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wa» er mir heute gethan hat, soll er büßen!" knirschte der junge Mensch. »Und uns machst Du unglücklich, wirst eS schon dahin bringen, daß sie Dich in» Gcsängniß werfen; — dann hast Du Deinen Willen, und was aus mir wird, das ist Dir ja einerlei," zürnte das Mädchen. »So thue mir's zu Willen, geh' morgen früh zum Verwalter hinein und kündige den Dienst. Der Herr muß Dich ziehen lassen, wenn Deine vier Wochen um sind. Ich kriege eine Stelle auf dem Sonnen stein, der Herr Kaland will mich, Johann hat eS beim Aufwarten gehört." Erich von Willwart lauschte nicht länger, ihm war die Wuth des Burschen viel begreiflicher, als sein widerstandloses Ertragen der Schläge. Die beiden Liebenden hatten sich geeinigt; er sah sie später Arm in Arm zärtlich flüsternd noch einmal. Als er auf seinem Zimmer ankam, lag Ernas kleines Buch auf seinem Tische. Der Diener hatte eS aus der Rocktasche genommen und neben das Zi garrenetui gelegt. Wieder stand sie vor seiner Seele, wie sie ihn angesehen mit den lieben, braunen Augen, als sie ihm da« Buch lobte. Er legte sich ins Bett und las. ES war die Sprache einer kindlich reinen Seele. Zuerst sand er den Inhalt schulmeisterlich lehr haft, dann begann einzelnes ihn zu fesseln, und end lich las er mit Eifer, es war ihm, als thue er einen Blick in ErnaS Seele. O, wie. begreiflich, daß sie die Mammonsanbeter verachtete. Aber hatte sie das Recht des Mißtrauens, des Argwohns? Durfte sie gleich so auf den Anschein hin jeden in diese Kategorie stellen? Und wenn sie nun gar geahnt hätte, wie es um ihn stand, daß eine reiche Heiratb ihn allein vom Untergange retten konnte? Da war das ganze Heer von Dämonen wieder, die ihm den Schlaf raubten, sich auf seine Brust wälzten und sein Blut bis zur Raserei erhitzten. Am nächsten Morgen fühlte er sich wie zerschlagen, Frohsberg hatte eine neue Büchse bekommen, ein sehr schönes, kostbares Gewehr. Sie schossen es ein und verbrachten Stunden in angenehmer Weise. Erichs Meisterschaft regte Froyöberg zu lebbaftem Wetteifer an. Für den Nachmittag hatten sie eine weitere Fahrt auf ein Vorwerk angesetzt, zugleich wollten sie eine Pastorenfamilie besuchen, bei welcher Erich al« Knabe in Pension gewesen. Sie erreichten gegen Abend das gastliche Pfarr haus und trafen den geistlichen Herrn eben im Ta lar, von einem Begräbniß kommend, vor der Pforte seines Gartens. Er hatte Erich seit jener Zeit öfter wiedergesehen, erkannte ihn also sofort und begrüßte ihn wie Frohs berg voll Freuden. Dann führte er die Herren zu seiner Frau und der zum Besuch gekommenen, kürz lich verheiratheten Tochter. Es wehte noch immer derselbe Hauch des Frieden« und der Liebe um diese schlichten guten Menschen wie vor Jahren, und Erich, entzückt, seinen einstigen Liebling, die Tochter Wieder zusehen, die er als Knabe so viel auf den Armen ge tragen und im Kinderwägelchen gefahren, nahm gern «ine Einladung für den Abend an. Es wurde ein Spiel arrangirt. Erich zog es vor, bei den Damen zu bleiben, der Oberförster im Dorfe wurde geholt, FroySbcrg war immer zufrieden, wenn er die Karten in der Hand hielt. Man kam aber nicht dazu, sich niederzusctzen, den ein Wagen rollte vor das Pfarrhaus, jubelnd sprang die junge Frau empor: „Es ist Erna! Kalands sind es!" und dann war sie schon draußen am Wagen. Es gab ein großes Freuen und Umarmen vor der Thür, und ehe Erich Zeit gefunden, sich zu fassen und Herr zu werden über das stürmische Herzklopfen, welches im fast die Besinnung raubte, trat Erna Kaland mit der kleinen Doktorin und ihr Vater mit dem Pastor ein. Die Hausfrau