Analytischer Theil Anleitung zur qualitativen und quantitativen Analyse des Harns, sowie zur Beurtheilung der Veränderungen dieses Secrets mit besonderer Rücksicht auf die Zwecke des praktischen Arztes
Erste Abtheilung. §. 1. Die physikalischen und allgemeinen chemischen Eigenschaften des Harns. Der normale Harn des Menschen besteht neben Wasser aus einer Reihe anorganischer und organischer basischer und saurer Körper, deren Hauptrepräsentanten einerseits Kali, Natron und Ammon, Kalk und Mag nesia, Harnstoff, Kreatinin und Xanthin, andererseits Salzsäure, Kohlen säure, Phosphorsäure, gewöhnliche und mit aromatischen Alkoholen zu sauren Aethem verbundene Schwefelsäure, Harnsäure, Hippursäure und andere aromatische Säuren ausmachen und an welche sich Farbstoffe und Chromogene sowie wenigstens eine der Eiweissgruppe angehörige Substanz, das Mucin, anschliessen. Zu diesen normalen Bestandtheilen des Harns gesellen sich unter pathologischen Yerhältnissen noch die eine oder andere in der Harnflüssig keit lösliche Substanz: Eiweissstoffe, Zucker, Gallenbestandtheile (Gallen farbstoff) u. s. w., oder geformte Gewebsbestandtheile: Blut, das Secret der entzündeten Schleimhäute der Harnwege, Eiter. Unserer Nahrung ungewöhnliche Substanzen können nach ihrer Ein verleibung im Ham entweder unverändert wieder erscheinen, oder sie er leiden vorher durch Oxydation, durch Aufnahme von Stoffwechselproducten, eine Umgestaltung; es erfährt durch sie, wenn sie im Harn überhaupt wieder auftreten, der Bestand des Harns an Basen oder Säuren einen Zuwachs. Aus den chemischen Eigenschaften eines solchen Gemisches erklären sich die allgemeinen chemischen Eigenschaften des Harns. Die Basen und die Säuren des Harns vereinigen sicli unter einander zu Salzen; im normalen Ham sind die Basen, mit Einschluss des Harnstoffs, den Säuren gegenüber in überwiegender Menge vorhanden, so dass der Harn niemals freie Säuren enthält; in der Regel ist jedoch unter normalen Yerhältnissen und bei gewöhnlicher Kost das Yerhältniss zwischen Basen und Säuren derartig, dass sich sauer reagirende Salze bilden. Der nor male Harn reagirt demnach in der Regel sauer. Die Säuren, Neubauer u. Vogel, Harnanalyse. I. 8. Aufi. v. Huppert. \