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99 v. Humboldt, v. Liebig's und Anderer zu einer fruchtbaren heuristi schen Methode geworden ist, dem theoretischen cxacten Experimente, als dem eigentlichen Fundamente der modernen Naturwissenschaft, nachsteht. Doch gewinnt dieser Schluß an Wahrscheinlichkeit dadurch, daß er von anderer Seite her compensirt wird. Es liegt ein exacter Versuch von vr. W. Schumacher vor, demzufolge Flüssigkeiten das Vermögen besitzen, durch permeable Membranen hindurch nicht nur Kohlensäure, sondern auch Ammoniak aufzunehmcn, und es hat kein den Diffussionsgesetzen zu entnehmendes Bedenken, dies Verhalten zu übertragen auf die Lebensthä- tigkeit der safterfüllten Pflanzenzcllen der Blätter, deren permeable Ober fläche von einem Medium mit cvnstanten, wenn auch äußerst geringen, Mengen kohlensauren Ammoniaks umfluthet wird. Ist demnach die Annahme, daß das Ammoniakgas (assimilirbare Stickstoffvcrbinduilge» überhaupt) durch die Blätter in die Pflanze trete, aus Mangel positiven Beweises eine Hypothese von hoher Wahrschein lichkeit, welche mit den methodischen Bortheilen auch alle Vorbehalte der Hypothesen thcilt; ja wir dürfen hinzufügen: ist auch die Nahrungsauf nahme der Pflanzen aus der Bist überhaupt von geringerer positiven Bedeutung, als früher vermeint worden, gegenüber der Nahrungsaufnahme aus dem Boden, welcher schon durch sein Absorptionsvermögen für Gase eine bedeutende Quelle auch für die Orgauogene darstellt: so ist doch der An- theil, welchen die Blätter, als Regulatoren des Wafferstroms in der Pflanze (dem die organischen Pflanzenstoffe ein wesentliches Element, den Wasserstoff, verdanken) und als Hauptherdc jener vom chemische» Lichtstrahl wo nicht ausschließlich erregten, doch begünstigten Zersetzungs- thätigkeit an dem Aufbau des ganzen Pflanzenkörpcrs nehmen, ein hin länglich bedeutsamer, um manche abnormen Folgeerscheinungen nach der Elimination dieser Organe einigermaßen zu erklären. Um so auffallender muß das Factum erscheinen, welches diese» Deductionen wie den oben von uns mitgetheiltcn Entlaubungsresultaten geradezu widerstreitet, daß der Gebrauch, das Kartoffellaub zu Fütterungs zwecken noch während der Vcgctationszcit abzuschnciden, in Deutschland fast so alt ist, wie die Verdrängung der früher heimischen Topinambour- pstanze durch die Kartoffel. Hat man doch sogar im vorigen Jahrhun dert die jungen Blätter der Kartoffel als Salat verspeist,*) ohne einen *) Johann Adam Jacob Ludwig. Abhandlung von den Erdäpfeln. Bern I77V. 7*