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271 Analysen, versetzte die Welt in Erstaunen; wenn man mich noch darüber im Unklaren war, wie dieser Uebergang stattfinden könne, so mußte man sich doch schon dieser Ansicht zuneige», weil sie von l'iebig mit hin reißender Ucbcrzengung vortrug, und der Mangel einer anderen Erklärung der betreffenden Vorgänge gar zu fühlbar war. Was aber hat von Liebi g zu dieser Ansicht geführt? Diese Frage wird uns bald klar werden, wenn wir einen flüchtigen Blick auf ihre Geschichte werfen. Tie ältere, von manchen Physiologen auch jetzt noch angenommene Theorie von der Ucber- führung der mineralischen Nahrungsstoffe in die Pflanze behauptete, auf Grnnd der Thatsache, daß die Pflanze Wasser durch die Blätter ver dunstet, die Verdunstung erzeuge eine aus der Bodenflüssigkeit in die Pflanzcnwurzcl cintretendc Strömung des Wassers, und in dieser Strömung sollten die gelösten anorganischen Nahrungsstoffe in die Pflanze mit cin- treten, wobei Boden und Pflanzen sich passiv verhalten, d. h. cs sollten diese Stoffe sich in die Pflanze hincinbcwegeu, weil sic eben in dem Wasser gelöst sind und eine in der Pflanze thätige Kraft sollte sie nicht dazu bestimmen.*) Nachdem zuerst Schulz-Flceth (1854)**) ans die Un richtigkeit dieser Theorie hingewiesen hatte, erklärte später auch von Liebig sie für einen Jrrthum; seine Untersuchungen lehrten ihn, daß die anorganischen Nahrungsstofse und das Wasser nicht in demjenigen Verhältnisse in die Pflanze eintreten, in welchem sie in dem Boden, worin die Versnchspflanzen vcgetirten, vorhanden waren — ein Resultat, zu welchem cke Lnussuro schon vor vielen Jahren gelangt war. Für Bodcnpflanzcn glaubte von Liebig diese Verhältnisse ebenfalls an nehmen zu dürfen. „Empfingen die Landpflanzen," so sagt er, „ihre Nahrung aus einer Lösung, so würden sie von dieser Lösung der Zeit nach und im Verhältnisse nur soviel aufnehmen, als Wasser durch ihre Blätter verdunstet, sie würden nur aufnehmen können, was die Lösung enthält und zuführt." Dieses geschieht aber nicht, und von Liebig hatte Recht, wenn er diese Ansicht verwarf. Nochmehr wurde von Liebig in seinem Zweifel an der Richtigkeit der Ansicht, daß die Pflanze ihre Nahruugsstoffe aus einer Lösung nehme, durch die Lysimeterunter- untersuchungen von Fr aas und Zoller und die Analysen des Drain- ') Siehe meine Abhandlung „die Ausnahme der gelösten Nahrungsstofse in die Pflanze." Diese Zeitschrift, Heft ll. **) Poggendorfs's Annalen der Chemie und Physik. Bd. 88.