DIE COLDITZER STADTFLUR Horst Naumann Während bei den bäuerlichen Siedlungen unseres Gebietes die den menschlichen Wohnbereich umgebende, landwirtschaftlich genutzte Flur unerläßliche Voraussetzung für die Existenz von Mensch und Vieh ist, trifft dies für die städtischen Siedlungen nicht im gleichen Maße zu. Als Musterbeispiele hierfür können Colditz und Grimma betrachtet werden. Zwar gibt es zwischen beiden keine unmittelbaren Parallelen, aber im Endergebnis stimmt der Vorgang des Flurzuwachses weitgehend überein. Grimma wurde auf einer Kiesinsel, einem Werder, westlich der Mulde im Schutze des Steinknöchels angelegt und hatte am östlichen Ufer das Knieholz, später Ratsholz und heute Stadtwald genannt, durch das die Verkehrswege nach Osten führten. Colditz lag am östlichen Ufer der Mulde und besaß einen Streifen Land am westlichen Ufer, der den Zugang der Verkehrswege vom Westen ermöglichte. Dabei war der östlich der Mulde gelegene, zu Colditz gehörige Anteil an Flur nicht größer als der von Grimma. Doch gab es in Colditz bis ins 16. Jh. viel mehr .Sonderbesitz' östlich der Mulde als in Grimma, so daß der eigentliche .Lebensraum' der Stadt also bedeutend kleiner war. Heute liegt der flächenmäßig größte Teil der Colditzer Flur westlich der Mulde. Diese Vergrößerung der Flur erfolgte in mehreren Etappen. An der ersten Etappe im 15. Jh. war das Amt wesentlich mitbeteiligt, wie aus dem Amtserbbuch von 1506 deutlich zu erkennen ist. Es war vor allem eine administrative Etappe, die jedoch beträchtliche wirtschaftliche Folgen hatte. Die zweite Etappe des Flurzuwachses der Stadt liegt im 16. Jh. Sie hängt mit zwei wichtigen Veränderungen zusammen: mit der Übernahme der Gerichtsbarkeit durch den Rat der Stadt und der Auf lösung des herrschaftlichen Vorwerks um die Mitte des 16. Jh. Auch hier steht die administrative Maßnahme am Anfang. Doch entsprangen diese administrativen Maßnahmen letztlich doch bestimmten wirtschaft lichen Gegebenheiten. Ohne wirtschaftliche Gründe hätte der Kurfürst durch seinen Sachwalter, das Amt, nicht größere Stücke Landbesitz erworben und später auch nicht dem Rat der Stadt größere Rechte eingeräumt oder gar sein Vorwerk aufgelöst. Der westmuldische Flurzuwachs, gleichbedeutend mit einer beträcht lichen Ausweitung des schmalen Streifens der alten Stadtflur am West ufer der Mulde, hängt damit zusammen, daß zwei ehedem bestehende Dörfer untergingen. K o s s i t z hieß der nordwestlich und Tauer der südwestlich von Colditz gelegene Ort. Beide lagen in der Nähe alter