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Verweigerung verhaftet und in da« hiesige Miii- tärgefängniß eingeliefert worden. — DieBorgänge an der Newa werden in L o n d o n sehr ernst ausgefaßt. Das Regierungsorgan .Standard" äußert sich über dieselben u. A. folgen dermaßen: .Dem überaus glänzenden Empfange, welcher den Offizieren des französischen Geschwaders in Kronstadt zutheil geworden ist, kann leicht eine übertriebene Bedeutung beigemesscn werden, anderer seits ist eS ebensowohl möglich, die Wichtigkeit der Begebenheit zu unterschätzen. Um den einen oder anderen Fehler vermeiden zu können, inuß man sich ein zig und allein an Thatsachen halten. Eines ist jedoch vollkommen klar, nämlich, daß Alexander III. es end lich über sich vermocht hat, als Monarch in offen kundiger, ja ostentativer Weise freundschaftliche Be ziehungen mit der französischen Republik anzuknüpfen. Allerdings ist das Wort Republik mit augenschein licher Absicht aus dem Festprogramm sortgelassen worden, auch brachte der Zar beim Frühstück an Bord der Kaiserlichen Jacht das Wohl kurzweg auf den Präsidenten Carnot aus, aber die bisher in Ruß land verpönte Marseillaise wurde nicht nur iu Gegen wart des Kaisers gespielt, sondern Se. Majestät er hoben sich auch gleich allen Anwesenden und erwiesen damit dem Revolutionsgassenhauer dieselbe Ehre, wie einer monarchischen Nationalhymne. Dies alles deutet darauf hin, daß der Zar nunmehr die seit Jahren förmlich aufgedrängte Freundschaft der Franzosen angenommen hat und erwidert. Für einen Auto kraten vom Scheitel bis zur Sohle, wie den Kaiser von Rußland, war dies keine Kleinigkeit. Die Exi stenz der französischen Republik ist an und für sich ein schreiender Verstoß gegen die politischen und lheokratischen Prinzipien, welche die Grundlagen dcS russischen Thrones und des russischen Reiches bilden. Der Zar bat sicherlich daher ein schweres Opfer ge bracht, indem er in Allerhöchsteigener Person an den Festlichkeiten der letzten Tage theilzunehmen gernhte. Nur Staatsrücksichten von höchstem Belang konnten ihn dazu vermögen. Bor einem Jahre, ja vor sechs Monaten noch, würde er eS nicht gethan haben. Es war die Antwort auf die Erneuerung des Dreibundes, und obwobl bis jetzt kein offizielles Schutz- und Trutzbünvniß gezeichnet sein mag, so kann kein Zweifel obwalten, daß der Zar bereit ist, im geeig neten Moment ein solches abzuschließen. Jedenfalls ist Montenegro jetzt nicht mehr Rußlands einziger Freiinv. Der Zar hat endlich die lang dargebotene Rechte der französischen Republik erfaßt, was man ihm unter den Umständen eigentlich kaum oerargen kann. Die beiden Länder werden nunmehr intimere Beziehungen nnterhalten, ob die beiden Nationen aber ihre alte Feindseligkeit vergessen und sich nun plötzlich anfrcunden werden, ist sehr zweifelhaft. Die Freund schaft dürfte sich vielmehr auf die Kabinette beschränken. Russen und Franzosen sind zu verschieden angelegt, in Denkungsart wie in Sitten, um ein engeres Ver- hältniß möglich zu machen. Die französische Repu blik wird in den Augen des orthodoxen Rußlands nach wie vor als „unrein" verachtet werden, gut ge nug eben nur, um gegen den verhaßten Dreibund zu wirken. Das ist alles, es ist aber mehr als ge nug, und Europa wird in Zukunft der geänderten Lage Rechnung tragen müssen. Es kann dem Frieden nicht einträglich sein, daß drei Mächte zwei andern in Waffen gegenüberstehen — zumal alle fünf besser zur Fehde gerüstet sind, als je zuvor. Andererseits ist das Bünbniß so einseitiger Natur, daß es keine Aussicht aus einen langen Bestand haben kann. Wir müssen es den Franzosen überlassen, ihre Interessen selbst wahrzunehmen, und begnügen uns nur, zu konstatiren, daß ein Triumph Rußlands den Unter gang Frankreichs zur Folge haben würde." Locale und sächsische Nachrichten. — Leipzig, 30. Juli. Nicht wenig erstaunt war der Hausmann eines Grundstückes in der Ka tharinenstraße, als er vor einigen Tagen