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Rechte sowohl des Amtsmüllers und seiner Leute als auch der Mahl gäste genau bestimmt. Eine ganze Reihe technischer Anweisungen geben einen interessanten Einblick in die Obliegenheiten des Müllers in bezug auf Erhaltung und Pflege der Gebäude, Maschinen, Geräte und aller zur Mühle gehörenden Inventarien. Besonderer Wert wird auch auf redliches Verhalten beim Wiegen von Getreide, Mehl und Schrot und beim Abziehen des Naturallohnes gelegt. So mußte z. B. der Mühlenpächter, der auch als Mühlenmeister, Administrator oder Amts müller bezeichnet wurde, einen besonderen Müllereid leisten, durch den er sich verpflichtete, jedermann, arm oder reich, getreulich zu mahlen und niemanden an seinem Gut zu bevorteilen. Ganz ähnliche Eide hatten die Mühlenoffizianten (die Metzner, Ausreuther, Mühlknap pen und Malzmahler), wie sie in der Ordnung bezeichnet werden, zu leisten. Die Eide sind alle der Mühlenordnung angefügt und sind von beträchtlicher Länge. Nach § 26 war der Müller gehalten, von einem Scheffel Gertreide, sei es zum Mahlen oder Schroten, nicht mehr als die gestrichene Dresdener Metze — das war ein Sechstel des Scheffels — zu nehmen. Neben diesem allen Müllern zustehenden Naturalmahllohn durfte der Colditzer Mühlenpächter noch ein Beutelgeld von 6 Pfennigen von den Einwohnern der Stadt Colditz und von 4 Pfennigen von den Mahlgästen vom Lande erheben. Auch das allgemeine Verhalten des Müllers und seiner Leute wird in der Mühlenordnung weitgehend bestimmt. Sie sollten den Mahlgästen glimpflich und bescheiden begeg nen, und in § 59 heißt es: „Wann ein Mahl Gast sein Getreyde auf einem Pferde zur Mühle bringet und das Mehl so wiederum abholet, so sind die jüngsten Mühl Pursche oder Jungen, von welchen es ver langet wird, gehalten, obschon der Mahl Gast selbst gemahlen, ihn sofort mit dem bey sich habenden Mehl, vor der Mühle auf das Pferd zu helfen und dürfen deshalb in keiner Weise einiges Trinkgeld for dern." Die letzten Amtsmühlenpächter waren Gottlob Ludwig Hennig und sein späterer Schwiegersohn, der Müller Carl Leopold Schlobach. Seit 1826 war Carl Leopold Schlobach alleiniger Mühlenpächter, übernahm 1850 die Mühle käuflich vom Staate und wurde somit zum Gründer der heutigen Firma C. L. Schlobach. Bereits nach zweijährigem Besitz wurde die Mühle nach modernsten Gesichtspunkten, nämlich dem sogenann ten amerikanischen System, umgebaut. Anfang der 60er Jahre erhielt die Schneidemühle eine Furnierschneiderei angegliedert, die aber bereits 1864 einer Graupenmühle Platz machen mußte. 1876 löste der Staat den auf der Mühle ruhenden alten Mahlzwang mit einer Ent schädigung von 12 000 Mark und 5 Prozent Zinsen ab. Um diese Zeit ging man in allen größeren Mühlen, so auch in der Colditzer, von der Lohn- zur Handelsmüllerei über. Um diesen erhöhten Anforderungen