war in die Küche geschlüpft, Er frischungen zu besorgen — Erich und FroySberg fiel die Unterhaltung der neuen Gäste mit zu, und der Letztere gab sich vollkommen unbefangen in seiner ge wohnten angenehmen Weise derselben hin. Es dauerte keine fünf Minuten, so hatten er und Fräulein Ka land sehr viel von dem Bazar zu erzählen, den FroyS berg ohne Erich mehrfach besucht hatte und dieser, welcher in seiner Verstimmung damals so wenig wie jetzt Interesse für denselben gehabt, erfuhr nun als Kummer Zuhörer mit Erstaunen, daß FroySberg, feine Schwester Emmy und Erna Kaland ganz gut bekannt waren, daß man sogar einen Besuch Emmys auf dem Sonnenstein geplant. Was? Seine Schwester bei diesen Leuten? — Ihm war, als hasse er die KalandS glühend, als werde sein Elend ihm neben ihnen viel empfindlicher und schmerzhafter noch wie sonst. Die kleine Doktorin schaute ihren alten Freund ganz erstaunt von der Seite an. Wie verändert Erich von Willwart war! Und so stumm und steif. Erna Kaland hatte einmal scheu und erröthend versucht, ihn in die Unterhaltung zu ziehen — er lehnte dies Bemühen aber mit einer kurzen höflichen Antwort ab und sie wurde blaß, so kam eS der jungen Frau vor. Bald darauf hatte Erich sich mit dem Oberförster in eine Unterhaltung vertieft, die ihn völlig in Anspruch zu nehmen schien. Während derselben sagte er sich aber immer, daß er sich unpassend benehme, daß er sich lächerlich mache. Er war wülhend auf sich und konnte doch aus dem unseligen Banne nicht heraus. Sus die Pastorin dann kam, ihre Gäste zu einem einfachen Vesperbrot zu laden, führte Erich die Dok torin zu Tisch. Die kleine Frau sah ihn so herzlich und voll war mer Theilnahme an, eS wurde ihm plötzlich ganz weich und weh zu Mulhe, daß er sich aus ihre Hand beugte und sie küßte. Sie sagte nichts, drückte ihm nur die seinige und blickte tiefernst vor sich hin wie in schweren Gedanken. Er hätte am liebsten allein sein mögen, ein Un glücklicher wie er gehörte nicht zwischen frohe Menschen. Nach dem Essen gingen Erna Kaland und die Doktorin Arm in Arm im Garten herum. Sie waren vertraute Freundinnen. »Erna — Willwart liebt Dich, ich möchte darauf schwören, er gicbt sich just so steif und stöckisch wie mein Alfred damals; weißt Du noch?" sagte die kleine Frau. „Er denkt nicht daran! Ich habe ihn beleidigt, tief beleidigt, und er wird mir das stets nachtragen," erwiderte das junge Mädchen. Dann erzählte es der Freundin von der Geldanleihe auf offener Straße und wie sie ihn später wiedcrgeschen, wie er sie im Boot gefahren. „Er kannte mich doch, Papa hat ihm geschrieben und gedankt; — was soll es, daß er sich den An schein gab, als hielte er mich für irgend eine Gou vernante oder dergleichen? Ich ließ mich täuschen; wenn ich cs auch nicht begriff, so glaube ich doch an die Wahrheit in seinem Benehmen — und er war so — ich hätte ihm gut sein können, Marie! — Da auf einmal schoß mir der Gedanke durch den Kopf: eS ist alle« Heuchelei! Nein, nein, zuerst ärgerte ich mich, daß er vor der reichen Erna Kaland sich tiefer verbeugte, als vor der armen Gouver — ach, ich weiß nicht, ich bin ganz verwirrt. Ich fühle, daß ich ihn beleidigt, und bin doch so verbittert auf ihn, daß er so heuchelte." „Erna — Erich Willwart ist alles andere eher, als ein Heuchler!" „Ach, lehre mich die Menschen kennen! Tante Luise würde laut auflachen und sagen: „Eine neue, ganz geschickte Manier, Leimruthen zu stellen!" (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. Fleischer kam auf ein Gut der hiesigen Umgebung um Vieh zu kaufen. Sein Weg führte ihn zunächst in den Kuhstall, und eS war ihm