eine ver schlossen gewesene, leerstehende Wohnung des von ihm bewachten Grundstückes erbrochen vorfand und daraus sämmtliche eiserne Oefen gestohlen waren. Wie später die angestellten Recherchen ergaben, waren dieselben an einen hiesigen Rohproduktenhändler verkauft worden. Der Urheber dieses gewiß originellen Diebstahls wurde in einem nicht weniger als 48 Mal vorbe straften 52jährigen Handarbeiter ermittelt und nach mals festgenommen. — Der Leipziger Betrüger Winkelmann, wel cher in das Innere von Argentinien geflüchtet war, weil die kaiserl. Gesandtschaft den AuSlieferungSan- lrag erneuert hatte, ist am 30. Juni in Llavarria neuerdings verhaftet worden. Die gerichtliche Ent scheidung über die Auslieferung Winkelmanns dürfte bald erfolgen. — Ucber die Verbindung der Stadt Leipzig mit der Elbe wird geschrieben: Die Nothwendig- keit, die Stadt Leipzig mit der Hauptwasserstraße Sachsens, der Elbe, in Verbindung zu bringen, ist von der Leipziger Handelskammer schon seit langen Jahren erkannt worden. ES ist von ihr als der geeignetste Anschlußpunkt der Einfluß der Mulde in den Elbstrom bei Wallwitzhafen in Aussicht genommen, da ein Kanal nach Riesa ziemlich bedeutende tech nische Schwierigkeiten bieten würde. Im Auftrage der Handelskammer hatte der frühere Kgl. Wasser bauinspektor Georgi da» Projekt eines Kanal» von Leipzig nach Wallwitzhafen im Jahre 1875 bearbeitet und dabei ermittelt, daß die an der sächsisch-preußiscben LandeSgrenze gelegene Wasserscheide zwischen Elster und Mulde die Hauptschwierigkeit bieten werde, da sie die Ersteigung von etwa 18 Meter bedingen würde, während nach der Elbe zu dann etwa 68 Meter Ge fälle vorhanden seien. Da» von Seiten des ver storbenen Or. C. Heine in Plagwitz verfolgte Projekt eine« Kanals zur Saale bei Kreypau als Konkurrenz für das Wallwitzhafener Kanalprojekt ist Veranlassung gewesen, daß die erwähnte» Georgischen Vorarbeiten von Seiten der Handelskammer wiederholt in Er innerung gebracht wurden. Doch fanden dieselben bisher nicht die Zustimmung der sächsischen Wasser- bautechniker, sodaß der Antrag der Leipziger Handels kammer um Weitcrverfolgung dieses Projektes auf Schwierigkeiten stieß. Im Mär; 1888 beantragte zwar die Handelskammer eine Revision der Georgi schen Arbeiten durch sächsische Staatstechniker, konnte aber eine solche nicht erreichen und beauftragte daher im Oktober v. I. den Wasserbaudirektor Franzius in Bremen mit Abgabe eines Obergutachtens, das dem nächst zu erwarten ist. Inzwischen hat aber eine von diesem Herrn mit Unterstützung des Herrn Geh. Bergraths Prof. Credner in Leipzig vorgenommene Besichtigung ergeben, daß der erwähnte Höhenrücken, welcher eine verlorene Ansteigung von 18 Meter zu bedingen schien, in Wirklichkeit ein große« Hinderniß für die Anlage des Kanals nicht bieten dürfte, da eine Tieferlegung der Kanalsohle in dem Einschnitt um 12 Meter wohl tkunlich erscheint und der An fang, der Hafen bei Leipzig, in einem Aufstau von 6 Nieter Höhe angelegt werden kann, sodaß eine horizontale Haltung von etwa 15 Km. Länge an Stelle der projektirten Schleußen oder geneigten Ebenen zu treten haben wird. Die Beschaffung des Betriebswassers für die allerdings noch erforderlich werkenden Schleußen auf der Strecke über Bitterfeld nach Wallwitzhafen wird zur Zeit noch von dem be kannten Hydrotechniker Herrn Ingenieur Thiem er örtert. Die Leipziger Handelskammer hat eS für dringend erforderlich erachtet, von den vorläufigen Ergebnissen der Staatsregierung bereits Mittheilung zu machen, da dem sächsischen Landtag die Lösung der Leipziger Kanalfrage Vorbehalten sein dürfte; die Handelskammer glaubt auch das von ihr seit zwanzig Jahren befürwortete Projekt als das für Leipzig zweckmäßigste noch ferner vertreten zu können, da nur mit seiner Hilfe sich ein direkter Verkehr von Ham burg nach Leipzig und ein Transport von Massen gütern in größeren Ladungen wird erzielen lassen. — Nach einer neuerdings