VON DER ERSTEN WILLKÜR ZUR SOZIALISTISCHEN DEMOKRATIE Werner Hahmann In den nunmehr hinter uns liegenden 700 Jahren Colditzer Geschichte, die zugleich ein Abriß der Geschichte unserer näheren und weiteren Heimat ist, liegen die Epochen der feudalistischen Herrschaft, des auf strebenden Bürgertums, der Monarchien und der kapitalistischen Ent wicklung. Welches gesellschaftliche Leben hat sich wohl in diesen 700 Jahren in unserer Stadt abgespielt, und welche Möglichkeiten hatten die Men sehen in diesen Jahrhunderten, um ihr gesellschaftliches Leben selbst zu gestalten und das Recht der Bürger in ihrer eigenen Stadt zum bestimmenden Faktor ihres Lebens zu machen? Von der ersten für alle Bürger unserer Stadt Colditz verbindlichen Norm des bürgerlichen Zusammenlebens, „Der ersten Willkür", wie sie in dieser Festschrift im Urtext festgehalten und als älteste Colditzer Stadt ordnung bekannt ist, bis zu dem „Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht" und zur „Ordnung über die Aufgaben und die Arbeits weise der Stadtverordnetenversammlung und ihrer Organe in den kreis angehörigen Städten", die ihre Grundlage in der Verfassung unserer Deutschen Demokratischen Republik haben, liegen über 500 Jahre des Ringens und des Kampfes der Bürger um ihr Recht. Bis auf das letzte Jahrhundert gibt es in den Archiven der Stadt wenig Materialien, die vom Kampf der Bürger um die Durchsetzung ihrer Rechte Kunde geben. Deshalb kann auch zu der Fragestellung ohne tiefgründiges Studium und ohne Ausschöpfung aller Materialien in anderen Archiven keine befriedigende Antwort gegeben werden. Ein historischer Rückblick auf die politische Entwicklung der Städte und Gemeinden in Deutschland läßt erkennen, daß der in ihr verwirklichte Grad von Demokratie immer in einer gewissen Relation zum Kampf der fortschrittlichsten Bürger gegen die feudalen, dynastischen und kapi talistischen Kräfte der Reaktion in der Staatsführung stand. Schon in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts versuchten deshalb liberale Vertreter der Städte, durch Vereinigung ihre Stellung zu festigen. Sie stießen aber dabei auf den energischen Widerstand des Staates. So verbot z. B. 1855 der Berliner Polizeipräsident auf Grund eines beson deren Ministererlasses einen in Bildung begriffenen Verband der Bür germeister. 1879 unternahm die Regierung des kaiserlichen Deutsch lands unter Bismarck die verschiedensten Versuche, Bestrebungen zur Gründung eines Städtetages zu unterbinden. Wenn es in dieser Zeit