sehr willkommen, dortselbst weder einen Beamten noch sonst Jemanden anzutreffen. Eine Magd war auch nicht zu sehen und o hatte er die beste Gelegenheit, sich vor dem Handel gründlich zu orientiren. Nach einem längeren Auf enthalte im Kuhstall ließ sich der brave Mann auf dem Schlosse melden und trat bei dem Besitzer ein: „Ihr Diener, Herr Oberamtmann!" — „Ihr Diener! Was wünschen Sie!" — „Nichts zu handeln, Herr Oberamtmann?" — „Nichts!" — „Aber den Stier werden Sic doch verkaufen?" — „Wie so denn den Stier? Ich denke ja gar nicht daran." — „Ja, aber was soll Ihnen denn der lahme Stier im Stalle?" — „Der lahme Stier, sagen Sie?" Der Stier ist o gesund wie Sie!" — „Das stimmt nicht, Herr Oberamtmann, der Stier ist lahm." — Kopfschüttelnd ging der Gutsbesitzer mit dem Fleischer in den Stall. Des Morgens war das Thier noch kerngesund ge wesen. Der Bulle wurde herauSgeführt und siehe da, der Fleischer hatte Recht, das Thier lahmte auf alle vier Knochen. Dem Gutsbesitzer kam die Sache ehr bedenklich vov, er konnte sich das Räthsel gar nicht erklären. Da kam eine Jungfrau hinzu, die das liebe Vieh zu ihren Schutzbefohlenen zählte. Sie wußte des Räthscls Lösung. Vom Hllhnerstall aus hatte sie ungesehen den Fleischer beobachtet unv dabei wahrgenommen, wie der wackere Fleischer mit einem Stocke die Beine des bedaucruswerthcn Thiercs un ausgesetzt bearbeitet hatte. So wollte er den Werth des ThiereS gewaltsam herabmindern und den Ver kauf desselben erzwingen, in der That eine raffinirte — Gewandtheit, ein Geschäft vorzubereiten. Diesmal wird aber der Staatsanwalt den Handel abschließen. — Mißverstanden. Richter (welcher in einer Strafsache wegen Körperverletzung soeben einen Zeugen vernommen hat): „Nun, Angeklagter, der Zeuge will von Ihnen geprügelt sein!" — Angeklagter (eifrig): „Jetzt gleich, Herr Richter?" — Zu viel verlangt. „Warum heute ein so betrübtes Gesicht, Herr Meier?" — „Ich komme vom Arzt, bin krank, habe Magenkatarrh!" — „Hat er Ihnen was verordnet?" — „Nein — aber 's Bier hat er mir verboten. Das ist ja die reine Pferdekur!" — Unteroffizier (zum Soldaten der unge waschen zum Dienst erscheint): „Wenn man Sie einen Schweinigel nennt, dann schimpft man Sie nicht, sondern man titulirt Sie!" — Ungerechte Welt. Studiosus: „Hm, da sagen die Leut' ich hält' mein ganzes Vermögen ver soffen! Was kann denn ich dafür, daß 's Vermögen nicht größer war?!" — Berlin. Die neuerdings eingeführte Perro n- sperrc wurde am Sonntag recht unliebsam auf dem Stettiner Bahnhofe empfunden, und das um so mehr, als man den Zutritt zu dem Bahnsteige auch nicht einmal durch Lösung eines Billets erkaufen konnte. Ein Herr wollte beispielsweise seine kleine Nichte, die ihm so gut wie unbekannt war, abholen, nachdem ihm die in der Provinz wohnende Mutter vorher geschrieben hatte, das Mädchen werde als Er kennungszeichen ein weißes Tuch am linken Arme tragen. Als der Zug ankam, wnrde der Bahnsteig gesperrt und Niemand zngclassen, um den Ankommen de» helfend beispringen zu können. Der genannte Herr erhielt erst später, nachdem sich das Publikum entfernt hatte, Zutritt zum Bahnsteig und fand nun seine 'Nichte weinend und hilflos bei ihrem Gepäck stehen. — Ein anderer Herr, der seine beiden Kinder erwartete, wurde ebenfalls nicht auf den Perron ge lassen und so mögen noch viele andere, namentlich Kranke und Gebrechliche, die neue Maßregel schmerz lich empfunden haben. — Wenn nicht Karten ausge geben werden, die das Betreten des Bahnsteiges er möglichen, um aukommcndc Frauen, Kinder und Kranke abholen zu können, so ist die Absperrung der Perrons überhaupt gar