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299 keitszustande des Bodens. Ist der Boden ziemlich trocken, so hat die Pflanze viele Luftwurzeln, tritt aber darauf viel Wasser in den Boden ein, so füllen sich eine Menge bis dahin wasserfreier Capillarränme mit Wasser, die Luftwurzeln gehen zu Grunde und Wasserwurzeln entwickeln sich an ihrer Stelle; nimmt der Feuchtigkeitsgehalt des Boden nun wieder ab, so werden Capillarränme wasserfrei und die dort entstandenen Wasserwnrzeln gehen ebenfalls zu Grunde, während sich neue Luftwurzeln bilden. Die einen vermögen die andern nicht zu ersetzen; die Wasser wurzel kann ihre aufsaugende Thätigkeit nicht im wasserfreien Raume beibehalten, so auch die Luftwurzeln nicht im Wasser. Wie schon vorhin bemerkt wurde, legen sich die Luftwurzeln mit ihren Wurzelhärchen, zum Theil wenigstens, an die Wandung der Capillarränme an, stehen hier also mit den Bodentheilchen in dirccter Berührung und ohne Zweifel nehmen sie hier Stoffe direct von den Bodentheilchen mit Hülfe der aus ihren Zellen austretenden Säuren auf. Von Liebig hat also nicht ganz Unrecht, wenn er von einer directen Aufnahme der absorbirt im Boden vorkommcnden Stoffe spricht; es ist indeß die oben beschriebene Aufnahme gar nicht die von von Liebig gemeinte; denn vou Liebig's aufsaugende Wurzeln sind gar keine Luft-, sondern Wasserwurzeln, solche die sich in einem Bodenwasser befinden, welches frei von aufgelösten Nahrungsstoffen ist. Die Aufnahme durch die Bodenluftwurzeln hätte für die Pflanze aber gar keinen Bortheil, wenn das Bodenwasser, wie von Liebig meint, frei von gelösten Nahrungsstoffen wäre. Die folgende Auseinandersetzung, die wir, um es mit einem concreten Falle zu thun zu haben, an phosphorsaures Kali knüpfen wollen, soll uns das zeigen. Das durch die Luftwürzelchen direct von den Bodentheilchen aufgenommene phosphorsaure Kali disfundirr in der Wurzel weiter und bis zum Cam- bium, von hier ans verbreitet es sich nach allen Seiten hin, kommt aber auf diesem Wege ebenfalls in die Wasserwurzeln. Diesen letzteren wird, wie ich vorhin gezeigt habe, das phosphorsaure Kali von dem an diesem Stoffe freien Bodenwasser, wenn von Liebig's Ansicht richtig sein sollte, entzogen; gelange nun ans den Luftwurzeln phosphorsaures Kali in die Wasserwnrzeln, so müßte dieses natürlich ebenfalls in das Boden wasser austrcten und von den Bodentheilchen absorbirt werden. Der Effect ist also ganz derselbe, als wenn das gelöste phosphorsaure Kali aus einer Lösung durch die Wasserwnrzeln aufgenommen worden wäre. Man könnte hiergegen zwar de» Eiuwurf machen, daß sobald die gelösten