. ^n'irnrt.« tf- Es erhebt sich trotz ollem die Frage, warum die Colditzer Stadtväter nicht die Vorstädte mit in die Stadtmauer einbezogen. Seit 1545 hatte der Rat die Erbgerichtsbarkeit vom Amte übernommen, und 1557 erhielt er auch die Obergerichtsbarkeit. Nach 1545 wurden vier Stadtviertel eingerichtet: 1. Die Häuser innerhalb der Mauer - 2. Nikolaivorstadt - 3. Bader- und Haingasse - 4. Schul- und Töpfervorstadt. Als Hinderungsgrund könnte angesehen werden, daß in den Vor städten im wesentlichen doch nur die ärmeren Bevölkerungsteile wohnten. So werden 1548 in den Vorstädten fast nur „heuslein" auf geführt. 1551 stehen 109 Kühen, 21 Kälbern und 49 Schweinen der Bürger innerhalb der Mauer nur 41 Kühe, 4 Kälber und 11 Schweine in den Häusern der Vorstädte gegenüber. Noch 1716 hatte kein Haus der Vorstädte die Brauberechtigung. Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang auch die Feststellung im Amtserbbuch von 1540: Die vohrstetter alle thun zcur beschickung der kleinot lender Im Forbergs felde ein tagk frohn oder geben dorfur 2 gl. Die Bewohner der Vor städte waren also — im Gegensatz zu den Leuten innerhalb der Ring mauer — zum Dienst auf dem Vorwerk verpflichtet, wenn auch in bescheidenem Maße. Vielleicht blieb der Rat auch deswegen bescheiden und zog eine .kleine’ Lösung vor, weil er einen klaren Blick für die Realitäten hatte und einer größeren Stadt Schwierigkeiten entstanden wären. Dieser Frage sollte auf alle Fälle in jener stadtgeschichtlichen Untersuchung nachgegangen werden, die Colditz schon längst verdient hat, wozu aber in dieser Festschrift kein Raum vorhanden ist, ganz abgesehen von der Zeitnot, die durch die viel zu kurzen Termine entstanden ist. Als dann 1824 die zum Teil schon sehr baufälligen Torhäuser’ 3 ), die nunmehr Verkehrshindernisse waren, und ein großer Teil der Stadt mauer abgetragen wurden, trug man auch äußerlich den Verhältnissen Rechnung, die eigentlich schon seit fast 300 Jahren herrschten und einer Lösung entgegendrängten. Nach und nach wurden die „Vor städter” gleichberechtigt. Heute wohnt ein noch weitaus größerer Teil der Colditzer Einwohner außerhalb des Bereichs der ehemaligen Ringmauer, und wohl keiner davon sehnt sich nach einer Wohnstätte innerhalb, ehedem gleich bedeutend mit einem „Platz an der Sonne”. Zwar ist die Nikolaivorstadt beinahe vollständig verschwunden, aber dafür wuchsen an anderen Stellen moderne Wohnbauten, so daß der Verlust mehr als wettgemacht worden ist.