aufgemachten Statistik über den Bergbau im Zwickauer Kohlenreviere hat sich im vorigen Jahre die Zahl der Kohlenwerke um eines vermindert, nämlich Steinkohlenwerk „Ver einigt Feld" bei Zwickau infolge gänzlichen Kohlen- abbaneS, während ein andere« Werk „Neuer Schmelz verein in Bockwa" eröffnet wurde. Zwei Schächte kamen in Wegfall, fünf neue in Zuwachs, sodaß Ende 1890 69 Schächte vorhanden waren. Die mittlere tägliche Belegschaft sämmtlicher Schächte betrug 10,136 Mann, 500 mehr als 1889; die Höhe der gezahlten Beamtengehalte beläuft sich auf 758,853 Mark, der Arbeitcrlöhne auf 10,274,884 M., der Durchschnitts verdienst eines Arbeiters hob sich von 989 M. im Jahre 1889 auf 1013 M. Die Kohlenproduktion ist seit 1889 um ca. 100,000 kg zurückgegangen und betrug 2,254,029,668 kg, die Koksproduktion60,208,015 kg, die Bricketproduktion 1,116,600 Stück. Die Ur sache dieses Rückganges ist die Verminderung der Schichtzeit. Dagegen hat sich der Gesammtwerth der Kohlen bedeutend erhöht, nämlich von 20,806,450 M. im Jahre 1889 auf 22,436,905 M. im Jahre 1890, also von 87 auf 99 Pf. pro Doppelzentner. — Königstein, 30. Juli. Auf bisher unerklär liche Weise brach heute Morgen in der Offizierska serne auf der Festung Königstein Feuer au», infolge dessen der Dachstuhl und die erste Etage ausbrann ten. Wie das „Dr. Journ." berichtet, erlitten die Bewohner an ihrem Eigenthum erheblichen Schaden; von fiskalischem Gute wurde nichts vernichtet. — Zwenkau, lieber einen Unglücksfall, welcher sich am 23. Juli auf Rittergut Eythra zu trug, berichten die „Zwenkauer Nachrichten": Daselbst waren 15 Diakonissinnen zum Besuch anwesend, welche gegen Abend per Wagen wieder nach dem Bahnhofe in Zwenkau gebracht werden sollten. Bei der Abfahrt schwenkten die Damen zum Abschied ihre Taschentücher; dadurch wurden die Pferde des mit Sitzen versehenen Leiterwagens scheu und gingen durch. Am Hofthore prallte der Wagen mit solcher Gewalt an den Eck stein, daß er umschlug und sämmtliche Insassen herauS- geschleudert wurden. Alle 12 Damen (3 hatten in einem Kutschwagen Platz genommen) wurden mehr oder weniger schwer verletzt (Armbruch, Kopf-, Ge sicht«- und andere Wunden). Durch Herrn vr. Schirmer au» Zwenkau und Herrn Professor l)r. Benno Schmidt aus Leipzig wurde den Verletzten ärztliche Hilfe zu Theil. — lieber Auswüchse im Zeitungsverlag und im Druckwesen läßt sich der Jahresbericht der Handels- und Gewerbekammer zu Chemnitz folgender maßen auS: „Auch bei der Tagespresse zeigen sich krankhafte Zustände al« Zeichen ter Zeit, gegen welche die besseren Elemente ankämpfen müssen. Es werden — um Inserenten durch hohe Auflagenzahlen heran- zuziehen — die Zeitungen geradezu „verschenkt", un bekümmert, ob solches Verfahren einer ruhigen, wohl durchdachten Lalculation Stand hält oder nicht. Die übelste Konkurrenz der von ihren Verlegern und Heraus gebern selbst in Druck hergestellken Blätter sind aber die „kopflosen Zeitungen", d. h. Zeitungen, welche in 2 oder 3, auch 6 Seiten in Großstadt-Officincn massig für viele Orte zugleich hergestellt werden und am Orte ihres späteren „Erscheinens" nur mit 1 oder 2 Seiten Lokalnachrickuen, Inseraten rc. versehen wer den. Derartige halbfertige Blätter kosten kaum mehr als da« rohe Papier, wogegen der gewissenhaftere Verleger, der selbst die Wahl und Bearbeitung der Nachrichten für sein Blatt unter Berücksichtigung der Wünsche seines Leserkreise« in die Hand nimmt, volle RedaktionS- und Satzkosten zu tragen hat und selbst bei einer Verbreitung von beispielsweise 1500 Exem plaren weniger Nutzen erzielen kann, als seine „kopf lose" Konkurrenz schon bei 3—500 Exemplaren. Auf fällig bleibt auch, wie trotz der beständig gewachsenen Produktionskosten im Truckgcwerbe von Schleuder firmen, die namentlich in den Großstädten zu suchen sind, das Land mit den Stapelartikeln für Handel und Industrie (Rechnungen, Karten, Avisen, Poslbe- gleitadressen, Couverts rc.) zu solchen