeiter und Arbeiterinnen. Sie haben die Macht stellung ihnen gegenüber voll ausgenutzt. Durch dauernde Inserierung in der sächsischen Provinzpresse erzielt sie ein ständiges Arbeitsangebot. Dieses nutzt die Angestelltenschaft auf Anweisung zur Einschüchterung der Belegschaft und zur Auslese der Tüchtigsten und Geschicktesten. Beim geringsten ertappten Vergehen im Betrieb fliegen Beschäftigte ohne Gnade aufs Pflaster. Das stets über den Kolleginnen und Kollegen schwe bende Damoklesschwert der Entlassung bewirkt Furcht, Ducken, Maul halten und Spitzeltum. Die Beschäftigten werden gefügiges, willenloses Werkzeug, weil auch die Hast der Tätigkeit, die durch Neid erzeugte Leistungssteigerung die Seelenregungen eindämmen und schließlich ver kümmern lassen. Die in der Arbeiterschaft leider noch vorhandene Gehässigkeit und Selbst zerfleischung tragen dann auch noch dazu bei, den Rest noch vorhandener Einsicht und Erkenntnis zur Abwehr zu vertilgen. Der Kampfeswille und die Zusammenarbeit zur Verbesserung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse leiden darunter außerordentlich, und die Leitung der Aktie weiß das voll auszunutzen.