nicht durchfürbar. — Wirrballcn, 12. August. In einem Hotel zu Kibarly logiren in einem Zimmer des Erdgeschosses einige nicht gut beleumundete Mädchen. In der 'Nacht zu Montag entspann sich zwischen zweien dieser Personen ein Streit aus Eifersucht, wonach sich eine derselben, etwa siebzehn Jahre alt, aus dem Zimmer nach der Straße begab. Sic wurde aber nach den „Ostdeutschen Grcnzboten" von ihrer rachedürstigen Kollegin verfolgt und mit Petroleum begossen. Schnell hatte dieselbe auch ein Streichhölzchen bei der Hand und zündete die mit Petroleum getränkte» Kleider an, worauf Sic sich nach der Wohnung ent fernte und die Thür derselben verschloß. Brennend lief nun das «»glückliche Opfer in Schmerzensschreien auf der Straße umher, ohne Hilfe zu erlangen, bis endlich ein in der Nähe wohnender Flcischermcister herbeikam und das brennende Mädchen mit Wasser begoß. Die Aermstc war aber schon soweit verbrannt, daß sie zusammenbrach. Am nächsten Tage verstarb sie. Die ruchlose Thäterin wurde noch in der 'Nacht verhaftet. — Gleiwitz. Eine recht unangenehme Suppe hat sich ein hiesiger Fleischer eingcbrockt, an der er sich wahrscheinlich den Magen verderben wird. Dem „Oberschl. Anzeiger" wird hierüber berichtet: Ter Einen erneuten Beweis, welcher großen Beliebtheit sich die Fabrikate der bekannten Cacao- und Chocoladen-Fabrik Hartwig LVogel, Dresden, erfreuen, ersehen unsere Leser daraus, daß der rührigen Firma auf der gegenwärtigen Deut schen Ausstellung in London wieder die höchste Auszeichnung: „Ehren-Diplom erster Elaste für belicn Lacao", zuerkannt worden ist. LtauLlsamtiichc Nachrichten von Schönheide vom 9. bis mit 15. August 1891. Geboren: 921) Dem Gießermeister Bernhard Julius Unger in Schönheiderhanuner Nr. 2kl I S. 222) Dem Gast- hossbesitzer Gustav Heinrich Hendel in Schönheiderhanuner Nr. 2 1 T. 223) Dem ansässigen Eisengießer Franz Ludwig Fröh lich hier Nr. 483 1 T. 224) Dem Eisengießer Ernst Emil Höhlig hier Nr. 28« 1 T. Aufgeboten: 43) Der Bürstenhölzerbohrer Robert Au gust Joses Becker hier Nr 138 mit der Bürsteneinzieherin Anna Liddy Löscher hier Nr. 138. Eheschließungen: 42) Der Wollwaarendrucker Karl Au gust Klötzer hier mit der Bürsteneinzieherin Christiane Marie Klötzer hier. Gestorben: 122) Des Bürstenfabrikarbeiters Emil Thüm- mel hier Nr. 22 t! Tochter, Martha, Elise, 8 M. 123) Des Hufschmieds Friedrich Louis Neubert hier Nr. 273 Sohn, Fritz Georg, 3 M. 124) Der Formstcchermeifter Matthäus Kuhn hier Nr. 407 88 I. II M. 125) Die unverehel. Näherin Anna Heinz hier Nr. 452 25 I. 3 M. 128) Des Schuhmachers Ernst Clemens Loose in Schönheiderhanuner Nr. 2 Sohn, ErnK Rudols, 9 M. 127) Des Bürstensabrikarbciters Her mann Normann hier Nr. 129 Sohn, Curt Emil, 1 I. 9 M. 128) Des Maurers Franz Louis Dittrich hier Nr. 344 Enkel, Max Erich Grllnert 2Y, M. 129) Die Privatiere Mathilde Therese verw. Klötzer geb. Oschatz hier Nr. 438 80 I. 1 M. 130) Der Schuhmachermeister Friedrich Wilhelm Winkelmann hier Nr. 447 83 I. 8 M. 131) Der ansässige Schlosser Fried rich Hermann Sauerstein in Neuheide 65 I. 8 M. 132) Der Korbmacher Christian Gottlob Lauchner hier Nr. 100 65 I. 4 M. Chemnitzer Marktpreise vom iö. August 189k. Weizen rüst. Sorten NM.80Pf. bis 12 Rk.60Pf. pr.5o«ilo. ,'sächs.gelb u.weiß — Roggen, preußischer 11 60 : 11 - 85 - - sächsischer 11 - russischer 12 80 . 11 . 12 - 85 - 30 - Braugerste — — « — , — « Fuktergerfte 8 Haier, sächsischer 8 65 . 9 . 8 - 15 . 35 . Hafer, preußischer — «ocherbsen 9 75 . 10 . 50 - Mahl, u.Futtcrerbsen 8 90 . 9 . 15 . Heu 2 80 . 3 . 20 . Stroh 3 — « 3 - 20 . Kartoffeln, 3 Butter 2 80 . 4 - r. 40 - k