Spottpreisen überfluthet wird, daß man daraus auf ein Bestehen von Lohntarifcn gar nicht schließen kann. Der Fach mann führt dies allerdings darauf zurück, daß der Druck von Artikeln gedachter Art häufig genug von Firmen auSgeiibl wirr, welche weniger auf Einstellung kunstgelernter Setzer und Drucker, als mehr auf Massencrzeuguug der Drucksorten durch tagelöhner artig angelerntes Personal ihr Augenmerk richten. „Wie das Geld, so die Waare" bestätigt sich hierbei denn auch meist und zwar ost in einer selbst dem Laien faßlichen Weise! Nebenbei darf nicht verschwie gen werden, daß derartige auf Unsolidität gegründete Geschäftsbetriebe vielfach nur durch leichtfertig gewähr ten Credit ihrer Lieferanten leben und die Letzteren früher oder später doch das 'Nachsehen haben. Sitzung -rs ScMsansschussrs drr Königlichen Ämtlchanpt- mannschast Zchwayenberg, am 22. Juli 1891. 1) Nach mündlichem Gehör der Vertreter der Gemeinden - Schwarzenberg und Bermsgrün wird der von Schwarzen berg nach Bermsgrün führende sogenannte Lcichenweg als öffentlicher Fußweg anerkannt. 2) der Bezirksausschuß genehmigt die Gesuche ». der Firma C. F. Leonhardt und Sohn in Wilden thal um Verlegung des auf Parzelle Nr. 139 des Flurbuches für Wildenthal befindlichen Betriebsgraben nach den Parzellen Nr. öl, 52, 45 b, 88 und 89 desselben Flurbuches und Abth. 140 des Auersberger , Staatsforstreviers, t>. Ernst Eduard Kreitzel'S in Haide um Errichtung einer Gerinnanlage vom Oswaldbach aus zum Be triebe einer Spunddreherei, o. der Gebrüder Bretschneider in Wolssgrün um Ver änderung des zu ihrer Rühle daselbst gehörenden Bctriebsgrabens, <1. der Julius Beyreuther'schen Erben in Johannge orgenstadt um Verbretterung ihres aus den, Schwarz wasser abgeleiteten Betriebsgrabens und e. der Gemeinde Schönheide um Errichtung einer Gas anlage, bedingungsweise, 3) genehmigt ein Gesuch der Gemeinde Schönheide um Ueber- nahme einer bleibenden Verbindlichkeit, 4) genehmigt das Ortsstatut für Oberpsannensliel vorbehält lich der Beachtung der dagegen gezogenen Erinnerungen, 5) findet die von der Gemeinde Bockau beabsichtigte Ver äußerung von Gemeindegrundstücken unbedenklich, 6) ertheilt dispensationswcise Genehniigung zu der von Fried rich Adolf -änel in Lauter nachgesuchicn Erlaubnis zum Bewohnen von Räumlichkeiten in seiner Schlächtereianlage, 7) trägt Bedenken die von Heinrich Tewes in Johanngeorgen stadt und Gen. erbetene Dispensation von Bestimmungen des Tanzregulativs zu befürworten, 8) wählt den Gutsbesitzer Carl Friedrich Hübner in Nieder affalter als Sachverständigen für die Commission zur Fest stellung der Vergütungen für die durch größere Truppen- Uebungen entstandenen Flurschäden, 9) ist mit der Feststellung des Gehaltes des Gemeindevor standes Schubert in Neudörfel in der vorgeschlagenen Höhe einverstanden, 10) nimmt Kenntniß von dem Protokolle über di« Revision der Caffe des Bezirksvermögens, 11) hält wegen der Beschwerde de« vormaligen Bezirksarmen häuslings Johann Friedrich Wagner weitere Erörterungen für erforderlich, 12) genehmigt die Gesuche a. Ernst Rudolph Lorenz' in Alberoda um Ertheilung der Genehmigung zum Arippensetzen und b. Robert Müller'S in Griesbach um Uebertragung der seinem verstorbenen Vater ertheiltcn Concession zum Bier- und Branntweinschank, einschließlich des Ab haltens öffentlicher Tanzmusik, 13) lehnt die Gesuche a. des Gasthofsbesitzers Carl Gottfried Arnold's in Beierfeld um Abhaltung öffentlicher Tanzmusiken, d. des Schlossers Gustav Hermann Solbrig's in Berns bach und Carl Gustav Espig's in Oberpfannenstiel um Erlaubniß zum Bierschank, c. Heinrich Richard Schreiber s in Zell« um Erlaubniß zum Branntweinschank, ü. Friedrich August Stiehler's in Niederaffalter um Erlaubniß zum Kleinhandel mit Branntwein sämmtlich in Mangel örtlichen Bedürfnisses und e. C. F. Lauckner's in Oberpfannenstiel um Geneh migung zum Kleinhandel mit Branntwein aus for mellen Unzulässigkeiten, ab,