ZUR DEUTUNG DES ORTSNAMENS COLDITZ Ernst Eichler Obgleich im letzten Jahrzehnt viele in der Zeit der slawischen Besiedlung gegebene und seitdem in Urkunden überlieferte Orts-, Gewässer- und Landschaftsnamen sicher gedeutet werden konnten *), gibt es noch eine ganze Anzahl schwieriger Namen, deren Erklärung (Etymologie) große Schwierigkeiten bereitet. Es wäre methodisch unzulässig, hier die eine oder andere schon früher vorgeschlagene Etymologie als das letzte Wort betrachten zu wollen. Zu diesen schwierigen Namen gehört zweifellos auch der Name der Stadt C o I d i t z in Sachsen, freilich nur mittelbar, denn der Zusammenhang mit dem Namen der slawischen Völkerschaft bzw. Landschaft C o I o d i c i kann nicht bestritten werden. Diese sla wische Völkerschaft, in den „Annales Bertiniani" (ad a. 839) als ein Teil der Sorben (Sorabi) überliefert, saß nördlich der Fuhne und südlich der Landschaft Serimunt. 2 ) Ottonische Urkunden nennen in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts die K o I e d i z i (973: Monumenta Germ, hist., Dipl. Ottonis II Nr. 28, 30; 981: in pago Colidiki ebd. Nr. 265, Transsumpt v. J. 1295). Der Name der Stadt Colditz wird erst 1046 zum ersten Male genannt: Cholidistcha, dann im 12. Jh. Colidiz, Coledize, Colditz (Herkunftsname), im 13. Jh. stehen noch Schreibungen mit Ch- (C h o I - d i z usw.); seit dem 14. Jh. ist die heutige Form (K o I d i t z usw.) nach weisbar. 3 ) Es gibt aber noch zwei weitere Orte, die offensichtlich mit dem Landschaftsnamen Colodici, Koledizi usw. in Beziehung stehen: 1. Köllitzsch südöstl. Torgau (1378 K o I d i c z), 2. die Wüstung Colditz bei Loburg (1292 C o I d i z), vgL Kalitz Kr. Jerichow (alt Colditz). Sämtliche bisher vorgetragenen Deutungen können aus lautlichen oder wortbildungsmäßigen Gründen nicht befriedigen, weder die Etymologie zu slaw. kolodej .Radmacher', noch die zu slaw. kol^da in tsch. k o I e d a .Neujahrstag, Weihnachtsumgang' (Lehnwort aus dem Latei nischen) oder etwa zu einem PN Kol- mit -d-Suffix (so Hey). ') Am ehesten ist der slawische Personenname K o I d a , 1327 in Böhmen belegt und wahrscheinlich auch im Ortsnamen Koldin (1309 Col- d i c z I) enthalten 5 ), als Koseform zum christlichen Heiligennamen Nikolaus aufzufassen. 6 ) Ein christlicher Name scheidet aber für das 9. Jh. oder für die früheren Jahrhunderte slawischer Besiedlung sowohl für den Landschaftsnamen Colodici als auch für die genannten Ortsnamen aus. Zwischen dem Namen der Stadt Colditz/Sa. und dem Landschaftsnamen Colodici besteht offenbar eine ähnliche Beziehung in nördlicher Richtung wie zwischen dem Namen der Landschaft Serimunt, die