ZUR GESCHICHTE DES COLDITZER SCHLOSSES Horst Naumann „Es wird geschrieben, daß die Burg Colditz sehr alt sey und schon zu Zeiten Julii Caesaris und Augusti wieder die Römer sey erbauet wor den . . . noch andere setzen die Befestigung in die Zeit der Hunnischen Einfälle... noch andere sprechen: Colditz sey befestigt worden, als A(nno) 621 die Wenden sich zu Leisnig, und in dieser Gegend feste gesetzt . . . Endlich wird dafür gehalten, die Burg sey zu Caroli M. (= Karls des Großen) Zeiten mit gebauet worden, als er A. 789 durch Carolum (seinen Sohn) seinen Wenden lassen überziehen." ') Diese Stelle aus Johann Kamprads Leisniger Chronik aus dem Jahre 1753, die völlig mit den Angaben der Beschreibung des Schlosses Colditz aus dem Jahre 1710 2 ) übereinstimmt, zeigt das alte Bemühen, der Ver gangenheit markanter Baudenkmäler nachzugehen. Daß dabei Dich tung und Wahrheit sehr eng beieinanderstehen, hängt einerseits mit den Erkenntnismöglichkeiten in jener Zeit zusammen, zum anderen mit dem Bestreben, Licht in diejenigen Zeiträume zu tragen, zu denen der Zugang mit Hilfe der urkundlichen Überlieferung verschlossen blieb. Den Menschen der damaligen Zeit mußte der Blick für die großen Zusammenhänge fehlen, ihnen fehlten aber auch die wissenschaftlichen Hilfsmittel, die heute jedem ernsthaft nach Wahrheit Strebenden zugänglich sind. Die historische Rückorientierung reichte zumindest bis Caesar, und da die Geschichte damals im wesentlichen eine Geschichte „großer Männer" war, ist es nicht verwunderlich, daß am Ende Karl der Große steht. Bemüht werden auch die in der Erinnerung gebliebenen großen nichtgermanischen Völkerbewegungen der Hunnen und der Slawen. Diese Fixpunkte in der historischen Entwicklung, die man mit Colditz in Verbindung zu bringen suchte, prägten das Geschichts bewußtsein der damaligen Zeit. Weder Thamm noch Kamprad noch dem Verfasser der „Burg Zier" kann deswegen ein Vorwurf gemacht werden; wenn sie sich auf sicherem historischen Boden bewegen, sind sie als Chronisten nämlich sehr gründlich und zuverlässig. Wenn heute die Geschichte eines so markanten Bauwerkes wie des Colditzer Schlosses untersucht wird, dann muß das von sehr unter schiedlichen Ausgangspunkten her geschehen. Einmal geht es darum, die Baulichkeiten als solche zu betrachten. Neben der künstlerischen — oder besser kunstgeschichtlichen — Seite steht die zweckgebundene. Neben dem Bauherrn, dem Baumeister und den zur Ausgestaltung herangezogenen Künstlern und Handwerkern, die zum Teil namentlich bekannt sind, steht andererseits das Heer der Namenlosen, der Dienst pflichtigen, die die schweren körperlichen Arbeiten ausführen mußten