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Boden verbundenen Menschen war größer als die der wenigen Privi legierten. Daß dabei die Benennung von der Tätigkeit des Ackerns her zuleiten ist, braucht nur am Rande erwähnt zu werden. In einem konkreten Falle, der hier abschließend erörtert werden soll, kommt den Flurnamen eine so große Bedeutung zu, daß allein dies genügen würde, um die Berechtigung ihrer Sammlung und Bearbeitung zu begründen. Wenn die Frage gestellt wird, wie unsere Heimat in früheren Zeiten ausgesehen hat, so denkt man weniger an die Berge und Täler, weil die sich ja erfahrungsgemäß nicht allzu sehr verändern. Eher wird man danach fragen, was vor Jahrhunderten in unserer Ge gend wuchs. Auf die Kulturpflanzen wurde bereits kurz eingegangen. Interessanter ist aber, was die Flurnamen über die natürliche Vege tation aussagen. Schon bei den kurzen Erörterungen über die sla wischen Flurnamen war deutlich geworden, daß sich ein Großteil auf Bäume bezieht. 66 slawische und 154 deutsche Flurnamen nehmen Be zug auf den Wald oder auf die unmittelbare Waldwirtschaft, d. h., mehr als 10 Prozent des gesamten Namenbestandes. Dabei sind der Col- ditzer Wald, der Thümmlitzwald und der Tiergarten mit ihren vielen Be nennungen noch nicht einmal einbezogen. Wie in den slawischen Na men a uch stehen Heide „lichter Weidewald" (10 Belege), Hain ur sprünglich „gehegter Wald" (13 Belege), Hart bei uns = Weidewald (5 Belege), Holz (49 Belege), Busch (13 Belege) und Eiche (12 Belege), Buche (14 Belege), Birke (5 Belege), Erle (4 Belege), Linde (3 Belege), Espe (2 Belege) und Pappel (1 Beleg) nebeneinander. Nadelbäume sind in Flurnamen fast gar nicht verzeichnet. An alten Kollektivbildun gen sind bezeugt: Tännicht (Bockwitz, Erlbach), Birkicht (Collmen), Erlicht (Schönbach, Kleinsermuth), Dörnicht (Thumirnicht), Schmerlicht (Zschirla), Häckicht (Erlbach, Meuselwitz), Stockicht (Hausdorf, Zollwitz) sowie Weidicht (Kötteritzsch, Kralapp, Lastau, Möseln, Rüx, Groß- und Kleinsermuth, Seupahn). Lichter Heidewald, bestehend aus Laubbäumen, hat also in früheren Zeiten dem Colditzer Gebiet das Gepräge gegeben. Er bot die Möglich keit zur Waldweide, zur Bienezucht, lieferte Holz, Bast und Streu und schützte zugleich die fruchtbare Ackerkrume vor dem Wind. Dem auf den Feldern Schaden anrichtenden Wild bot er keinen günstigen Aufent halt. Als viele Gemeindewälder und der im Kirchenbesitz befindliche Wald um die Mitte des vorigen Jahrhunderts abgeholzt wurden, ver änderte sich das Gesicht der Landschaft. Ein Vergleich alter Karten mit den heutigen Restbeständen zeigt deutlich, welche Verluste eingetreten sind. Zieht man die Flurnamen zu Rate, so erscheinen die auf uns ge kommenen Reste in noch bescheidenerem Lichte. Das soll kein Klage lied sein, denn in der Endkonsequenz ist das doch nur ein Zeichen da für, daß der arbeitende Mensch auf dem Lande sich den Erfordernissen